Fliegende Untertassen greifen an

Fliegende Untertassen greifen an (USA 1956) DVD Cover

Earth vs. the Flying Saucers (USA 1956)

 

Regie: Fred F. Sears

Drehbuch: Bernard Gordon (alias Raymond T. Marcus) und George Worthing Yates, nach einer Story von Curt Siodmak und Ray Harryhausen; inspiriert von dem Buch Flying Saucers from Outer Space (1953) von Donald E. Keyhoe

Darsteller: Hugh Marlowe (Dr. Russell Marvin), Joan Taylor (Carol Hanley Mar­vin), Morris Ankrum (General Hanley), Donald Curtis (Major Hughlin), John Ze­rem­ba (Prof. John Kanter) u. a.

Produzenten: Charles H. Schneer und Sam Katzman

Company: Eine Clover Produktion für Columbia Pictures

Premiere: Juli 1956 (USA); 14. Mai 1957 (Deutschland)

Laufzeit: 83 Minuten; Schwarzweiß (als DVD-Release auch nachkoloriert)

 

Die USA am Beginn des Raumfahrtzeitalters. Raketenforscher Dr. Russell Marvin und seine frisch angetraute Ehefrau und Assistentin Carol haben Pech: Alle elf Weltraumsatelliten, die sie im Auftrag der Luftwaffe in den Erdorbit ge­schos­sen haben, sind auf mysteriöse Weise abgestürzt. Als das Paar bei einer Autofahrt auf offener Landstraße plötz­lich von einer fliegenden Untertasse behelligt wird, behält es dies zunächst für sich. Einen Tag später, kurz vor dem Start des zwölften Satelliten, erscheint erneut ein UFO und landet auf dem Raketenabschussgelände. Sofort eilt die Armee herbei und eröffnet das Feuer. Das UFO verfügt jedoch über einen Schutzschirm; es zerstört die Rakete und legt mit Strahlenwaffen alles in Schutt und Asche.

 

Marvin und seine Frau sind die einzigen Überlebenden der Katastrophe. Sie berichten alles dem Pentagon in Washing­ton, das halb an dem Bericht zweifelt. Marvin gelingt es schließlich, auf eigene Faust Kontakt mit den Außerirdischen aufzunehmen. Er wird von den Außerirdischen an Bord eines UFOs ins All entführt und darüber aufgeklärt, dass die Außerirdischen die menschliche Raumfahrt als Bedrohung empfinden und sie deshalb vereiteln wollen. Gleichzeitig planen sie, sich selbst auf der Erde niederzulassen – denn die Außerirdischen sind heimatlose Flüchtlinge, „Über­le­ben­de eines untergegangenen Sonnensystems“, wie sie erklären. Marvin wird mit dem Auftrag zur Erde zurückgebracht, die Regierungen der Welt zu Verhandlungen zu bewegen. Doch da kennen die Außerirdischen die Entschlossenheit des Wissenschaftlers schlecht: Marvin setzt nun alles daran, eine Waffe gegen die UFOs zu entwickeln . . .

 

Untertassen, Greys, Entführungen: Ray Harryhausens Meilenstein des UFO-Films

 

Dieser von Ray Harryhausen getrickste Low-Budget-Movie ist der UFO-Film der Fünfzigerjahre und das wahre Urbild von Roland Emmerichs Independence Day (1996): UFOs schwärmen über die Erde aus, um sie zu erobern, und insbe­son­de­re gegen Ende des Films gibt es schöne Effekte zu sehen, in denen das Capitol, das Washington Monument und andere Sehenswürdigkeiten in Amerikas Hauptstadt von den UFOs zerstört werden. Der Zuschauer kann fliegende Untertassen in Reinkultur bewundern: kreisrund, wirklich rotierend und mit einem kreischenden, brausenden Geräusch unterwegs (das von den Turbinen eines Klärwerks aufgenommen wurde; das Klärwerk selbst diente im Film als die Raketenbasis). Ein Fest für den Genrefan!

