Alarm für Sperrzone 7

The Monster That Challenged the World (USA 1957)

 

Regie: Arnold Laven

Drehbuch: David Duncan (Story); Pat Fielder (Skript)

Darsteller: Tim Holt (Lt. Commander John “Twill” Twillinger), Audrey Dalton (Gail MacKenzie), Hans Conried (Dr. Jess Rogers), Harlan Wade (Lt. Bob “Clem” Cle­mens), Casey Adams (aka Max Showalter; Dr. Tad Johns), Mimi Gibson (Sandy MacKenzie), Gordon Jones (Sheriff Josh Peters), Marjorie Stepp (Connie Blake), Dennis McCarthy (George Blake), Barbara Darrow (Jody Sims), Sarah Selby (Mrs. Sims), Bob Beneveds (Mort Beatty) u. a.

Produzenten: Jules V. Levy, Arthur Gardner

Company: Gramercy Pictures, im Vertrieb der United Artists

Laufzeit: 83 Min.; Schwarzweiß

Premiere: Juni 1957 (USA); 30. Mai 1958 (Deutschland)

 

Am großen Saltonsee im Süden Kaliforniens liegt eine Forschungsanlage der Navy, deren Soldaten zu Testzwecken Fallschirmabsprünge über dem Gewässer durchführen. Als ein Fallschirmspringer aus dem See nicht mehr auftaucht und sich auch das Boot nicht mehr meldet, das den Springer aufnehmen sollte, fährt Commander Twillinger, der Leiter der Forschungsanlage, mit einer Handvoll Männer selbst auf den See hinaus. Man entdeckt das Boot, doch einer der Matrosen ist tot, der andere verschwunden, und an der Reling des Bootes klebt ein seltsamer Schleim. Kurz darauf werden Twillinger und seine Leute Zeugen, wie die schrecklich entstellte Leiche des Fallschirmspringers aus der Tiefe des Sees auftaucht.

 

Der Wissenschaftler Dr. Rogers untersucht die Wasserleiche in der Navybasis und stellt fest, dass ihr sämtliche Flüssig­keit entzogen worden ist. Der Schleim am Boot ähnelt chemisch dem Sekret von Schnecken. Als wenig später ein Lie­bespärchen im Saltonsee badet und nicht mehr zurückkehrt, schickt Twillinger zwei Taucher zum Grund des Sees he­rab. Die Taucher entdecken in der Tiefe ein seltsames riesiges Ei und unweit davon die Leiche des Mädchens – eben­falls entstellt. Während die Taucher versuchen, das Ei zu bergen, werden sie plötzlich von einem großen Monster an­gegriffen, das aussieht wie eine Kreuzung von einer Schnecke und einer Raupe. Einer der Taucher wird vom Monster getötet. Dennoch gelingt es, das Ei an Bord des Bootes zu hieven und ins Labor von Dr. Rogers zu schaffen.

 

Die Untersuchungen von Dr. Rogers lassen bald keinen Zweifel mehr zu: Man hat es mit gigantischen, prähistorischen Mollusken zu tun, die durch ein Erdbeben am Grund des Saltonsees freigesetzt wurden. Ihren Opfern saugen sie jeden Tropfen Flüssigkeit aus dem Körper; außerdem legen die Monster beständig neue Eier. Wenn die Mollusken über Was­serkanäle aus dem Saltonsee ins offene Meer entkommen sollten, wäre ihre Vermehrung nicht mehr zu kontrollieren und die gesamte Welt geriete in Gefahr. Fieberhaft versucht Twillinger, die Ausrottung der Riesenmollusken zu organi­sieren . . .

 

The Monstermovie That Challenged Jack Arnold

 

Alarm für Sperrzone 7 ist ein bemerkenswert gut gemachter Monsterfilm, der aus der Masse der billig produzierten Exploitationstreifen der Fünfzigerjahre deutlich heraussticht. Sein Horror gründet wie in Jack Arnolds Der Schrecken vom Amazonas (1954) und in Steven Spielbergs Der weiße Hai (1975) auf der menschlichen Urangst vor dem Unbe­kannten, das in den Tiefen unter der Wasseroberfläche lauert. Formal bewegt sich Alarm für Sperrzone 7 zwar im be­kannten Fahrwasser von big bug movies wie Formicula (1954) und Tarantula (1955) und ist gehörig inspiriert von Jack Arnolds Creature-Filmen, setzt seine Erzählung aber gekonnt und kurzweilig um. Der Film ist durchgängig spannend, hat einige gelungene Schockmomente und bietet mit seinen Riesenschnecken höchst spektakuläre Monster auf; hinzu kommen gute Schauspieler, ein ordentliches Drehbuch und ein properes Produktionsdesign.

