Nebo Sowjot (UdSSR 1959)
Regie: Michail Karjukow, Alexander Kosyr
Drehbuch: Michail Karjukow, Jewgeni Pomeschtschikow, Alexei Sasanow
Kamera: Nikolai Kulchitski
Musik: Yuli Meitus
Darsteller: Iwan Perewersew (Jewgeni Petrowitsch Kornew), Alexander Schworin (Andrei Gordienko), Konstantin Bartaschewitsch (Clark), Gurgen Tonunz (Irwin Werst), Taisija Litwinenko (Lena), Alexandra Popowa (Vera Kornewa) u. a.
Company: Oleksandr-Dowschenko-Filmstudios (Kiew)
Laufzeit: 77 Minuten; Farbe
Premiere: 12. September 1959 (UdSSR); 5. August 1960 (DDR)
Der Schriftsteller Trojan will einen Roman über die Pionierleistungen der Raumfahrt schreiben und besucht deshalb das sowjetische Raketenforschungsinstitut. Der Leiter des Instituts Jewgeni Kornew erklärt ihm, dass die Raumfahrt kein märchenhaftes Abenteuer, sondern vor allem nüchterne Ingenieursarbeit sei. Kornews Mitarbeiter Andrei Gordienko erläutert dem Autor anhand einer Sammlung von Modellen der Sputnik- und Luna-Sonden die Erfolge, die die Sowjetunion in der Raumfahrt bereits verbuchen konnte. Als Trojan am Abend an seinem Schreibtisch über seine Eindrücke sinniert, erträumt er, wie die nahe Zukunft der Raumfahrt aussehen könnte . . .
Kornew und Gordienko befinden sich auf einer mächtigen Raumstation in einer hohen Erdumlaufbahn. Eines Tages wird die Station von der amerikanischen Rakete Typhoon besucht. Die beiden Passagiere, der altgediente Astronaut Clark und ein großspuriger, einflussreicher Fernsehreporter namens Irwin Werst, erklären den Russen, dass sie schon bald zu einer spektakulären Reise aufbrechen werden: die erste bemannte Mission zum Mars! Kornew erwidert den verdutzten Amerikanern, dass er und ein Kollege ebenfalls mit einer Rakete zum Mars fliegen werden – und das bereits in wenigen Tagen. Als Werst diese Neuigkeit per Funk dem Chef der amerikanischen Raumfahrtbehörde mitteilt, befiehlt dieser, dass Werst und Clark sofort mit der Typhoon losfliegen sollen, um das Rennen zum Mars um jeden Preis zu gewinnen. Trotz des wohlmeinenden Angebots Kornews, doch die Kräfte zu vereinen und gemeinsam zu fliegen, und trotz der Warnung, dass der überstürzte Abflug eine ungünstige Flugroute ergibt und somit ein hohes Risiko darstellt, brechen die Amerikaner auf.
Als Wochen später Kornew und Gordienko mit ihrer Rakete Rodina den Mars fast erreicht haben, empfangen sie SOS-Signale von der Typhoon. Ihr unvernünftiger Kurs hat die US-Rakete mitten in ein Meteoritenfeld geführt und gefährlich nah an die Sonne herangebracht. Kornew zögert keine Sekunde. Er bricht die Marsmission ab und eilt den Amerikanern zu Hilfe, um sie aus ihrem havarierten Raumschiff zu retten. Da nach der Rettungsaktion alle Treibstoffreserven verbraucht sind, muss die Rodina auf dem nahe vorbeiziehenden Asteroiden Ikarus notlanden. Der Versuch, eine von der Erde geschickte unbemannte Rakete mit Ersatztreibstoff per Funkfernsteuerung zu landen, misslingt: Die Rakete schlägt hart auf dem Ikarus auf und explodiert. So entschließt sich der Kosmonaut Gregori Somow zu einem riskanten Manöver: Er will selbst eine zweite Rakete zum Ikarus zu fliegen . . .
