Contact

Film Contact (1997) Filmplakat

Contact (USA 1997)

 

Regie: Robert Zemeckis

Drehbuch: James V. Hart und Michael Goldenberg (Drehbuch), nach dem Roman Contact (1985) von Carl Sagan, basierend auf einer Story von Carl Sagan und Ann Druyan

Darsteller: Jodie Foster (Eleanor Arroway), Matthew McConaughey (Palmer Joss), Tom Skerritt (David Drumlin), James Woods (Michael Kitts), John Hurt (S. R. Hadden), William Fichtner (Kent Clark), Angela Bassett (Rachel Constantine) u. a.

Produzenten: Steve Starkey und Robert Zemeckis; Ann Druyan und Carl Sagan (Ko-Produzenten) u. a.

Companies: Warner Bros. Pictures; South Side Amusement Company

Laufzeit: 150 Minuten; Farbe

Premiere: 11. Juli 1997 (USA); 9. Oktober 1997 (Deutschland)

 

Die Halbwaise Eleanor „Ellie“ Arroway ist ein aufgewecktes Mädchen, das sich schon früh für Physik, Astronomie und Radiotechnik begeistert. Ellies liebevoller Vater unterstützt ihre Interessen, doch als er einen Herzinfarkt erleidet und stirbt, ist die Zwölfjährige geschockt und traumatisiert – fortan leidet Ellie unter Verlust- und Bindungsängsten. Jahre später ist Ellie eine herausragende Astronomin geworden. Am Radioteleskop Arecibo auf Puerto Rico sucht sie syste­ma­tisch nach einem Radiosignal aus dem All, das von einer außerirdischen Intelligenz stammen könnte. Doch das von ihr geleitete Forschungsprojekt hat mit Widerständen zu kämpfen. In den Augen vieler anderer Wissenschaftler ist die Suche nach Außerirdischen die reinste Zeit- und Geldverschwendung. Als dem Projekt die Mittel gestrichen werden, verlässt Ellie Arecibo und macht sich beharrlich auf die Suche nach einem privaten Förderer. Sie findet schließlich die Unterstützung des exzentrischen Milliardärs S. R. Hadden.

 

Vier Jahre lang setzen Ellie und ihr Team ihre Suche mit dem Very Large Array (VLA) fort, einer Anlage von 27 Radio­te­les­ko­pen in New Mexico. Das Projekt steht zum zweiten Mal kurz vor dem Aus, als die Teleskope plötzlich eine regel­mäßige Abfolge von Primzahlen vom 26 Lichtjahre entfernten Stern Wega empfangen. Da eine lange Abfolge von Primzahlen keinen natürlichen Ursprung haben kann, müssen die Signale von intelligenten Außerirdischen gesendet worden sein. Ellie ruft die Presse, und die Sensation verbreitet sich in Windeseile rund um den Erdball. Gleichzeitig entschlüsselt Ellies Team im Signal versteckte Daten und erlebt eine Überraschung: Es handelt sich um Filmaufnahmen von Adolf Hitler bei der Eröffnung der Olympischen Spiele von 1936 in Berlin. Offenbar haben die Außerirdischen die damals ausgestrahlten Fernsehbilder Lichtjahre entfernt empfangen und als Grußbotschaft zurückgeschickt.

 

Der Beweis außerirdischen Lebens löst weltweit unterschiedliche Reaktionen aus. Während Vertreter der Religions­ge­mein­schaf­ten darüber debattieren, wie sie die Entdeckung in ihre Weltbilder einordnen sollen, und sich vor dem VLA-Gelände Massen von esoterisch verzückten Menschen und eifernden Predigern zusammenscharen, treten Sicherheits­beamte der US-Regierung auf den Plan, um die Kontrolle über Ellies Team zu übernehmen und das weitere Vorgehen zu steuern. Da das Signal von der Wega weltweit empfangen wird, ist die Regierung jedoch gezwungen, international zusammenzuarbeiten.