 

Der visuelle Leckerbissen des Films sind zweifellos die Spezialeffekte, die Tricklegende Ray Harryhausen (1920–2013) in gewohnter Weise im Stop-Motion-Verfahren realisierte. Dabei war es eine besondere Herausforderung, der glatten, unveränderlichen Form der fliegenden Untertasse Dynamik zu verleihen. Harryhausen machte mittels gekerbter, sich schnell drehender Ringe auf der Oberfläche der Untertassen ihre Rotation sichtbar und vermittelte ihnen damit eine größere Glaubwürdigkeit, indem diese Ringe das Antriebssystem der UFOs darzustellen scheinen. Harryhausen gelang es darüber hinaus, eine geschmeidige Beweglichkeit in den Flugmanövern realisieren. Seine Untertassen sausen nicht einfach wackelig an Drähten aufgehängt durch die Luft oder schwirren gar als starres traveling matte über eine Hin­tergrundszenerie (wie z. B. das UFO in Metaluna 4 antwortet nicht, 1955). All dies macht Harryhausens UFOs zu den schönsten und gelungensten des Fünfzigerjahre-Kinos – nur noch übertroffen von der wundervoll dahingleitenden fliegenden Untertasse in der farbigen MGM-Space-Opera Alarm im Weltall (1956). Und seine UFOs wurden die ikoni-chen fliegenden Untertassen der Fünfzigerjahre; Tim Burton kopierte ihr Design in seiner Invasionsparodie Mars Attacks! (1996) und wiederholte dort auch einige von Harryhausens Zerstörungsorgien in Washington.

Fliegende Untertassen greifen an (USA 1956) Szenenfoto von den UFOs über Washington, D.C.
Duck and cover – UFOs über Washington

Hübsch sind die Energiestrahlen der Außerirdischen anzuschauen, die – selbstredend – die getroffenen Soldaten und Geschütze zu Nichts zerstrahlen. Tricktechnisch sind die Strahlen so simpel gemacht wie anderswo, z. B. in Der Tag, an dem die Erde stillstand (1951), sie werden aber durch einen schönen Soundeffekt wirkungsvoll unterstützt. Schließlich ist noch der Soundeffekt für den flimmernden Schutzschild des UFOs erwähnenswert – auch er ist sehr passend und herrlich „außerirdisch“.

 

Die Außerirdischen wanken in plumpen, dunkelgrauen Metallrüstungen herum, die aber immerhin eine plausible Er­klä­rung im Film erfahren: So sind die Außerirdischen höchst zerbrechliche, schwache Wesen, die ohne die Rüstungen auf der Erde nicht überleben könnten. In einer Szene wird der Kopf von der Leiche eines Aliens gezeigt: ein zerfurchtes Antlitz mit riesigen Mandelaugen, ein typischer Grey – Roswell lässt grüßen! Schließlich, wie es sich für einen guten UFO-Film gehört, fehlen auch die Entführung von Menschen an Bord einer Untertasse und die Manipulation ihrer Ge­hirne nicht. Voilà!

 

Natürlich – das Genre und das schmale Budget lassen es erahnen – hat der Film auch deutliche Schwächen. Schau­spie­le­risch gibt es nicht viel zu mäkeln. Hugh Marlowe (zuvor ein kleingeistiger Intrigant in Der Tag, an dem die Erde still­stand) wirkt steif und militant, ein nur leidlich symphatischer Held, aber er spielt seine Rolle solide. Joan Taylor, die ein Jahr später auch in Harryhausens Die Bestie aus dem Weltenraum (1957) die weibliche Hauptrolle übernahm, sorgt für menschliche Wärme und Spannung, und Gen­re­star Morris Ankrum (Rakete Mond startet, Flight to Mars, Invasion vom Mars) als General Hanley spielt aufrecht und glaubwürdig wie immer. Streckenweise erzählt der Film jedoch reichlich langatmig, und Fred F. Searsʼ Regie ist stumpf und leblos. Der Film nutzt eine Menge stock footages, neben den übli­chen Aufnahmen von Radioantennen und Militärflugzeugen auch aus Filmen wie Robert Wises Der Tag, an dem die Erde stillstand (1951) und George Pals Kampf der Welten (1953). Die Handlung ist an allen Ecken und Enden unlogisch oder unwahrscheinlich, der recht umfangreiche tech babble über die Funktionsweisen der Alien­tech­no­lo­gien und ihre Bekämpfung wie üblich haarsträubend. Der glänzende, fast schon berühmt zu nennende Gipfel­punkt des pseudo­wissenschaftlichen Unsinns: die „verdichtete Elektrizität“ (!), aus der die superleichte Rüstung der Außerirdischen be­stehen soll. Auch die musikalische Untermalung durch Mischa Bakaleinikoff – in den Hauptthemen praktisch identisch mit Die Bestie aus dem Weltenraum – wirkt stellenweise etwas hölzern. Aber als Liebhaber alter, nostalgisch ange­staubter Science-Fiction-Filme ist man es gewohnt, derlei Dinge gelassen zu sehen. Das Vergnügen an dem Film wird durch seine Mankos nicht wesentlich beeinträchtigt.