Der Himmel ist rot
Ende der Fünfzigerjahre triumphierte die Sowjetunion über die Welt. Seit es den Russen 1957 gelungen war, mit „Sputnik 1“ einen Satelliten in eine Erdumlaufbahn zu schießen, waren sie die einzigen, die den Sprung ins All geschafft hatten. Und sie schritten erfolgreich voran: Während alle amerikanischen Raketenversuche noch auf dem Startfeld scheiterten, abstürzten oder keine Umlaufbahn erreichten, schickte die Sowjetunion mit „Luna 1“ bis „Luna 3“ bereits Raumsonden zum Mond, die die ersten Fotos von der Rückseite des Mondes zur Erde funkten. Es waren die glanzvollsten Jahre der sowjetischen Raumfahrt, die erst Mitte der Sechzigerjahre ihr Ende fanden, als die rasch aufholenden Amerikaner eigene Erfolge zu feiern begannen und schließlich 1969 das Rennen um die erste bemannte Mondlandung für sich entschieden, womit sie ihren Status als die überlegenere Supermacht wiederherstellten.
1959 jedoch gab es für die Sowjetunion allen Anlass, vor Stolz auf das Erreichte fast zu platzen, und die staatliche Propaganda ließ keine Gelegenheit aus, der eigenen Bevölkerung und dem Rest der Welt die Überlegenheit des kommunistischen Systems, die sich im technologischen Vorsprung ausdrückte, vor Augen zu stellen. Der Himmel ruft von Michail Karjukow und Alexander Kosyr ist unverkennbar ein Produkt dieses Bestrebens. Ein Jahr zuvor hatte Pawel Kluschanzew in Leningrad den thematisch ähnlich angelegten Farbfilm Der Weg zu den Sternen (1958) inszeniert, eine Dokumentation mit Science-Fiction-Anleihen über die sowjetische Raumfahrt und den Triumphen, die ihr noch in naher Zukunft bevorstehen würden. Davor hatte es nur zwei sowjetische Raumfahrtfilme gegeben, die mehr als zwanzig Jahre zurücklagen: Jakow Protasanows Aelita (1924) und Wassili Schurawljows Kosmitscheski Reis („Die kosmische Reise“, 1936). In Aelita war der Flug zum Mars und das fantasievoll ausgemalte Abenteuer auf dem roten Planeten nur der Tagtraum eines russischen Ingenieurs – der Film beschäftigte sich stärker mit dem schwierigen Aufbau der noch jungen sowjetischen Gesellschaft und unterstrich die Forderung, sich ganz auf diese kolossale irdische Aufgabe zu konzentrieren. Kosmitscheski Reis, vom russischen Raketenpionier Konstantin Ziolkowski (1857–1935) unterstützt, verfolgte dagegen bereits das Ziel, die Menschen – vor allem Kinder und Jugendliche – für die Raumfahrt zu begeistern. Doch der Film war wie zuvor schon Fritz Langs Frau im Mond (1929) seiner Zeit voraus und stellte die Raumfahrt letztlich als fantastische Grille eines schrulligen Professors dar, der das Unternehmen quasi im Alleingang wagt, auch wenn er es im Rahmen eines staatlichen Raumfahrtprogramms realisierte. Der Film fand bald nach seiner Veröffentlichung aus mehreren Gründen wenig Gefallen bei den Kulturbürokraten – unter anderem wurde die possierliche Stop-Motion-Animation der Kosmonauten-Puppen auf dem Mond kritisiert – und wurde daraufhin für Jahrzehnte nicht wieder aufgeführt.
Der Himmel ruft artikuliert die Raumfahrt dagegen selbstbewusst als Ausdruck sowjetischer Überlegenheit und Größe. Wie bei Kosmitscheski Reis lag der Zweck des Films in handfesten didaktischen Zielsetzungen und sollte vor allem Kinder und Jugendliche ansprechen. Der Film hat wie Aelita eine Rahmenhandlung, die das geschilderte Abenteuer im All als Traum ausweist, doch gründet der Traum diesmal auf der Realität des in der Raumfahrt bereits Erreichten und wird ausdrücklich als erstrebenswerte Vision der nahen Zukunft affirmiert, die sich verwirklichen wird, wenn nur die hochgesteckten Ziele der sowjetischen Raumfahrt weiterverfolgt werden. Jewgeni Kornew appelliert in der Schlusseinstellung an die jungen Zuschauer, ihre Interessen auf die Raumfahrt zu lenken und sich selbst aktiv an ihrer Entwicklung zu beteiligen. „Viel Erfolg, junge Generation!“, ruft er ihnen zu. Die Aufbauarbeit der sozialistischen Gesellschaft findet nunmehr auch im Weltraum statt, wobei ganz ähnlich wie in amerikanischen Space Operas auch dem expansionistischen Gedanken Nachdruck verliehen wird: Auf dem Asteroiden Ikarus hissen die Kosmonauten die sowjetische rote Fahne.