 

Es stellt sich heraus, dass das Signal noch weitere Daten enthält: Tausende Seiten komplexer Strukturen, die sich als Bauplan für eine gigantische Maschine herausstellen. Die internationale Staatengemeinschaft beschließt, die Maschine zu bauen, die vermutlich ein Raumzeit-Portal für eine Reise ins All darstellt. Offenkundig haben die Außerirdischen ei­ne Einladung an die Menschheit ausgesprochen. Nur ein einziger Mensch ist dem Bauplan gemäß für die Reise vorge­sehen. Wer aber soll dafür ausgewählt werden? Und was wird der entsandte Mensch erfahren?

 

Sind wir allein im Kosmos?

 

Contact ist ein brillantes Science-Fiction-Drama, das von der religiösen Beglückung raunt, die sich viele vom Erst­kon­takt mit hoch entwickelten, wohlgesonnenen Aliens erhoffen. Damit steht Contact in einer esoterischen Tradition, die im Kino einst von Steven Spielbergs Unheimliche Begegnung der dritten Art (1977) begründet und von Filmen wie James Camerons Abyss (1989) oder Brian de Palmas Mission to Mars (2000) fortgeführt wurde. Und doch ist Contact völlig anders. Während etwa Spielbergs Film das Staunen und die ehrfürchtigen Schauer zelebriert, die die Menschen vor den herabgestiegenen Göttern aus dem All erfasst, greift Contact darüber hinaus und bemüht sich um eine intel­lek­tuelle Bewältigung eines solchen Ereignisses. Der mit Abstand interessanteste Aspekt des Films ist seine Faszination für die kosmische Perspektive – die Erkenntnis der schieren Uferlosigkeit der Schöpfung – und die daraus resultie­ren­de Reflexion des Gegensatzes von faktischer Wissenschaft und religiösem Glauben.

 

Die Idee zum Film ist dem Kopf eines Astronomen entsprungen, der ähnlich wie seine Heldin Ellie Arroway mit Leib und Seele Wissenschaftler war, aber auch die Spekulation liebte: Carl Sagan (1934–1996). Sagan war zu seinen Leb­zei­ten neben Stephen Hawking (geb. 1942) der mit Abstand bekannteste Naturwissenschaftler überhaupt, ein wahrer Superstar der Weltraumforschung. Er war an zahlreichen Raumsondenprojekten der NASA, vor allem den Viking- und Voyager-Missionen, beteiligt, wirkte bei der aktiven Suche nach außerirdischen Intelligenzen mit Radioteleskopen mit und stellte wissenschaftlich fundierte Überlegungen über mögliche Formen außerirdischen Lebens an. Er schrieb eine Reihe populärwissenschaftlicher Bücher und erhielt 1978 den Pulitzerpreis. Weltweit berühmt machte ihn vor allem seine 13-teilige populärwissenschaftliche TV-Serie Unser Kosmos (1980).

 

Die eigene intensive Suche nach Radiosignalen außerirdischer Intelligenzen ließ Sagan bereits Mitte der Siebzigerjahre über einen Film nachdenken, der den Erstkontakt mit Aliens wissenschaftlich seriös ausmalen sollte. Zunächst hatte der Astronom mit Francis Ford Coppola (geb. 1939) über das Konzept für eine Fernsehproduktion mit dem Titel First Contact gesprochen, doch wurde das Projekt nie realisiert. 1979 regte Sagans enge Freundin Lynda Obst (geb. 1950) an, aus dem angedachten Thema einen Spielfilm zu machen. Lynda Obst ist heute eine der namhaftesten Filmprodu­zen­tin­nen Hollywoods, die für Filme wie Flashdance (1983), König der Fischer (1991), Schlaflos in Seattle (1993), Ausnahmezu­stand (1998) oder Abandon – Ein mörderisches Spiel (2002) verantwortlich zeichnete. Anno 1979 stand Obst noch am Beginn ihrer Karriere und war bei der kurzlebigen Produktionsgesellschaft Casablanca Record and FilmWorks ange­stellt. Obst, Sagan und Sagans spätere Ehefrau Ann Druyan verfassten gemeinsam ein 60 Seiten langes Treatment, das auf der Frage aufbaute, was geschähe, wenn sich Sagans Hoffnung erfüllte und Astronomen ein eindeutiges Signal von Aliens empfangen würden. Wie würde die Welt reagieren, und wie würde sie dadurch verändert werden?