 

Lieber tot als außerirdisch – der Kalte Krieg im UFO-Film

 

Fliegende Untertassen greifen an ist ein klassischer Invasionsfilm, der am Ende in einem regelrechten Krieg der US-Armee gegen die über Amerika herfallenden UFOs gipfelt. Schon am Beginn des Films ist die Frontlinie klar abgesteckt: Die Erzählerstimme erläutert noch vor dem Vorspann, dass ein kleiner Teil der zahlreichen UFO-Sichtungen, die in den Fünfzigerjahren durch die Medien schwirren, ernstzunehmen sei und die US-Regierung den Befehl ausgegeben habe, auf UFOs sofort das Feuer zu eröffnen. Schlechte Zeiten für Besucher aus dem All: Die Erde befand sich damals fest im Griff des Kalten Krieges, paranoider Angst und militärischer Muskelspiele.

Fliegende Untertassen greifen an (USA 1956) Szenenfoto von einem UFO, das das Washington Monument rammt
Crash von nationaler Bedeutung – das Washington Monument fällt

Allerdings ist nicht zu übersehen, dass die Außerirdischen tatsächlich mit ungemütlichen Absichten die Erde auf­su­chen. Auch sie haben einen sofortigen Schießbefehl: Als Dr. Marvin seine Weltraumsatelliten startet, werden sie von den Außerirdischen ohne Vorwarnung abgeschossen, weil sie sie für Angriffswaffen halten. Später bemühen sich die Besucher zwar um Verhandlungen mit der Führung der Erde/der USA, aber ihr Ziel, sich auf der Erde niederzulassen, verheißt der technisch unterlegenen Menschheit nichts Gutes. Ihr bliebe da womöglich nur ein Dasein in Knechtschaft – so scheint es zumindest. Schließlich zeugt auch die Gehirnwäsche, die die Außerirdischen General Hanley und einem Polizisten angedeihen lassen, sowie die spätere Ermordung beider Probanden (indem die Aliens sie aus großer Höhe aus dem UFO werfen) nicht gerade von einem würdevollen Umgang mit Vertretern einer vernunftbegabten Spezies. Immerhin geschieht Letzteres erst, nachdem die Außerirdischen beschossen und zwei von ihnen getötet worden sind. Augʼ um Augʼ . . .

 

Wenn auch die Außerirdischen vordergründig eine Einigung suchen – weil sie, wie sie erklären, sonst gezwungen wä­ren, fortwährend gegen die zahlenmäßig überlegene Menschheit Krieg zu führen (was letztlich wohl die Ausrottung der Menschheit bedeuten würde) –, verschwendet die Führung der USA (die sich selbstredend als alleinige Füh­rungs­macht der Menschheit begreift) keinen Gedanken an Verhandlungen. Einigung hieße Auslieferung, der einzige Weg kann nur der Kampf sein! Ein Glücksfall, dass die Erde über einen pfiffigen Wissenschaftler wie Dr. Marvin verfügt. Ihm gelingt binnen weniger Wochen, eine elektromagnetische Abwehrwaffe zu entwickeln, mit der die UFOs zum Absturz gebracht werden können. Mit der neu entwickelten Waffe ist die technische Unterlegenheit beseitigt, der Sieg der Menschheit sicher. Aufrüstung ist das Gebot der Stunde.

 

„Wir wollen verhandeln“ – der fatale Mangel an Kommunikation

 

Viele Science-Fiction-Filme der Fünfzigerjahre lassen bei näherem Hinsehen einen Subtext erkennen, der quasi „gegen den Strich“ der Handlung zu lesen ist. In Fliegende Untertassen greifen an ließe sich der Subtext mit „mangelnder Kom­munikation“ überschreiben. Mangelnde Kommunikation, das eigentliche Signum des Kalten Krieges, zieht sich wie ein roter Faden durch den Film. Es fragt sich, ob dieses Merkmal dem Erzählstoff des Films zwangsläufig und unbewusst „untergekommen“ ist. Denn es ist unstrittig, dass der Film wie zahlreiche andere fantastischen Filme auch die Ängste seiner Entstehungszeit in sublimer Form reflektiert und insofern als Metapher auf den Kalten Krieg aufzufassen ist. Andererseits wirkt die Thematisierung der Kommunikationsprobleme zwischen den Aliens und den Menschen nicht zufällig, sondern wohlbedacht. Sie sind in der Tat naheliegend, wenn der Film nicht allein von einer Invasion, sondern auch vom first contact erzählen will.

