Santa Claus Conquers the Martians

Santa Claus Conquers the Martians (USA 1964)

 

Regie: Nicholas Webster

Drehbuch: Paul L. Jacobson (Story); Glenville Mareth (Drehbuch)

Darsteller: John Call (Santa Claus), Victor Stiles (Billy Foster), Donna Conforti (Betty Foster), Leonard Hicks (Kimar), Leila Martin (Momar), Vincent Beck (Voldar), Bill McCutcheon (Dropo), Pia Zadora (Gimar), Chris Month (Bomar), Doris Rich (Mrs. Claus), Carl Don (Chochem/Professor von Green) u. a.

Produzenten: Paul L. Jacobson; Arnold Leeds (assoziierter Produzent), Joseph E. Levine (ausführender Produzent)

Companies: Michael Myerburg Studios für Jalor Productions; Embassy Pictures

Laufzeit: 81 Minuten; Farbe

Premiere: 14. November 1964 (USA)

 

Auch Marsianer haben ihre liebe Not mit dem Nachwuchs: Weil die Kinder auf dem roten Planeten seit geraumer Zeit nur noch lethargisch vor dem Fernseher hocken und irdische TV-Programme gucken, fragt Kimar, der Herrscher des Mars, das marsianische Orakel Chochem um Rat. Chochem, ein 800 Jahre alter, zottelbärtiger Weiser auf einem Berg, hat die Fehlentwicklung kommen sehen: Marsianische Kinder würden bereits in ihren Krippen mit elektronischen Ge­hirnimplantaten versehen, durch die ihnen beständig Wissen eingetrichtert würde; schon wenn sie aus dem Krabbel­alter kämen, verhielten sie sich wie abgeklärte Erwachsene. Was ihnen jedoch fehle, ist das, was eine glückliche Kind­heit ausmacht: Spiel und Freude! Helfen könne da nur der Weihnachtsmann, der auf der Erde für heitere Kinderseelen sorgt.

 

Kimar zögert nicht. Er bricht mit einer Gruppe Marsianer in einem Raumschiff zur Erde auf, um den Weihnachtsmann zum Mars zu entführen. Auf der Erde ist gerade Vorweihnachtszeit, und da die Marsianer durch ihre Teleskope in jeder Stadt zigfach verkleidete Weihnachtsmänner sehen, nehmen sie in einem Wald das Geschwisterpaar Billy und Betty gefangen, damit die beiden Kinder sie zum echten Weihnachtsmann führen. Billy und Betty verraten, dass der Weih­nachtsmann am Nordpol in seiner Spielzeugwerkstatt zu finden ist. Die Marsianer kidnappen Santa Claus, und mit ihm und den Kindern fliegen sie zum Mars zurück.

 

Auf dem Mars hilft Santa Claus bereitwillig, die marsianischen Kinder glücklich zu machen. In einer vollautomatischen Spielzeugfabrik erfüllt er pausenlos Kinderwünsche, wobei ihm Billy und Betty helfen. Allerdings drückt ihn die Sorge um die irdischen Kinder. Außerdem ist der böse Voldar gegen die Anwesenheit des Weihnachtsmanns auf dem Mars und gegen den Frohsinn, den er versprüht – immerhin haben die Marsianer einen kriegerischen Ruf im All zu verteidi­gen. Voldar schmiedet finstere Pläne gegen Santa Claus . . .

 

“Ho! Ho! Ho!” Der schrillste Weihnachtsfilm aller Zeiten

 

Santa Claus Conquers the Martians schmückt nicht nur ein herrlich aberwitziger Titel und die Randnotiz, dass in dem Film die heute fast vergessene Pia Zadora, eine in den Achtzigerjahren leidlich erfolgreiche Schauspielerin und Pop­sängerin, als Zehnjährige in ihrer ersten Rolle zu bewundern ist. Der Film genießt seit langer Zeit den Ruf, einer der schlechtesten Science-Fiction-Filme aller Zeiten zu sein. Dazu gestempelt wurde er 1978, als Harry Medved und Randy Dreyfuss ihn in ihrem Buch The Fifty Worst Films Of All Time (And How They Got That Way) aufnahmen. Seither hat der Streifen als Zielscheibe genüsslichen Spotts hergehalten. So wurde er beispielsweise in der berüchtigten TV-Serie Mystery Science Theater 3000 durch den Kakao gezogen und erscheint in schöner Regelmäßigkeit in verschiedenen Listen der zehn, fünfzig oder hundert miesesten filmischen Machwerke – auch in der IMDb.