 

Obsts Chef Peter Guber (geb. 1942) gefiel die Filmidee und kaufte sie, ließ dann jedoch verschiedene Autoren am Drehbuch arbeiten, ohne dass das Projekt aus der Entwicklungsphase heraustrat. Sagan und Obst waren zudem wenig begeistert von den vielen Änderungen, die Guber am ursprünglichen Entwurf vornehmen ließ. Guber wechselte 1982 schließlich zu Warner Bros., wodurch auch die Filmrechte an Contact auf Warner übergingen. Dort ruhten sie in den folgenden Jahren. So entschloss sich Sagan, die im Drehbuchentwurf entwickelten Ideen in einem Roman umzusetzen, bei dem er zudem den Vorteil genoss, die völlige inhaltliche Kontrolle behalten zu können. Für fast zwei Millionen Dollar verkaufte Sagan die Veröffentlichungsrechte seines Romans an den Verlag Simon & Shuster, wo Contact 1985 erschien. Mit über 1,7 Millionen verkauften Exemplaren wurde Contact ein glänzender Bestseller.

 

Einige Jahre später wurde das Filmprojekt wieder wachgeküsst, als Guber 1989 Warner Bros. verließ und Lynda Obst selbst bei Warner einen Job als Produzentin annahm. Unverhofft hatte sie wieder Zugriff auf die alte Filmidee, und als 1993 die Produktion grünes Licht erhielt, sorgte Obst als ausführende Produzentin dafür, dass Carl Sagan und Ann Dru­yan wieder in das Projekt mit einstiegen.

 

Für den Regiestuhl dachte man zunächst an Robert Zemeckis (geb. 1952), der damals auf dem Zenit seines Ruhms stand – seine Ballade Forrest Gump (1994) erzielte den Kassenrekord des Jahres und wurde mit sechs Oscars ausge­zeich­net. Nicht nur in Gump, auch in seinen früheren Filmen wie die Zurück in die Zukunft-Trilogie (1985–1990), Fal­sches Spiel mit Roger Rabbit (1988) oder Der Tod steht ihr gut (1992) hatte Zemeckis besonderes Augenmerk auf die Spezialeffekte gelegt und sie stets auf neue tricktechnische Höhen geführt. Das Contact-Angebot lehnte Zemeckis jedoch ab, da ihm das Ende der damals vorgelegten Drehbuchfassung nicht gefiel. Daraufhin wurde der Australier George Miller (Mad Max) für die Regie engagiert. Lange Zeit herrschte Ratlosigkeit, wie das Thema des Films umge­setzt werden sollte. Es wurde viel herumprobiert. Über einige Ideen ist man rückblickend froh, dass sie verworfen wurden. Beispielsweise forderte Warner beharrlich ein bombastisches, lichterfülltes Finale à la Unheimliche Be­geg­nung ein, und so sah eine Drehbuchfassung vor, dass die Aliens vom Erdorbit aus eine gigantische Lasershow für die ganze Menschheit aufführen würden; in einer anderen Fassung sollte nicht nur Ellie, sondern die gesamte Erde durch ein Wurmloch zum Zentrum der Galaxis fliegen. George Miller hatte daneben noch die Idee, dass der Papst eine tra­gende Rolle erhalten sollte.

 

Als sich abzeichnete, dass Miller mit den Dreharbeiten immer stärker in Verzug geriet, wurde er schließlich vom Pro­jekt wieder abgezogen und Robert Zemeckis ein weiteres Mal gefragt, ob er die Regie übernehmen wolle. Zemeckis sagte unter der Bedingung zu, dass er das Ende des Films nach seinen eigenen Vorstellungen gestalten dürfe. Zeme­ckis und Goldenberg holten den kreativen Rat von Carl Sagan ein, und so gelang doch noch ein Filmende, das sich recht eng an das Ende des Romans anlehnt. Keine Lasershow beschließt Contact, sondern die Frage nach dem Zu­sam­menhang von Wahrheit und Glauben – ähnlich wie im Roman. Auch sonst folgt der Film ziemlich getreu der litera­ri­schen Vorlage.