 

Bereits der Abschuss der irdischen Satelliten durch die Außerirdischen ist ein Fall mangelnder Kommunikation: Die Außerirdischen kündigen ihre Abschüsse nicht an und erklären sie zunächst auch nicht. Der erste Versuch einer Kon­takt­aufnahme mit Dr. Marvin schlägt fehl, weil die Außerirdischen in einem „anderen Zeitrhythmus“ leben (eine an sich tolle Science-Fiction-Idee, abgeleitet aus Vorstellungen über die Einsteinsche Zeitdilatation, die später an Bord des UFOs leider völlig unlogisch umgesetzt wurde: Sofern sich die Physiologie der Menschen, d. h. ihr Herzschlag, extrem verlangsamt, weil der Zeitverlauf selbst verzerrt ist, müsste dasselbe auch mit ihren Bewegungen und Hirnfunktionen geschehen). Weil die Aliens „superschnell“ reden, versteht Dr. Marvin die an ihn gerichtete Botschaft nicht – er hört auf seinem Tonband nur ein helles Wummern (das leider überhaupt nicht wie extrem beschleunigtes Englisch klingt). Erst als die Stromversorgung des Tonbandgerätes erlahmt und das Band ganz langsam abgespielt wird – was viel zu spät, nämlich erst nach dem ersten Feuergefecht mit den Außerirdischen, geschieht –, versteht Marvin die in seine Sprache übersetzten Worte der Außerirdischen.

 

Das Scheitern der Kontaktaufnahme führt dazu, dass niemand die Ankunft eines UFOs auf dem Raketenabschussge­län­de erwartet, obwohl die Außerirdischen ihr Kommen in ihrer Botschaft angekündigt hatten. Die herbeieilende Ar­mee eröffnet sofort das Feuer – erneut ein Mangel an vorhergehender Kommunikation –, und dieser Angriff führt schließlich zum Gegenangriff und zur verheerenden Vernichtung des Abschussgeländes mit hunderten von Toten. Das Desaster geschieht letztlich also aus einer Verquickung gescheiterter und unterlassener Verständigung.

Fliegende Untertassen greifen an (USA 1956) Szenenfoto von einem Außerirdischen auf dem Raketenabschussgelände
Begrenztes Verhandlungsgeschick – Außerirdischer auf dem Raketenabschussgelände

Die Außerirdischen entführen General Hanley, den Vater von Dr. Marvins Frau. An Bord eines UFOs senkt sich über Hanleys Kopf ein kreiselnder, diamantartiger Gegenstand, der einen „Gehirnakkumulator“, eine Art Computer, darstellt, und die Sprache der Außerirdischen übersetzt. Hanley verweigert als guter Soldat vorsorglich jede Aussage, bevor ihm die Außerirdischen überhaupt eine Frage gestellt haben. Er sieht sein Land längst im Krieg gegen die Außerirdischen und sich selbst als Kriegsgefangenen. Seine Entscheidung, die Kommunikation einzustellen, bekommt ihm jedoch schlecht. Mittels des Gehirnakkumulators saugen die Außerirdischen sämtliche Informationen aus Hanleys Gehirn, bis Hanley nur noch ein „hirnloser“ Schwachkopf ist.

 

Nachdem Dr. Marvin die Botschaft der Außerirdischen verspätet entschlüsselt hat, plädiert er im Pentagon vergeblich für neue Versuche, mit den Außerirdischen Kontakt aufzunehmen. Reden kommt für die Generäle nicht in Frage, da die, die befugt wären zu reden – der Präsident und der Außenminister – momentan nicht greifbar sind. Sie stellen statt­dessen Dr. Marvin unter Hausarrest. Dr. Marvin setzt sich über das Kommunikationsverbot hinweg. Per Funk ver­einbart er ein Treffen mit den Außerirdischen und verlässt unerlaubt sein Hotel in Washington. Seine Frau Carol hat Angst. Sie versucht mit allen Mitteln, ihren Mann von seinem Vorhaben abzuhalten, schaltet sogar Marvins Aufpasser Major Hughlin ein und jagt mit ihm ihrem Mann hinterher. Marvin ist schneller und erreicht den Treffpunkt am Strand, wo das UFO bereits auf ihn wartet.

