Space Cop L.A. 1991

Poster von "Space Cop L.A. 1991" (Alien Nation, USA 1988) von Graham Baker

Alien Nation (USA 1988)

 

Regie: Graham Baker

Drehbuch: Rockne S. O’Bannon

Kamera: Adam Greenberg. Schnitt: Kent Beyda. Musik: Curt Sobel

Darsteller: James Caan (Matthew Sykes), Mandy Patinkin (Sam/George Francisco), Terence Stamp (William Hartcourt), Kevyn Major Howard (Rudyard Kipling), Leslie Bevis (Cassandra), Roger Aaron Brown (Bill Tuggle), Jeff Kober (Josh Strader), Con­rad Dunn (Quint), Peter Jason (Fedorchuk), Francis X. McCarthy (Capt. Warner) u. a.

Produzenten: Gale Anne Hurd und Richard Kobritz

Executive Producer: Bill Borden

Companies: American Entertainment Partners II L.P.; 20thCentury Fox

Laufzeit: 91 Minuten; Farbe

Premiere: 7. Oktober 1988 (USA); 12. Januar 1989 (Deutschland)

 

Im Jahre 1988 strandet ein großes, untertassenförmiges Raumschiff in der kalifornischen Mojavewüste. An Bord befin­den sich 250.000 Aliens. Sie sind Sklaven einer höheren Alienspezies, die gentechnisch gezüchtet wurden und für die Arbeit auf unterschiedlichsten Planeten mit einer außergewöhnlich großen Anpassungsfähigkeit ausgestattet sind. Nach­dem die Ali­ens eine Weile unter Quarantäne gestellt waren, gestattet ihnen die US-Regierung schließlich die Ein­bür­gerung. Drei Jahre später leben die meisten Aliens in einem Ghetto in Los Angeles, „Slag Town“ genannt, weitge­hend unter sich. Allerdings haben sich viele von ihnen auch in die Gesellschaft eingefügt – vor allem als Arbeiter, aber auch in ande­ren Berufen, als Verkäufer, Gastronomen oder Ärzte –, und einigen wenigen gelang es sogar, sich auf­grund ihrer überlegenen Intelligenz bis in die Spitzen der Gesellschaft hochzuarbeiten.

 

In der menschlichen Bevölkerung herrschen indes starke Ressentiments gegen die „Newcomer“ oder auch „Slags“, wie die Aliens abfällig genannt werden. Detective Matthew Sykes vom Los Angeles Police Department macht da keine Ausnahme: Er hasst die Einwanderer aus dem All. Als er eines Abends mit seinem Partner Bill Tuggle durch Slag Town patrouilliert, beobachten sie, wie mehrere schwer bewaffnete Newcomer einen von Newcomern geführten Krämer­laden überfallen. Als sie eingreifen, geraten sie unter schweren Beschuss. Dabei wird Tuggle tödlich getroffen; dem Täter aber gelingt die Flucht.

 

Am nächsten Tag eröffnet Sykes’ Vorgesetzter im Police Department, dass es einen neuen Kollegen in der Abteilung gibt: Sam Francisco, den ersten Newcomer, der es bei der Polizei zum Detective gebracht hat. Da für ihn noch ein Part­ner gesucht wird, meldet sich Sykes freiwillig, weil er glaubt, gemeinsam mit einem Newcomer bessere Möglichkeiten zu haben, Tuggles Mörder aufzuspüren. Die Spannungen zwischen dem von Vorurteilen verblendeten Sykes und dem dienstbeflissenen Francisco bauen sich bald ab, denn je besser Sykes seinen neuen Partner kennenlernt, desto mehr lernt er ihn zu schätzen. Bei ihren Ermittlungen in Slag Town kommen die beiden Cops dahinter, dass die Newcomer-Bande, die den Überfall auf den Krä­merladen verübte, eine hochgefährliche Aliendroge herstellt. Fran­cisco will darauf­hin mit allen – auch ungesetzlichen – Mitteln verhindern, dass die Droge unter seinen Art­genossen in Umlauf gerät . . .