 

Über zwanzig Jahre waren von der ersten Idee bis zum fertiggestellten Film verstrichen, der am Ende 90 Millionen Dollar gekostet hatte. Im Sommer 1997 kam Contact in die Kinos und zerstreute bald die Befürchtungen bei Warner, dass der mit einem gewissen intellektuellen Anspruch antretende Film ein Flop werden könnte: Die weltweiten Einnahmen beliefen sich laut IMDb am Ende auf etwa 171 Millionen Dollar. Carl Sagan selbst erlebte die Premiere „seines“ Films leider nicht mehr – nach einer längeren Krebserkrankung des Knochenmarks verstarb er im Dezember 1996.

 

Der Himmel ruft

 

Contact ist ein faszinierender Science-Fiction-Film. Er ist das seltene Beispiel für einen Big-Budget-Kinohit mit heraus­ragender Starbesetzung, exzellenten Produktionswerten und brillanten Spezialeffekten, der sich nicht in krachender Action verausgabt, sondern philosophische Fragen stellt, die den Zuschauer zum Mitdenken einladen. Robert Zeme­ckis inszeniert wohltuend ruhig und schwelgt in poetischen Bildern – etwa, wenn Ellie in der Wüste New Mexicos auf dem Boden sitzt, während sich hinter ihr die mächtigen Antennenschüsseln sehnsüchtig auf den Himmel richten, und mit Kopfhörern und einem Laptop bewaffnet den Signalen aus dem All lauscht. Untermalt wird der Film von einem passenden, wunderschönen Score von Alan Silvestri.

Jodie Foster in Contact (1997) vor dem Very Large Array in New Mexico
Ellie Arroway (Jodie Foster) und das Very Large Array lauschen dem kosmischen Radio-Rauschen

 Der Film ist Hard-SF – er respektiert die Wissenschaft, indem er die Arbeit der Radioastronomen weitgehend rea­lis­tisch darstellt, und verliert auch im letzten Drittel, als Ellie Arroway durch ein „Wurmloch“ durch die Raumzeit reist, nicht die Fühlung mit zeitgenössischen physikalischen Theorien. Aber Contact will mehr. Der Film will die Augen dafür öffnen, dass der Beweis, dass wir nicht allein im Kosmos sind, zu einer radikalen Neubestimmung unseres Selbstver­ständ­nis­ses aufforderte. Unsere uneingestanden noch immer tief in uns verwurzelte Überzeugung, die Krone der Schöpfung und das Zentrum des Alls zu sein, wäre endgültig zu Fall gebracht. Die Entdeckung außerirdischer Intelli­gen­zen wäre zudem ein Triumph der Naturwissenschaften, die uns die kosmische Perspektive überhaupt erst aufge­schlos­sen haben. Ein wichtiger Angelpunkt von Contact ist daher der Streit zwischen Wissenschaft und Religion um das richtige Verständnis des Universums und die Bedeutung des Glaubens, ausgefochten in klugen, leider aber auch recht flüchtigen Dialogen zwischen der Astronomin Ellie Arroway und dem religiösen Regierungsberater Palmer Joss.

 

Die kosmische Perspektive wird dem Zuschauer gleich zu Beginn des Films vor Augen gestellt. In der wundervollen, mehrere Minuten langen Anfangsszene bewegt sich eine virtuell durchs All fliegende Kamera rückwärts blickend von der Erde fort – am Mars, am Asteroidengürtel und an den Planeten des äußeren Sonnensystems vorbei und durch die Oortsche Wolke hindurch, während verrauschte Fetzen von irdischen Radio- und TV-Übertragungen zu hören sind: Nachrichten, Ansprachen, Musikstücke. Je weiter die Kamera sich von der rasch zu einem Punkt geschrumpften Erde entfernt, desto älter werden die akustischen Signale, die unser Planet ins All abgestrahlt hat. Schließlich reißen sie ab, und es herrscht absolute Stille, während die Kamera weiter an Scharen von Sternen und Gasnebeln vorbeifliegt, im­mer weiter und weiter von der schon längst nicht mehr sichtbaren Erde fort, bis sie am Ende die Galaxis und Galaxien­haufen in ihr Blickfeld bekommt. Schließlich fährt die Kamera noch weiter zurück – und das kosmische Bild verschwin­det in der Pupille der jungen Ellie Arroway. Die Szene zählt zu den gelungensten Filmanfängen aller Zeiten, und die metaphysische Vereinigung des Kosmos mit dem betrachtenden Auge, das ihn erkennt, ist von frappierender cineas­ti­scher Finesse.

