The Making of Superman The Movie (1978). Science-Fiction-Sachbuch. Die amerikanische Originalausgabe wurde im Dezember 1978 als Taschenbuch bei Warner Books (224 Seiten) veröffentlicht. Die deutsche Ausgabe erschien 1979 im Wilhelm Heyne Verlag (München). Deutsche Übersetzung von Leni Sobez. Taschenbuch, 208 Seiten + 16 Tafelseiten mit schwarzweißen Fotos.
Als Richard Donners sensationeller Blockbuster Superman im Dezember 1978 in den USA seine Premiere feierte, wurde er von einem gigantischen Medien- und Merchandising-Hype begleitet. In Deutschland startete der Film am 26. Januar 1979. David Michael Petrous Buch So entstand Superman, der Film, zeitgleich zu den Premieren in den USA und bei uns in Deutschland veröffentlicht, war ein Teil dieses Hypes, der das Marketing des Films effektiv ankurbelte. Das Buch ist ein sehr informativer und unterhaltsam geschriebener Bericht über die Entstehung des Films: von der ersten Idee, einen großen Superman-Film zu realisieren, die dem Produzenten Ilya Salkind (geb. 1947) im Herbst 1973 in den Sinn kam, über die Suche nach Drehbuchautoren, Geldgebern, Regisseuren und Darstellern bis hin zu den 19 Monate dauernden Dreharbeiten, die sich vom 18. März 1977 bis Oktober 1978 hinzogen. Den größten Teil des Buchs nehmen dabei die Dreharbeiten ein; die Post Production und Premiere des Films konnte der Autor hingegen nicht mehr abdecken, da sein Buch noch vor der Premiere veröffentlicht werden sollte.
David Michael Petrou war sein gesamtes Berufsleben lang in der PR-Branche tätig gewesen, zunächst für die Paperbacksparte bei Ballantine Books in New York, dann auch für Filmproduktionen. Fast zwei Jahrzehnte lang betrieb er auch eine eigene, in Washington D.C. angesiedelte PR-Agentur. Für Superman – und Superman II, der bekanntlich größtenteils parallel zum ersten Film gedreht wurde – war Petrou drei Jahre lang als Teil des Produktionsteams unter den Fittichen von Ilya Salkind und Pierre Spengler angestellt. Sein Auftrag war, dieses Making-Of-Buch zu schreiben, und dabei unterlag er, wie er versichert, vonseiten der Produzenten unter keinerlei Zensur:
Ich begann mit dem Zusammentragen des Materials für dieses Buch im Oktober 1975 und freute mich auf die Aussicht, über etwas zu schreiben, bei dem ich sowohl Nietzsche wie auch Rona Barrett zitieren konnte. Ich hatte freie Hand zu schreien, aufzunehmen, zu interviewen und den Film aus jedem Blickwinkel zu inspizieren; egal ob gut oder schlecht, ich konnte alles tun, was für die Filmfreunde und Leser der ganzen Welt interessant sein mochte. (S. 32)
Beim Lesen hat man in der Tat nicht den Eindruck, dass irgendwelche Schranken oder eine Zensur seines Textes bestanden hätten. David Petrou war bei den gesamten Dreharbeiten, sowohl in den Shepperton- und Pinewood-Studios bei London als auch bei den zahlreichen Außendrehs in England, New York City, Kanada und New Mexico, stets hautnah dabei, konnte die meisten Stars der Produktion interviewen und gewann somit hinter den Kulissen einzigartige Einblicke. Seine herzliche Einbindung in die Dreharbeiten war so eng, dass Richard Donner (geb. 1930) ihm sogar eine kleine Minirolle in Superman versprach und schließlich auch gab: In der Szene auf dem Sportplatz von Smallville, die in Kanada gedreht wurde, mimt er den Trainerassistenten mit roter Jacke und dunkelblauer Mütze, der dem jungen Clark Kent einschärft, sich um die Reinigung der dreckigen Helme und Trikots der Mannschaft zu kümmern.