 

Alarm für Sperrzone 7 war der erste von vier fantastischen Filmen, die die kleine Produktionsfirma Gramercy 1957 und 1958 herstellte – die anderen drei waren Immer bei Anbruch der Nacht (The Vampire, 1957), Draculas Blutnacht (The Return of Dracula, 1958) und The Flame Barrier (1958). Regie führte Arnold Laven (1922–2009), der in der ersten Phase seiner langen Karriere neben einigen TV-Serien vor allem Krimis, Dramen und Actionfilme wie Anklage: Hochverrat (The Rack, 1956), Drei Schritte vor der Hölle (Slaughter On Tenth Avenue, 1957) oder Das letzte Kommando (Geronimo, 1962) inszenierte, bevor er 1970 ganz zum Fernsehen wechselte.

Barbara Darrow und das Monster in einem Pressefoto für den Film "The Monster that Challenged the World" (USA 1957)
Barbara Darrow und das Monster in einem Pressefoto

Eine erste Drehbuchfassung von Alarm für Sperrzone 7 stammte vom Drehbuch- und Science-Fiction-Autor David Duncan (1913–1999), der später auch die Drehbücher von George Pals Die Zeitmaschine (1960) und Richard Fleischers Die phantastische Reise (1966) schrieb. Auf Wunsch der Produzenten siedelte Duncan die Story in Japan an, doch als Gramercy das Projekt United Artists anbot, bestanden die Entschei­dungsträger bei UA darauf, dass ein neues Drehbuch geschrieben wer­den sollte. Pat Fielder, die Produktionsassistentin von Gramercy, bat daraufhin um die Chance, selbst diese Aufgabe zu übernehmen. Fielder erwies sich als talentiert: Das Drehbuch glänzt mit intelligenten Dialo­gen, interessanten Figuren und einigen originellen Einfällen. Fielder schrieb später auch an den Drehbüchern der drei anderen fantastischen Gramercy-Filme mit und war bis in die Achtzigerjahre eine erfolgreiche Drehbuchautorin für viele TV-Serien.

 

Mit etwa 250.000 Dollar verfügte Alarm für Sperrzone 7 über ein deut­lich komfortableres Budget als die Billigheimer eines Roger Corman, Bert I. Gordon oder W. Lee Wilder. Man sieht dem Film die sorgfältige Produktion an. Es wurden viele Außenaufnahmen am Saltonsee und einige schöne Unterwasserszenen gedreht, die bei Catalina Island vor der Küste von Los Angeles und in einem großen Wassertank im Studio entstanden. Die Schauplätze in der kargen, versalzenen Gegend am Saltonsee, die durchaus etwas unirdisch wirken, tragen viel zur Atmosphäre des Films bei. In einem von Tom Weaver geführten Interview erzählte Pat Fielder, wie sie damals mit Arnold Laven vor Drehbeginn an den Saltonsee gefahren war, um die Gegend für das Projekt zu erkunden. „Diese Gegend hatte so viel Spannendes und Interessantes zu bieten“, erklärte sie, „man musste im Kopf nur einen kleinen Sprung in die Fantasie machen, um zu erkennen, wie sich solch ein Zwi­schenfall wirklich abspielen könnte“ (zitiert nach Bill Warren, Keep Watching the Skies!, S. 600).

 