 

Die Verzückung des Naturwissenschaftlers vor dem Wunder des Universums und der wohlgeformten Eleganz seiner Naturgesetze ist ein Problem, das Carl Sagan in seinem einzigen Roman Contact umgetrieben hat wie in keinem seiner populärwissenschaftlichen Werke. Sagan war es unmöglich, blind einem Schöpfergott zu vertrauen, einerlei welcher Religion, der sich nicht wissenschaftlich beweisen ließe. Die Geschichte der Wissenschaft stellte sich ihm als fortschrei­ten­de Entkräftung aller althergebrachten, göttlich motivierten Weltbilder der Religionen dar. Dennoch regte sich in Sagan ein starkes religiöses Empfinden, das sich beharrlich allem naturwissenschaftlichen Begreifen widersetzte. Das Problem der Vereinbarkeit von Wissenschaft und Glauben ist zentral im Roman und wurde glücklicherweise von Ro­bert Zemeckis in seinem Film als Hauptthema beibehalten.

 

Die Suche nach einer Lösung verdichtet sich exemplarisch in der Heldin Ellie Arroway, die von Jodie Foster großartig verkörpert wird. Arroway ist eine energische Naturwissenschaftlerin mit messerscharfem Verstand und begegnet allen Religionen mit äußerster Skepsis. Glaube ist ihr kaum mehr als hilflos kaschierte Unwissenheit, die Wissenschaft hin­gegen die einzige Fackel, die Licht in das unverständliche Dasein bringen kann. Die Gegenstimme der Religion wird repräsentiert in Palmer Joss, einem Bestsellerautor und Regierungsberater in religiösen Fragen.

 

Palmer Joss ist in Sagans Roman deutlich älter und wird ambivalenter gezeichnet als in Zemeckis Film. Im Roman hat Joss einen zweifelhaften Werdegang: Er ist auf dem Rummelplatz groß geworden, hat sich nebenher im Alleingang etwas Bildung angeeignet und ist dann zum religiösen Prediger geworden. Erst nach und nach gewinnt er in seinen religiösen Streitgesprächen mit Ellie an Integrität und wird für die Astronomin ein geschätzter Ratgeber. Im Film ist Joss von Beginn an ein aufrichtiger, klug und moderat argumentierender Mann – eine Verbesserung, denn so wird der Religion eine faire Ausgangsposition verschafft. Dennoch springt ins Auge, dass der damals 28jährige Matthew McCo­naughey als Palmer Joss fulminant fehlbesetzt ist. Er spielt seine Rolle adrett, doch hat er als charmanter Beau kaum eine Chance, überzeugend eine nationale Autorität in Religionsfragen zu verkörpern. Auch die im Film hinzugedichtete Liebesgeschichte zwischen ihm und Ellie wirkt aufgesetzt, da nicht klar wird, weshalb sich Ellie, die kämpferische Wis­senschaftlerin, ausgerechnet in einen Mann des Glaubens verlieben sollte.

 

Der Aliens Ratschlüsse sind unerforschlich . . .