Petrous Bericht von der gigantischen Produktion und von den Dreharbeiten, die von großem Stress, Termindruck und explodierenden Kosten begleitet waren, ist sehr lebendig geschrieben und gespickt mit Anekdoten und Auszügen von Interviews mit den Stars. Christopher Reeve (1952–2004) beispielsweise sprach am Set ausführlich mit Petrou über seine Doppelrolle als Superman und Clark Kent, für die er vor allem deshalb aus über 200 ins Auge gefassten Darstellern ausgewählt wurde, weil er sowohl dem Superman als auch dem Clark Kent der damaligen Comics optisch nahezu perfekt entsprach – von seinen anfangs noch fehlenden, bald kräftig antrainierten Superman-Muskeln einmal abgesehen. Reeve war das völlig bewusst. Nichtsdestotrotz war Reeve aber auch ein hervorragend ausgebildeter Schauspieler, der den Job in Superman, immerhin einer Comicverfilmung, mit demselben Ernst und derselben Integrität anging wie jede andere Rolle auch. Es zeigt sich, dass Reeve eine sehr bescheidene und menschliche Auffassung von dem mächtigsten Kraftprotz auf Erden hatte, was insbesondere der aufrichtigen Naivität Supermans und der romantischen Liebesbeziehung zu Lois Lane zugute kam (vgl. S. 80 f.).
Das traf sich mit der Auffassung von Richard Donner und dem Drehbuchautor Tom Mankiewicz (1942–2010) von dem Film, den sie unbedingt „als Wirklichkeit“ behandeln wollten – und nicht als parodistische Camp-Veranstaltung, wie sich dies noch Mario Puzo (1920–1999), Robert Benton (geb. 1932) und David (1937–2003) und Leslie Newman (geb. 1939) vorgestellt hatten, die das ursprüngliche, völlig ausufernde Drehbuch verfasst bzw. überarbeitet hatten, bevor Mankiewicz hinzugezogen wurde, um endlich den richtigen Ton – und einen realistischen Umfang – für das Drehbuch zu finden. „Der Schlüssel des gesamten Konzepts zum Film“, so Donner, „ist die Wahrscheinlichkeit“ (S. 49). Donners berühmtes Wort von der verisimilitude von Superman ist hier gemeint, das sich der Regisseur während der Dreharbeiten als Mantra sogar in großen Lettern an die Wand hinter seinen Schreibtisch geschrieben hatte und wohl besser mit „Wirklichkeitsnähe“, „Plausibilität“, „Echtheit“ oder „Richtigkeit“ übersetzt werden sollte.
Neben jeder Menge hübscher Anekdoten wie etwa jener, dass Margot Kidder (1948–2018) nach der festen Zusage für die Lois-Lane-Rolle als erstes dachte: „Gott sei Dank, ich brauche das Geld ja wirklich“, um dann in der erstbesten Edelboutique in London für 600 Dollar Unterwäsche zu kaufen (S. 46), oder der unverstellten und manchmal fast etwas vulgär anmutenden Art und Weise, in der Valerie Perrine (geb. 1943) am Set daherschwatzte (S. 96 f.), erfährt man auch interessante Fakten (wenn man sie denn als eingefleischter Superman-Fan nicht schon längst wusste). So erhielt Marlon Brando ein Honorar von damals astronomischen 3,7 Millionen Dollar, die höchste bis dahin je gezahlte Gage im Filmgeschäft. Brando darüber zu Petrou: „Klar, einer der Gründe ist der, dass ich es für Geld mache. Aber ich habe höllisch viel Spaß dabei“ (S. 18). Christopher Reeve musste sich hingegen mit 250.000 Dollar begnügen (S. 41), was für einen unbekannten Newcomer in einer Blockbuster-Hauptrolle allerdings immer noch eine sehr gute Entlohnung gewesen ist. Gene Hackman erhielt 2 Millionen Dollar Gage (S. 36), Richard Donner eine Million (S. 47).