Tatsächlich fühlt man sich in Alarm für Sperrzone 7 stark an die Science-Fiction-Filme von Jack Arnold erinnert. So wie Jack Arnold in Gefahr aus dem Weltall (1953) oder Tarantula (1955) die urweltliche Atmosphäre der Mojavewüste zur Geltung brachte, gelingt es Arnold Laven, in ähnlicher Weise die Landschaft am Saltonsee mit einzubeziehen. Überdies ist der Film im typischen pseudo-dokumentarischen Stil inszeniert, der auch die Jack-Arnold-Filme kennzeichnet. Der Saltonsee selbst wird geschickt als Quelle des Horrors aufgebaut. In einer der grauenerregendsten Szenen des Films geht ein junges Liebespaar (gespielt von Barbara Darrow und Bob Beneveds) in der Nacht im See baden, während der Zuschauer um die Gefahr weiß, die in der dunklen Wassertiefe droht. Der junge Mann taucht und bleibt verschwun­den; das Mädchen gerät zunehmend in Panik, ruft verzweifelt ihren Freund und wird schließlich selbst in die Tiefe hinabgezerrt. Laven lässt geschehen, was Julie Adams in Jack Arnolds Schrecken vom Amazonas eben noch erspart geblieben war. Später suchen zwei Taucher den trüben Grund des Sees ab, und plötzlich sehen sie inmitten schlin­gernder Wasserpflanzen die grausig entstellte Leiche des Mädchens – „ein Schockeffekt, der später in Der weiße Hai wiederholt wurde“, wie John Brosnan korrekt bemerkt (Future Tense, S. 130).

 

Das Monster selbst erscheint zum ersten Mal in der 33. Minute (das Timing des Films ist exzellent) und ist ein Fest für jeden Aficionado: Eine eindrucksvolle, etwa drei Meter große Molluske, die zwar eher wie eine Raupe aussieht, als gro­teskes, prähistorisches Weichtier aber vollauf glaubwürdig ist. Mit seinen milchigen Augen, den zangenartigen Mund­werkzeugen, den kümmerlichen Beinstümpfen und der wurmförmigen, glitschig schimmernden Statur wirkt das Mon­ster wahrhaft bizarr und ekelerregend. Gefilmt wurde mit einem einzigen Modell in Originalgröße; gebaut wurde es von Augie Lohman, der die Beweglichkeit des Monsters mit mehreren hydraulischen Steuermotoren bewerkstelligte. Leider wird die Wirkung des Monsters in vielen Szenen abgeschwächt, wenn die Kamera zu lange auf dem Monster verweilt, es zu sehr im Detail präsentiert und dadurch seine Künstlichkeit zu deutlich in den Vordergrund treten lässt. In anderen Szenen – unter Wasser, auf dem Kanaldamm, wo das Monster einen Wärter anfällt, oder im Showdown im Labor von Dr. Rogers – gelingt hingegen die Illusion einer gefährlichen, glitschigen Riesenmolluske sehr gut.

 

Die Schauspieler sind für einen Fünfzigerjahre-Monsterfilm überdurchschnittlich gut. Tim Holt (1918–1973), der in Orson Welles’ Der Glanz des Hauses Amberson (1942) mitgewirkt hatte und später in zahlreichen Westernfilmen brillierte, spielt die männliche Hauptrolle Commander Twillinger. Mit seiner fülligen Statur und 39 Jahren ist er ein erfrischend ungewöhnlicher Held in einem Science-Fiction-Film. Als Chef einer Navybasis ist er vollauf glaubwürdig, und auch sein zurückhaltend und leicht unbeholfen artikuliertes amouröses Interesse an der deutlich jüngeren Sekretärin Gail Mac­Kenzie ist überzeugend dargestellt. Gail, aufgeräumt verkörpert von Audrey Dalton (geb. 1934), ist ebenfalls keine ty­pische Genreheldin, denn Gail ist kein Backfisch mehr, sondern eine junge Witwe mit einer kleinen Tochter; außerdem ist sie keine Wissenschaftlerin oder die Tochter eines solchen, sondern „nur“ eine Sekretärin, und strahlt eher eine patente Attraktivität aus, als dass sie von blendender Schönheit wäre.

 

Die atemberaubende Sexbombe des Films ist zweifellos Barbara Darrow (geb. 1931) als die verliebte junge Frau, die leider so unvernünftig ist, nach nur fünf Minuten screen time im Saltonsee zu baden. Die eindrucksvollen Filmplakate zeigen stets sie in den Klauen des Monsters und nicht die Hauptdarstellerin Audrey Dalton, wie häufig irrtümlich in Büchern oder im Internet zu lesen ist. Ein Jahr später war Darrow noch einmal in einem Science-Fiction-Film zu bewun­dern, dem seltsamen Zsa-Zsa-Gabor-Vehikel In den Krallen der Venus (1958). Schließlich ist Hans Conried (1917–1982) hervorzuhe­ben, der den Wissenschaftler Dr. Rogers mit staubtrockener Sachlichkeit und glasklarem sprachlichem Aus­druck mimt. Seine schönste Zeile lautet: “Science fact and science fiction are not the same” – zum Glück, mag der Zuschauer denken . . .