 

Es ist spannend zu verfolgen, wie Ellies Überzeugung, dass allein naturwissenschaftliche Beweise für die Erklärung der Welt zulässig seien, nach und nach relativiert wird. Als sie Palmer Joss nach einem stichhaltigen Beweis für Gott fragt, antwortet er mit der Gegenfrage, ob Ellie ihren verstorbenen Vater inniglich geliebt habe. Als sie bejaht, fordert er sie auf: „Beweise es.“ Später, als Ellie von ihrer galaktischen Reise zurückgekehrt ist, aber keinen einzigen greifbaren Be­weis für ihre Erlebnisse mitgebracht hat – für Ellie sind innerhalb der Maschine 18 Stunden vergangen, für alle, die sich außerhalb der Maschine befanden, waren es jedoch nur Augenblicke –, wird sie in einer Anhörung mit völlig einleuch­ten­den, rationalen Argumenten des Wahns bezichtigt – und völlig zu Recht darauf hingewiesen, dass sie, wäre sie selbst Mitglied der Anhörungskommission, mit exakt denselben Argumenten zu demselben Schluss gekommen wäre. Ellie lernt, dass sie darauf angewiesen ist, dass ihre Mitmenschen ihre Geschichte glauben. Beinahe beginnt sie selbst an ihrer Erinnerung zu zweifeln, aber Palmer Joss versichert ihr, dass er durchaus keinen Zweifel an ihrer Geschichte hat – und dies wird Ellie zum greifbaren „Beweis“, dass Joss sie liebt. Endlich erkennt Ellie, dass es Dinge gibt, die der Naturwissenschaft grundsätzlich unzugänglich sind und denen doch unleugbar Existenz und Wirkmächtigkeit eignet.

 

Es ist eine Stärke von Zemeckis Film, dass er die Dialektik von Wissenschaft und Religion ausgewogener fasst als Sa­gans Roman. Auch im Roman kann Ellie ihre galaktische Reise am Ende nicht beweisen und ist für ihre Geschichte auf den Glauben aller anderen angewiesen; allerdings entdeckt sie später auf einen Fingerzeig der Aliens hin in den Kom­mastellen der Zahl Pi eine Matrix von Nullen und Einsen, die einen perfekten Kreis ergeben. Ein Bild des mathemati­schen Objekts in Pi, auf das die Zahl Pi bezogen ist, wäre eine selbstreferentielle Aussage der Mathematik selbst – „Ich bin ein Kreis“ – und damit eine „Signatur des Künstlers“, der wissenschaftlich erbrachte Gottesbeweis. Aber der Gott, den Sagan sich hier erschafft, ist nur scheinbar die Synthese von Wissenschaft und Religion und in Wirklichkeit nicht mehr als ein anthropomorpher Gott nach den Vorstellungen und dem Wohlgefallen eines Naturwissenschaftlers. Ze­meckis Film hat diese Eskapade des Romans dankenswerterweise weggelassen. Gott bleibt hier per se wissenschaft­lich unbeweisbar, für keine Seite der Dialektik wird mit der Brechstange der Sieg herbeigeführt.

 

Dass Ellie ihre Reise nicht beweisen kann und nicht nur ihr Bericht, sondern sogar das Signal von der Wega und die Maschine von den Verantwortlichen am Ende als großer Schwindel hingestellt wird, ist eine ärgerliche Unglaub­wür­dig­keit, die zwar aus dem Roman übernommen wurde, dadurch aber nicht besser wird. Zumindest die Herkunft des We­ga-Signals von außerhalb des Sonnensystems wäre, nachdem es jahrelang weltweit empfangen und triangulär einge­mes­sen wurde, längst einwandfrei bewiesen, sodass die Behauptung, das Signal hätte von einem erdorbitalen Satel­liten kommen können, niemanden überzeugen würde. Die größte Enttäuschung aber bereitet der Film ausgerechnet in seinem Höhepunkt, als Ellie das Ziel ihrer Reise im Zentrum der Galaxis erreicht. Statt eine zum Staunen einladende fremde Welt und die hochentwickelten Aliens zu präsentieren, bekommt der Zuschauer lediglich eine Projektion von Ellies Erinnerungen vorgesetzt: Sie trifft an einem surrealen Strand unter einem sternenübersäten Firmament ein Traumbild ihres Vaters, der ihr in blumiger New-Age-Manier erklärt, dass sie Vertrauen und Zuversicht haben solle – die Menschheit käme schon noch voran, „immer Schritt für Schritt“. Wir sind also noch nicht reif für die Vereinigung mit der kosmischen Gemeinschaft, aber solange wir auf dem rechten Pfad bleiben, kann es ja noch werden! Von den Aliens aber gibt das Traumbild praktisch nichts preis. Das Ergebnis der Reise reduziert sich auf eine Psychotherapie von Ellies verwundeter Seele, die noch einmal ihren verstorbenen Vater sehen und ihren Frieden mit ihm machen darf. Auch hierin entspricht der Film dem Roman ziemlich genau – und da wie dort ist es gleichermaßen fantasielos.