Spannend sind die Schilderungen der Dreharbeiten, die immer wieder mit Widrigkeiten zu kämpfen hatten. Bei den Dreharbeiten in New York City, die allein schon 2,5 bis 3 Millionen Dollar verschlangen (S. 120), musste die Filmcrew beispielsweise mit einem plötzlichen Blackout in der Stadt zurechtkommen; außerdem waren die Wetterbedingungen bei den New Yorker Außenaufnahmen für die Szene, in der Superman eine Katze aus einem Baum rettet, so schlecht, dass sich das Material später als weitgehend unbrauchbar erwies, sodass im Außengelände der Pinewood-Studios mit fast aberwitzigem Aufwand große Kulissen für einen Retake gebaut wurden – nur um die eigentlich relativ nebensächliche Szene mit der Katze auch wirklich im Film zu haben (vgl. S. 181 f.).
Das gewiss brisanteste Thema von den Dreharbeiten zu Superman und Superman II ist der Streit zwischen Richard Donner und den Produzenten Ilya Salkind und Pierre Spengler, der schon bald nach Beginn der Dreharbeiten aufflammte und schließlich nach der Premiere von Superman zum Rausschmiss des Regisseurs führte. Petrou verhehlt nicht seine Sympathie für Richard Donner, stellt den Konflikt zwischen beiden Parteien jedoch sachlich und neutral dar. Außerdem ließ er sich tunlichst nicht in ihn hineinziehen: „Um fair zu sein, es wäre Supermans Röntgenblick nötig gewesen, um auf den Grund dessen zu sehen, was da vorging“ (vgl. S. 99–101). Nach Petrous Schilderung warfen die Produzenten dem Regisseur vor, zu langsam zu arbeiten und ständig im Drehplan hinterherzuhinken, während Donner den Produzenten vorwarf, ständig erforderliche Gelder zurückzuhalten – verständlich bei den rasch aus dem Ruder laufenden Kosten. Nachdem er insbesondere mit Pierre Spengler immer wieder hart aneinander geriet, weil dieser sich angeblich zu stark in die Dreharbeiten einmischte, weigerte sich Donner, überhaupt noch mit den Produzenten zu sprechen. Bereits Mitte 1977 spielten die Produzenten mit dem Gedanken, Donner zu feuern und durch Richard Lester (geb. 1932) zu ersetzen, doch konnten sie sich damit offenbar nicht bei Warner Bros., einer der größten Geldgeber des Projekts, durchsetzen.
So wurde stattdessen Richard Lester zunächst als ein weiterer Produzent an den Superman-Sets verpflichtet, der zwischen Donner und den Produzenten vermitteln sollte – und jederzeit hätte einspringen können, wenn es doch noch gelungen wäre, Donner aus dem Projekt zu drängen. Lester hielt sich nach Petrou betont zurück, pfuschte Donner nirgends ins Handwerk und vereinbarte mit ihm, seine Besuche am Set auf ein Minimum zu beschränken. Der unschöne Ausgang der Fehde ereignete sich erst nach Abschluss des Buchs und wird demgemäß im Buch nicht mehr erzählt. Richard Donners Agent wurde am 15. März 1979 mitgeteilt, dass die Dienste seines Klienten für die Fertigstellung von Superman II nicht länger benötigt würden. Donner wurde durch Richard Lester ersetzt, der große, schon abgedrehte Partien von Superman II verwerfen und durch neue Aufnahmen ersetzten musste, um für den zweiten Film einen Screen Credit zu erhalten. Die ausgemusterten Aufnahmen kamen erst 2006 im aufwendig rekonstruierten Donner Cut von Superman II, bei dem Richard Donner selbst tatkräftig mitwirkte, zu ihren Ehren – ein teilweise mit Richard-Lester-Aufnahmen ergänzter filmischer Torso, der aber doch einen sehr guten Eindruck davon vermittelt, wie anders Superman II ausgefallen wäre, wenn der ursprüngliche Regisseur damals den Film hätte fertigstellen dürfen.