Deutsches Presseheft zum Film "The Monster that Challenged the World" (USA 1957), dt. Titel "Alarm für Sperrzone 7"
Deutsches Presseheft zum Film

Auch Alarm für Sperrzone 7 verzichtet nicht auf typische Klischees, die in dama­ligen Science-Fiction-Filmen immer wieder eingesetzt wurden. So ist es selbst­verständlich Radioaktivität – was sonst? –, die die prähistorischen Eier ausge­brütet hat, die am Grund des Saltonsees durch das Erdbeben freigesetzt wur­den. Die großen Mengen Schneckenschleim, die Twillinger entdeckt und die darauf hinweisen, dass etwas Seltsames vorgeht, erinnern an die großen Men­gen Ameisengift in der Leiche des „alten Johnson“ in Formicula oder die großen Pfützen von Spinnengift, die in Tarantula entdeckt werden. Schließlich fehlt auch die Romanze zwischen den beiden Hauptfiguren nicht, die jedoch nicht zu aufdringlich und sogar mit einigem Zartgefühl gestaltet wird – im Gegensatz zu manch anderem Genrefilm der Zeit hat man hier das Gefühl, dass die Dialoge zwischen Twillinger und Gail tatsächlich zur Vertiefung beider Charaktere bei­tragen. Ein stets gut funktionierendes und immer wieder gern eingesetztes Mit­tel ist das unschuldige Kind, das einer furchtbaren Bedrohung ausgesetzt wird. Hier ist es Mimi Gibson als Gails kleine Tochter Sandy, die im gelungenen Show­down im Labor von Dr. Rogers gemeinsam mit ihrer Mutter von einer Riesen­molluske bedroht wird. Ob es Twillinger gelingt, sie zu retten?

 

Alarm für Sperrzone 7 ist ein intelligent und handwerklich gekonnt inszeniertes, spannendes Monsterfilmspektakel, das den Vergleich mit den großen Vorbildern Formicula und Tarantula nicht scheuen muss. Der Film reicht zwar nicht ganz an diese beiden Klassiker heran, ist aber nicht minder unterhaltsam und hat eines der faszinierendsten Monster der Fünfzigerjahre vorzuweisen. Ein toller, empfehlenswerter Film, oder mit den Worten von Bill Warren: „ein respek­tabler kleiner Thriller“ (Skies, S. 601).

 

Leider ist auch dieser Film, der damals auch in deutschen Kinos gelaufen war, nicht in deutscher Synchronfassung auf DVD erhältlich. Die US-DVD hat ein vortreffliches, gemastertes Bild, allerdings keine englischsprachigen Untertitel (nur Spanisch und Französisch).

 

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The Monster That Challenged the World (USA 1957). Regie: Arnold Laven. Produzenten: Jules V. Levy, Arthur Gardner. Company: Gramercy Pictures, im Vertrieb der United Artists. Drehbuch: David Duncan (Story); Pat Fielder (Skript). Ka­mera: Lester White. Schnitt: John D. Faure. Musik: Heinz Roemheld. Bauten/Art direction: James Dowell Vance. Büh­nenbild/Set decoration: Rudy Butler. Unterwasser-Unit: Paul Stader (Regie), Charles S. Welbourne (Kamera), Norman Bishop (technischer Berater). Spezialeffekte: Augie Lohman; Ted Haworth (Design), Robert H. Crandall (Kamera). Dar­steller: Tim Holt (Lt. Commander John “Twill” Twillinger), Audrey Dalton (Gail MacKenzie), Hans Conried (Dr. Jess Ro­gers), Harlan Wade (Lt. Bob “Clem” Clemens), Casey Adams (aka Max Showalter; Dr. Tad Johns), Mimi Gibson (Sandy MacKenzie), Gordon Jones (Sheriff Josh Peters), Marjorie Stepp (Connie Blake), Dennis McCarthy (George Blake), Bar­bara Darrow (Jody Sims), Sarah Selby (Mrs. Sims), Bob Beneveds (Mort Beatty) u. a. Laufzeit: 83 Min.; Schwarzweiß. Premiere: Juni 1957 (USA); 30. Mai 1958 (Deutschland).

 

 

© Michael Haul

Veröffentlicht auf Astron Alpha am 11. Dezember 2016