Szenebild aus dem Film "Santa Claus Conquers the Martians" (USA 1964) von Nicholas Webster
Santa Claus, Dropo und Momar mit den Erdenkindern Billy und Betty auf dem Mars

Viel zu oft blieb dabei jedoch außer Acht, dass Santa Claus ein harmloser Weihnachtsklamauk für Kinder ist, der sich selbst keine Sekunde lang ernst nimmt. Er ist weder ein bruchgelandeter „ernsthafter“ Science-Fiction-Film noch der missglückte Versuch einer Parodie, sondern ist in seiner infantilen Machart eher mit Weihnachtsfilmen wie beispiels­weise Disneys Santa Buddies – Auf der Suche nach Santa Pfote (2009) zu vergleichen. Jener Film erzählt mit seinen putzigen, sprechenden Hunden, die dem Weihnachtsmann aus der Patsche helfen, eine ähnlich schreiend dumme Geschichte. Einige Elemente, insbesondere die vollautomatische Geschenkefabrik auf dem Mars, erinnern auch an die schlicht gezeichnete, bei Kindergarten- und Grundschulkindern sehr beliebte französische Trickfilmserie Weihnachts­mann & Co. KG (1997). Die Frage ist also nicht, ob Santa Claus einer der schlechtesten Filme aller Zeiten ist – vielmehr ist zu fragen, wie sich der Film als Kinderunterhaltung macht.

 

Das ist gar nicht so leicht zu beantworten. Darf man dem amerikanischen Wikipedia-Autor glauben, der den Film “a children’s favourite for more than forty years” nennt? Möglicherweise hat hier ein Nostalgiker gewaltig übertrieben; dennoch scheint die Aussage darauf hinzuweisen, dass der Film zumindest in den Sechzigern einige Kinder prächtig unterhalten hat. Damals veröffentlichte die Dell Publishing Co. sogar ein Comicheft zum Film – heute ein gesuchtes Sammlerstück, das für exorbitante Preise gehandelt wird (der Comic ist im Blog The Laughing Reindeer von Frank Kurtz komplett online gestellt). Für heutige Kinder dürfte der Film hingegen unzumutbar sein. Nicht wegen des dum­men Plots – Santa Buddies war auch ein Erfolg! –, auch nicht wegen des überdrehten Kla­mauks, sondern wegen der fürchterlich angestaubten Machart. Am übelsten dürften dabei heutigen Kids die viel zu artigen Kinder Billy und Betty von der Erde und Bomar und Gimar vom Mars aufstoßen (die Namen Letzterer leiten sich übrigens von “boy from Mars” und “girl from Mars” ab; entsprechend bedeutet Kimar “king from Mars” und der Name seiner Frau Momar . . . lassen wir’s lieber). Leider ist Santa Claus auch kein besonders guter Kinderfilm. Der schlechteste? Tja . . .

 

Weihnachtlicher Frohsinn bis zum Erbrechen

 

Produktionstechnisch ist der Film schamlos primitiv. Den „Trick“ vom plötzlichen Erscheinen und Verschwinden des marsianischen Weisen Chochem in einer Rauchwolke etwa hat man schon in George Méliès’ La Voyage dans la Lune (1902) besser gesehen. Die Aufnahmen der Bunsenbrenner-Raumschiffmodelle wirken wie Ausschnitte aus italieni­schen Science-Fiction-Billigheimern – und sind es womöglich auch. Die grellbunten Kulissen aus lackiertem Sperrholz sind wackelig und billig. Die rosarote Pappmaché-Landschaft auf dem Mars ist eine einzige Enttäuschung. Die strunz­doofen Kostüme aber sind der Gipfel der Lächerlichkeit: Die Marsianer laufen in hautengen, grünen Batman-Kostümen herum und tragen helmartige Kappen, aus denen ohne ersichtlichen Grund Antennen und Staubsauger-Flexschläuche herausragen; dazu wurden ihre Gesichter mit Schuhcreme eingeschmiert. Überboten werden die Marsianerkostüme nur noch von der Verkleidung für den marsianischen Roboter „Torg“ (eine Verballhornung des Roboternamens „Gort“ aus Der Tag, an dem die Erde stillstand), die aus Pappkartons gebastelt wurde, und vom drolligen Plüschkostüm des Eisbären, das alles andere als furchteinflößend wirkt.

Carl Don in einem Szenenfoto aus dem Film "Santa Claus Conquers the Martians" (USA 1964) von Nicholas Webster
Köstliches Overacting – Carl Don als Chochem, “the ancient one of Mars”