Ähnlich wie die Einzelheiten der Fehde zwischen dem Regisseur und den Produzenten bleiben leider auch die letztlich ausgegebenen Kosten des Films im Dunkeln. Auf S. 18 kommt man anhand einer Prozentangabe Petrous auf ein Budget von knapp 33 Millionen Dollar, der Klappentext spricht von 35 Millionen Dollar, und auf S. 26 ist plötzlich von mehr als 50 Millionen Dollar die Rede. Die letzte Zahl erscheint mir dann doch als deutlich zu hoch gegriffen. Nichtsdestotrotz spricht Box Office Mojo ungerührt sogar von 55 Millionen Dollar, eine Angabe, die die englische Wikipedia unkommentiert übernommen hat. Wahrscheinlich geht sie zurück auf ein Interview, das Richard Donner Don Shay für Cinefantastique Vol. 8 No. 4 (1979) gegeben hat. Dort schätzte Donner das Budget auf 50 bis 55 Millionen Dollar – allerdings für beide Superman-Filme zusammen! Und das ist dann hinwiederum ein durchaus realistischer Wert.
Seit mit den diversen DVD- und Bluray-Ausgaben der Superman-Spielfilme überaus üppige Bonusfeatures veröffentlicht worden sind, mögen Bücher wie So entstand Superman, der Film vielleicht auf den ersten Blick überflüssig scheinen. Aber Gelesenes prägt sich oft besser ein als nur in einem Feature Gesehenes – jedenfalls geht es mir so –, und gedruckte Texte gehen auch oft detaillierter auf bestimmte Sachverhalte ein. Auch sind Infos in Büchern zum Nachschlagen rascher zugänglich als in Features. Und schließlich decken die Bonusfeatures längst nicht alles ab, was David Petrou in seinem Buch aus seinem persönlichen Blickwinkel heraus über die Dreharbeiten zu erzählen weiß. Insofern ist sein Buch auch heute noch für jeden Fan von Richard Donners Superman-Film, der sich für Behind-the-scenes-Berichte interessiert, eine absolut lesenswerte und kurzweilige Lektüre.
Zum Schluss muss leider noch auf die dürftige deutsche Bearbeitung des Buchs eingegangen werden. Die Übersetzung von Leni Sobez ist an vielen Stellen reichlich holprig und hingeschludert. So wechselt im Einführungskapitel die Schreibweise „Supermann“ unmotiviert mit “Superman”, square-jawed wird zu „viereckigem Kinn“ (S. 9) und der arch enemy bzw. die arch nemesis zu „Arche-Feind“ (S. 65) bzw. „Archi-Nemesis“ (S. 43); der art director wird mit „Kunstdirektor“ übersetzt. Die für das Kino in Zeiten vor dem Fernsehen produzierten serials übersetzt Sobez mit „Serien“ (für TV-Serien benutzt sie dagegen die Fügung „TV-Reihen“, vgl. S. 131 f.), anstatt das amerikanische Wort serial zu belassen und für das deutsche, cineastisch nicht so bewanderte Lesepublikum vielleicht in einer Fußnote zu erläutern. Wahrscheinlich aber hatte die Übersetzerin selbst keinen blassen Schimmer, was serials sind. Ein weiteres Beispiel für eine vermurkste Übersetzung ist der Satz: „Die wichtigste Arbeit, wenn die Kameras nicht mehr kurbeln, ist die Edition“ (S. 191; mit „Edition“ ist natürlich der „Filmschnitt“ gemeint, und „kurbeln“ ist alles andere als stilistisch schön). Außerdem fallen überdurchschnittlich viele Druckfehler negativ auf, sodass sich insgesamt der Eindruck einstellt, dass die deutsche Bearbeitung ähnlich hektisch verlaufen sein muss wie die Produktion des Superman-Films.
Dem Genuss der Lektüre tun die übersetzerischen und lektorischen Mängel jedoch keinen nennenswerten Abbruch. So entstand Superman, der Film ist auch nach all den Jahren immer noch ein überaus lesenswertes Buch über einen der großartigsten und mitreißendsten Blockbuster, den das Kino der Siebzigerjahre hervorgebracht hat.
© Michael Haul
Veröffentlicht auf Astron Alpha am 29. Dezember 2018
Fotos © David Michael Petrou und Caped Wonder Superman Imagery