 

Wenig später befinden sich Marvin, Carol, Hughlin und ein Polizist an Bord der fliegenden Untertasse im All, und die Außer­ir­dischen stellen ein Ultimatum: Binnen 56 Tagen muss Dr. Marvin Verhandlungen der US-Regierung mit den Außer­ir­di­schen ermöglicht haben, sonst erfolgt die gewaltsame Eroberung der Erde. Zurück auf der Erde, wird Marvin im Pentagon vorgehalten, mit seiner Eigenmächtigkeit die Landessicherheit gefährdet zu haben. Wirklich? Tatsächlich wären Verhandlungen die einzige Option der Menschheit in ihrer verzwickten, unterlegenen Lage, um halbwegs die Landessicherheit zu wahren. Doch erneut wird der Kommunikation eine Absage erteilt.

Fliegende Untertassen greifen an (USA 1956) deutsches Filmplakat
Deutsches Filmplakat

Stattdessen setzt das Pentagon darauf, dass Dr. Marvin innerhalb der ge­setz­ten Frist eine neue Wunderwaffe gegen die UFOs erfindet. Dies gelingt ihm schließlich auch. Die Außerirdischen selbst haben – militärisch höchst un­ver­nünf­tig! – Dr. Marvin die entscheidende Information für die Entwicklung der Waffe geliefert, indem sie ihm erläuterten, dass die Flugfähigkeit der UFOs auf elektromagnetischen Feldern beruht. Dort, wo ein Stück weit der Mangel an Kommunikation aufgehoben wird, münzt der Mensch das freiwillig offerierte Wissen findig in eine Waffe um. Es ist natürlich absurd, dass es einem Wissen­schaftler gelingt, in so kurzer Frist eine geeignete Waffe gegen außerirdische Raumschiffe zu entwickeln, deren technologische Macht so groß ist, dass sie sogar die Sonne magnetisch zu Sonnenflecken und Strahlungs­stür­men  anre­gen können. Marvins Erfolg ist ein nur schwach motivierter Kunstgriff, um ein patriotisches Happy End zu ermöglichen. Das Happy End ist hier ebenso kühn wie schon in H. G. Wells’ Krieg der Welten (1897), dem Urvater aller außer­irdischen Invasionen.

 

Das Ansinnen der Außerirdischen bleibt darauf gerichtet, mit der Erde zu ver­handeln. Dieses Ziel, die Herstellung von Kommunikation, gelingt ihnen im ganzen Film nicht. Es bleibt offen, was die Verhandlungen, wären sie zustande­ge­kom­men, für die Menschen bedeutet hätte. Die Generäle im Pentagon und auch Dr. Marvin gingen davon aus – und dieser Gedanke ist ja durchaus auch vernünftig –, dass die Menschheit als die tech­nologisch unterlegene Spezies kein gutes Los zu erwarten gehabt hätte. Die Außerirdischen hätten sich auf der Erde niedergelassen und wären eine un­angreifbare Supermacht geworden – die Herren der Welt. Was ihre Herrschaft den Menschen gebracht hätte – wer weiß es? Ob die Außerirdischen überhaupt ein Interesse an der Herrschaft hatten oder nicht doch nur einen kleinen Flecken grüne Erde für sich einfordern wollten, ein Elysium der Ruhe und des Frie­dens, abgeschirmt vom Rest der Menschheit – möglicherweise? Dagegen spräche, dass die Außerirdischen über Strah­lenwaffen verfügen, ihnen die Gewalt als Mittel zum Zweck also nicht unbekannt ist. Dennoch: Dass die Außerir­di­schen bei der Verfolgung ihres Ziels mehrfach kaltblütig Gewalt anwendeten, charakterisiert nicht zwangsläufig ihr Ziel selbst – vielleicht. Wie gesagt: Das Problem bleibt offen. Es wurde einfach nie darüber geredet . . .

 

Fliegende Untertassen greifen an ist für Genrefans und Nostalgiker ein unterhaltsamer und interessanter UFO-Film und kann sogar in gewissen Grenzen als Science-Fiction-Klassiker gelten. Er hat seine Längen, aber dafür wird man mit wunderschönen UFOs und Spezialeffekten bei der Stange gehalten.

 

 

© Michael Haul

Veröffentlicht auf Astron Alpha am 27. März 2016

Szenenfotos © Columbia Pictures