 

Contact erzählt somit letzten Endes genau genommen gerade nicht vom „Kontakt“, denn die Aliens bleiben ungreifbar und werden schließlich von der Weltgemeinschaft verleugnet. Wie 2001: Odyssee im Weltraum (1968) und Unheim­li­che Begegnung knüpft auch Contact eine Hoffnung auf Erlösung an die Begegnung mit hochentwickelten Aliens, die auf einer höheren Stufe des Bewusstseins den Krieg und alle Niedertracht überwunden haben und uns ein winziges Zipfelchen ihrer unendlichen Güte und Weisheit schauen lassen. Contact interessiert sich für die Begegnung mit den „Anderen“ nur in Hinblick auf den Menschen selbst und seine Probleme – die Aliens fungieren nur als Spiegel. Ellie wird wohl ein Versprechen gemacht, aber es bleibt vage und für die Menschheit folgenlos, solange diese den Glauben ver­weigert. Und so scheint Contact seinen Göttern im Zentrum der Galaxis letztlich doch nicht ganz über den Weg zu trauen.

 

Insgesamt wird der Film durch seine Schwächen nicht wesentlich beschädigt. Als elegant bebilderte Meditation über den Kosmos, unseren bescheidenen Ort in ihm und die Grenzen des wissenschaftlichen und religiösen Begreifens ist Contact ein Genuss – und eine Empfehlung für jeden, der anspruchsvolle Science-Fiction zu schätzen weiß.

 

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 Contact (USA 1997). Regie: Robert Zemeckis. Produktionsfirmen: Warner Bros. Pictures; South Side Amusement Com­pa­nyProduktion: Steve Starkey, Robert Zemeckis (Produzenten); Ann Druyan, Carl Sagan (Ko-Produzenten); Steven J. Boyd, Rick Porras (assoziierte Produzenten); John Bradshaw, Lynda Obst (ausführende Produzenten). Drehbuch: Mi­chael Goldenberg, James V. Hart (Drehbuch); Carl Sagan, Ann Druyan (Story). Romanvorlage: Carl Sagan, Contact (1985). Kamera: Don Burgess.  Schnitt: Arthur Schmidt. Musik: Alan Silvestri. Szenenbild: Ed Verreaux. Bauten/Art Di­rection: Bruce Crone, Lawrence A. Hubbs. Bühnenbild/Set Decoration: Michael Taylor. Spezialeffekte/Visuelle Effekte: Matt Hall (Leitung Spezialeffekte), Ken Ralston (Leitung Visuelle Effekte) u. v. a.; Alterian, Big Sky Post, CIS Hollywood, Effects Associates, ILM, Pacific Ocean Post Digital Film Group, SPI, Weta Digital. Darsteller: Jodie Foster (Eleanor Arro­way), Matthew McConaughey (Palmer Joss), Tom Skerritt (David Drumlin), James Woods (Michael Kitts), John Hurt (S. R. Hadden), William Fichtner (Kent Clark), Jena Malone (die junge Ellie), David Morse (Ted Arroway), Angela Bassett (Rachel Constantine), Max Martini (Willie), Geoffrey Blake (Fisher), Thomas Garner (Ian Broderick), Sami Chester (Ver­non), Timothy McNeil (Davio), Tucker Smallwood (Missionsleiter) u. a. Laufzeit: 150 Minuten; Farbe. Premiere: 11. Juli 1997 (USA); 9. Oktober 1997 (Deutschland).

 

 

© Michael Haul

Veröffentlicht auf Astron Alpha am 13. April 2016

Filmplakat und Szenenbilder © Warner Bros. Pictures