 

Die Aliens sind wie wir

 

Ist Space Cop L. A. 1991 ein Science-Fiction-Film? Darüber kann man durchaus geteilter Meinung sein, denn seine Science-Fiction-Anteile sind überaus gering und werden kaum entwickelt. Dagegen fällt ein ganz anderes, altbekann­tes Genre in diesem Streifen viel offensichtlicher ins Auge: der buddy cop movie, in dem zwei ungleiche Polizisten zusammengesteckt werden, sich zusammenraufen müssen und dann aber ein unschlagbares Team bilden. Einer der beiden ist meist ein harter Knochen und einsamer Wolf, der andere ein überkorrekter Paragrafenreiter und Fa­milien­mensch. Nach den Kassenerfolgen von Filmen wie Nur 48 Stunden (1982) oder Lethal Weapon – Zwei stahlharte Profis (1987) erlebten buddy cop-Filme in den Achtzigerjahren einen ungeheuren Boom, wobei alle möglichen Kom­bina­tio­nen von Cop-Teams durchdekliniert wurden, bis hin zu Paarungen wie „amerikanischer Cop/russischer Cop“ in Red Heat (1988) oder „amerikanischer Cop/Cop-Hund“ in Mein Partner mit der kalten Schnauze (1989). In Space Cop ist der Part­ner nun ein Alien, aber dieser Umstand spielt für die arg konventionell gestrickte Story leider so gut wie keine Rolle. Die Handlung hätte sich bis in kleinste Einzelheiten hinein auch mit einem Latino, Afrikaner oder Chinesen als buddy erzählen lassen; die seltsamen Schnurren des neuen Partners im Zusammenprall der Kulturen wären viel­leicht andere gewesen, hätten sich in ihrer witzigen Funktion aber in nichts unterschieden.

Szenenfoto aus "Space Cop L.A. 1991" (Alien Nation, USA 1988) von Graham Baker; James Caan und Mandy Patinkin
Detective Sykes (James Caan) hat anfangs Mühe, sich mit seinem neuen Alien-Partner Francisco (Mandy Patinkin) anzufreunden

Das ist zunächst einmal enttäuschend, wenn man sich vor Augen hält, dass der Film immerhin von Gale Anne Hurd (geb. 1955) produziert wurde, die ein paar Jahre zuvor mit ihrem damaligen Ehemann James Cameron (geb. 1954) den wuchtigen Geniestreich Terminator (1984) auf die mechatronischen Beine gestellt hatte. Cameron selbst hat auch an Space Cop mitgewirkt, indem er das Drehbuch überarbeitete, worüber Drehbuchautor Rockne S. O’Bannon (geb. 1955), zuvor Story Editor der Achtziger-Neuauflage von The Twilight Zone (1985–89) und später unter anderem Autor der TV-Serien Sea Quest (1993–96) und Farscape – Verschollen im All (1999–2003), nicht sehr glücklich gewesen sein soll (vgl. John Brosnan, The Primal Screen, S. 268). Man hätte sich hier schon eine intensivere und intelligentere Betonung des außerirdischen Elements gewünscht. Denn besonders „außerirdisch“ sind die Aliens in Space Cop nicht – außer dass sie einen übergroßen Schädel ohne Ohrmuscheln haben, seltsame Speisen und Getränke zu sich nehmen (rohes Biber­fleisch und verdorbene Milch, die bei ihnen ein Rauschmittel ist) und eine fremde Sprache sprechen. Ansonsten glei­chen sie den Menschen bis in die nicht vorhandenen Haarspitzen – in ihrer Welterkenntnis, ihrem Sozial- und Sexual­verhalten (Newcomer scheinen die Monogamie und die klassisch-bürgerliche Kleinfamilie zu bevorzugen) bis hin zu ihrer Ethik. Zwar werden einige interessante Hintergründe dieser Alienspezies angerissen. So waren sie genmanipulier­te Sklaven, die auf der Erde nur gestrandet sind, aber besitzen den Menschen überragende intellektuelle Fähigkeiten und eine genetisch gezüchtete hohe Anpassungsfähigkeit. Nach ihrer Landung auf der Erde wurden sie von der US-Regierung interniert und unter Quarantäne gehalten, was der Zuschauer nur ganz beiläufig erfährt. Aber all diese und noch weitere potenziell faszinierende Science-Fiction-Aspekte der Story werden nicht ausgespielt. John Brosnan hat eine ganze Reihe dieser Potenziale in seiner Diskussion des Films aufgelistet:

 

Welchen Effekt hat das Wissen, dass es eine ganze interstellare Alien-Zivilisation da draußen gibt, auf unsere Welt? Und was haben wir von den Aliens über ihre Herren gelernt? Besteht die Möglichkeit, dass ihre Herren erscheinen und ihren Besitz zurück­fordern könnten? Haben wir irgendetwas technisch Wertvolles vom außerirdischen Sklavenschiff gelernt? Wie kommt es, dass die Geschichte der Aliens so bereitwillig akzeptiert wurde? Und so weiter. Aber keine dieser Fragen hat die Filmemacher in ir­gendeiner Weise interessiert. (The Primal Screen, S. 267)

 

Wieviel mehr man aus der Ausgangssituation des Films hätte machen können, bewies Jahre später Neill Blomkamp (geb. 1979) mit seinem brillanten Science-Fiction-Reißer District 9 (2009), dessen Ausgangssituation zweifellos von Space Cop L. A. 1991 inspiriert – um nicht zu sagen abgekupfert – ist. In District 9 ist sie jedoch kein bloßer Aufhänger für einen gewöhnlichen Cop-Film, sondern ein integrales Moment für die Handlung, die sich in eine grimmige Parabel über Fremdenhass und Apardheidspolitik entwickelt.

Szenenfoto aus "Space Cop L.A. 1991" (Alien Nation, USA 1988) von Graham Baker; Terence Stamp und Kevyn Major Howard
William Hartcourt (ein fast nicht erkennbarer Terence Stamp, Mitte, neben Kevyn Major Howard) führt Finsteres im Schilde

Die Parabel auf Fremdenfeindlichkeit in der US-Gesellschaft ist natürlich auch in Space Cop offensichtlich, und sie gibt dem Film unbestreitbar eine zusätzliche interessante Dimension. Mit Ronald Reagan, der am Anfang des Films auf ei­nem TV-Bildschirm erscheint und die Integration der Aliens erklärt, enthält sie überdies einen damals hochaktuellen Fingerzeig: 1986 hatte Ronald Reagan den “Immigration Reform Control Act” inkraft gesetzt, der drei Millionen illega­len Einwanderern, die vor dem 1. Januar 1982 in die USA eingewandert waren, eine offizielle Amnestie garantierte und ih­nen „Zugang zu vielen Vorzügen einer freien und offenen Gesellschaft“ versprach. In vielerlei Hinsicht werden in Space Cop die Probleme adressiert, die die Integration einer neu eingewanderten Population mit sich bringt, und in dieser Hinsicht ist der Film bis heute aktuell geblieben, auch und gerade für uns hier in Deutschland. So sorgen sich die Ame­rikaner in den Interviews am Anfang des Films, dass die Neuankömmlinge besser in den Schulen sind als sie selbst und ihnen die Jobs wegnehmen würden. Skyles sagt, dass für ihn die „Slags“ alle gleich aussehen, dass er es „zum Kot­zen“ findet, wenn er sie nur auf der Straße sieht, und dass er sie „hasst“ – typisch fremdenfeindliche Sta­tements. Francisco muss sich seinerseits von seinen Artgenossen Anfeindungen gefallen lassen, weil er es in der menschlichen Gesellschaft zu etwas gebracht hat und sich mit Menschen abgibt: „Du stinkst wie ein Mensch“ be­kommt er in einer Newcomer-Bar von einem Newcomer zu hören. Indem sich Sykes mit den Newcomern versöhnt und sie schließ­lich schätzt, transportiert der Film eine positive Botschaft – gegen Fremdenhass und für die Völkerverbrüderung.