Der Plot ist schludrig zusammengewürfelt; so wird beispielsweise erst viel Aufhebens um ein irdisches Raumschiff gemacht, das sich auf die Fersen des Marsraumschiffs heftet, bis es vom Drehbuch völlig vergessen wird und der Zu­schauer nichts mehr von ihm hört und sieht. Die Darsteller bieten eine schrille Travestie und spielen ihre Rollen grotesk übertrieben. Carl Don als das Orakel Chochem ist in dieser Hinsicht ein echter Brüller – ein umwerfend skurriles High­light des Films! –, und auch Vincent Beck spielt den verschlagenen, bärtigen Bösewicht Voldar so herrlich überzogen, dass es unmöglich ist, sich als Erwachsener nicht verkackeiert zu fühlen. Leonard Hicks als Kimar tut einem da fast leid – er scheint der einzige zu sein, der keinen Spaß bei der albernen Veranstaltung hatte, bemüht er sich doch tatsäch­lich, seine Rolle ernst zu spielen, und wirkt dadurch umso lächerlicher. Victor Stiles und Donna Conforti agieren als Billy und Betty fürchterlich hölzern und sagen ihre Texte auf wie in einem schlechten Schultheater. Der Tiefpunkt aber ist John Call als der Weihnachtsmann. Mit seinem penetranten Frohsinn, seinem grundlosen dröhnenden Gelächter und seinem lauten „Ho, ho, ho!“ überschreitet Call mühelos jede Schmerzgrenze. Er ist wirklich unerträglich – aber hat es andererseits überhaupt jemals einen erträglichen Weihnachtsmann in einem Weihnachtsfilm gegeben?

 

Die überspannte gute Laune ist klebrig wie überzuckertes Weihnachtsnaschwerk und allenfalls für Kindergartenkinder erträglich. Der Film verlässt seinen kleinkindlichen Blickwinkel nie – Geschenke und Spaß, das zählt für Kinder an Weih­nachten, die Welt der Erwachsenen spielt da kaum eine Rolle. Voldar wird nicht von den Erwachsenen, sondern von den Kindern besiegt, indem sie ihn in einem wilden Amoklauf mit Spielzeug bombardieren (die grässlichste Szene des Films). Und Billy und Betty verspüren auf dem Mars erst dann Sehnsucht nach ihrem Zuhause, als das Drehbuch einen Grund dafür braucht, sie zusammen mit dem Weihnachtsmann zur Erde zurückkehren zu lassen. Manchmal gelingen jedoch auch Gags, die bei Erwachsenen zünden – beispielsweise, wenn Billy seinen Entführer Kimar empört mit “You – you – you Martian!” beschimpft. In einer anderen Szene liefert Carl Don als Raumfahrtexperte Professor von Green eine brüllend komische Wernher-von-Braun-Parodie ab, komplett mit schwerem deutschen Akzent. Bei aller Grob­schlächtigkeit hat der Film doch ständig spürbar den Schalk im Nacken. Erwähnung verdient zuguterletzt der schrille, aber eingängige Titelsong “Hooray for Santy Claus”, der von einem fröhlichen Kinderchor geschmettert wird – bei dem übrigens Pia Zadora auch mitgesungen hat.

Pia Zadora und Chris Month in einem Szenenfoto aus dem Film "Santa Claus Conquers the Martians" (USA 1964) von Nicholas Webster
Bomar (Chris Month) und Gimar (die zehnjährige Pia Zadora) als TV-sedierte Marskinder

Santa Claus Conquers the Martians ist für das Fernsehen produziert worden, worauf nicht allein die Bezeichnung “a television presentation” im Vorspann verweist, sondern auch die auf das Fernsehen bezogene Thematik und die deut­lichen Pausenschnitte für die commercials. Der Film entstand nicht in Hollywood, sondern wurde von den Michael Myerburg Filmstudios in Garden City auf Long Island, New York produziert; die Dreharbeiten fanden in einem ehemali­gen Flugzeughangar des 1951 geschlossenen Roosevelt-Field-Flugplatzes statt. Regisseur Nicholas Webster (1912–2006) war in seiner Karriere fast ausschließlich fürs Fernsehen tätig gewesen; ein paar Jahre nach Santa Claus drehte Web­ster in Florida mit Endstation Mars (1968) noch einen weiteren, extrem billigen Science-Fiction-Film, der qualitativ nur geringfügig besser gelungen ist.

 

Da Santa Claus bereits seit Längerem in der public domain zu sein scheint, gibt es zahllose billige DVD-Ausgaben in durchgängig mieser Bildqualität auf dem Markt. Das Titelbild ganz oben zeigt das Cover der 2004 erschienenen DVD von Alpha Video. Vor wenigen Jahren ist der Film auch auf Bluray erschienen, die ausweislich der Besprechungen im Internet wohl das mit Abstand beste Bild aufweisen soll.

 

Wie also muss am Ende das Urteil ausfallen? Ich gestehe, dass nach allem Drehen und Wenden bei mir noch immer das Achselzucken überwiegt. Der Film ist in nahezu allen Belangen unterirdisch schlecht gemacht, aber dennoch macht er nicht alles völlig falsch. Bei allem närrischen Klamauk hat er mich als vorweihnachtliche Trashveranstaltung gar nicht einmal so übel unterhalten. Ist das nichts? Als Kinderfilm taugt Santa Claus Conquers the Martians heutzutage wirklich nichts mehr und in irgendwelchen Listen schlechtester Filme hat Santa Claus auch nichts verloren, aber dass um den Film ein gewisser abseitiger Kult entstanden ist, ist durchaus nachvollziehbar.

 

 

 

© Michael Haul; veröffentlicht auf Astron Alpha am 19. Dezember 2016