 

Im Kern bleibt die Show jedoch ein klassischer Cop-Film – und in dieser Hinsicht ist er solide genug, um richtig gut zu unterhalten. Wesentlich für jeden Vertreter des Genres ist der Reiz des Zusammenspiels beider Protagonisten, und das funktioniert hier sehr gut. James Caan (geb. 1940), der für seine Rolle in Der Pate (1972) für den Oscar nominiert wurde, danach überwiegend in Dramen und Actionfilmen auftrat und unter anderem im Science-Fiction-Streifen Rollerball (1974) die Hauptrolle spielte, ist als knorriger Detective mit goldenem Herzen vollauf glaubwürdig und zeigt sich in der Rolle für seine damals 48 Jahre auch überraschend fit. Mandy Patinkin (geb. 1952) als stoischer Widerpart Francisco bietet gleichfalls eine überzeugende Leistung – trotz des Alien-Makeups (vom Stan Winston Studio), unter dem seine Züge fast ganz verschwinden. Größere Probleme mit dem Alien-Makeup scheint Terence Stamp (geb. 1938) als Böse­wicht William Hartcourt gehabt zu haben – die sonst so markanten Züge des Schauspielers sind kaum wiederzuerken­nen, und insgesamt bleibt seine Figur im Film ausgesprochen blass.

Szenenfoto aus "Space Cop L.A. 1991" (Alien Nation, USA 1988) von Graham Baker; Leslie Bevis und James Caan
Die einzige nennenswerte weibliche Rolle in dem Film ist die unergründliche Hure Cassandra (Leslie Bevis)

Bei ihren Ermittlungen klappern Sykes und Francisco die altbekannten Genreklischees ab, sodass sich der weitere Ver­lauf der Handlung überraschungsarm abspult. Die Schießerei am Anfang des Films, bei der Tuggle tödlich getroffen wird, hat noch ordentlich Bums und ist toll arrangiert und geschnitten – man glaubt fast, dass einem selbst die blauen Bohnen um die Ohren fliegen –, doch kann der Film dieses hohe Niveau der Action leider nicht halten. Es gibt einige konventionelle Schlägereien und wilde Autoverfolgungsjagden durch das nächtliche L.A., bei denen einige Schrott­autos zurückbleiben. Der Showdown im Hafen schließlich fällt sogar enttäuschend mau aus. Das mag auch an der Aus­wahl des Regisseurs Graham Baker liegen, der in seinem Fach bisher eher unauffällig geblieben ist. Seine neben Space Cop bekannteste Regiearbeit ist die fade Fantasyverfilmung Beowulf (1999) mit Christopher Lambert in der Hauptrolle. Aber nichtsdestotrotz ist Space Cop L.A. 1991, wie schon gesagt, ein hinlänglich solides Actionabenteuer mit symphati­schen Figuren und charmantem Sci-Fi-Einschlag, sodass mich der Film unter dem Strich doch sehr gut unterhalten hat.

 

Space Cop L.A. 1991 hatte laut Box Office Mojo bei einem moderaten Budget von 16 Millionen Dollar weltweit um die 32 Millionen Dollar wieder eingespielt. Der Film war damit erfolgreich genug, um die Entwicklung einer TV-Serie zu rechtfertigen. Kenneth Johnson (geb. 1942), zuvor Urheber und Autor der TV-Serie V – Die außerirdischen Besucher kommen (1983–85), stellte als kreativer Kopf die Serie Alien Nation (1989/90) mit Gary Graham und Eric Pierpoint in den Hauptrollen auf die Beine. Die Serie brachte es auf nur eine Staffel mit einem Pilotfilm und 20 Folgen und wurde danach nicht fortgesetzt, obwohl sie ziemlich erfolgreich war und im Fandom einigen Kultstatus genießt – nicht zu­letzt, weil in der Serie die Aliens und ihre Eigenarten viel tiefgehender ausgelotet wurden. Zwischen 1994 und 1997 wurden noch fünf TV-Movies gedreht, die an die Serie anknüpfen. Wer mehr über die Serie und die fünf TV-Filme lesen möch­te, dem sei der Artikel meines geschätzten Autorenkollegen Reinhard Prahl auf dessen Webseite Great SciFi ans Herz gelegt.

 

 

© Michael Haul

Veröffentlicht auf Astron Alpha am 3. Juni 2018

Szenenfotos © 20th Century Fox