Der Film stilisiert die Raumfahrer zu Helden eines neuen, bereits anbrechenden Zeitalters, das utopische Träume in die Tat umsetzt, und nutzt dabei die üblichen Stilmittel des sozialistischen Realismus, insbesondere die ikonische Versinnbildlichung, die durchaus ihren ästhetischen Reiz hat. Die Frau im Raumanzug, vom Sternenhimmel umgeben, posiert im fabelhaft überhöhten Bild, einem stolzen Denkmal gleich, als allegorische Personifikation der Sowjetunion; sie winkt, wie um die Zukunft willkommen zu heißen. In heranstürmender, aufsteigender Staffelung drapiert blicken die Kosmonauten zum großen Monitor ihres Raumschiffs auf, offen für die Wunder des Weltalls. Zurück auf der Erde werden die Kosmonauten von einer wogenden Masse begeistert bejubelt; majestätisch weht in Großaufnahme die Fahne der Sowjetunion im Wind.
Für Liebhaber nostalgischer Space Operas ist der Film, der in den Oleksandr-Dowschenko-Filmstudios in Kiew entstand, ein wundervoller visueller Genuss. Während das amerikanische Science-Fiction-Kino der späten Fünfzigerjahre fast ausschließlich aus billiger, schwarzweiß gedrehter Exploitationware bestand, wurden in Der Himmel ruft üppige produktionstechnische Mittel investiert. Es gibt jede Menge beeindruckender Raumfahrt-Hardware zu bestaunen. Die großzügigen Bühnenbilder für das Raumfahrt-Kontrollzentrum sowie für die Interieurs der Raumschiffe und der Raumstation sind ansprechend gestaltet. Die Aufnahmen der schönen Modelle von Raketen und Raumstationen im Weltall, die zahlreichen matte shots und die übrigen Spezialeffekte – Rückstoßflammen von Triebwerken, die Planeten, der Glutball der Sonne oder die romantischen Malereien der felsigen Landschaft auf Ikarus, in die die Aufnahmen der Raumfahrer einkopiert wurden – sind allesamt von exzellenter Qualität und gemahnen mit ihrer Poesie an ähnlich komponierte Bilder in Stanley Kubricks neun Jahre später entstandenen Film 2001: Odyssee im Weltraum (1968). Den einzigen tricktechnischen Schnitzer leistet sich der Film mit dem Absturz der unbemannten Treibstoffrakete auf Ikarus, der ausgesprochen holprig geraten ist. Mehrmals wird die Raumstation – hier erfrischenderweise einmal kein rotierendes Speichenrad – in der Halbtotalen gezeigt, während auf ihrer äußeren Plattform Kosmonauten in Raumanzügen wandeln. In einer Szene trudelt ein Kosmonaut, der vergessen hat, seine magnetischen Stiefel anzuziehen, im Inneren der Raumstation als gelungenes traveling matte in der Schwerelosigkeit umher. Die sicherlich atemberaubendste Trickszene ist der Aufgang der riesigen Scheibe des rot leuchtenden Mars am sternenübersäten Nachthimmel von Ikarus, während im Vordergrund, eingerahmt von schroffen, rötlich glänzenden Felsnadeln, drei Raumfahrer andächtig dastehen und das Schauspiel bestaunen.
Trotz seiner tricktechnischen Pracht verlangt Der Himmel ruft dem heutigen Zuschauer einige Geduld ab. Michail Karjukow, ein im sowjetischen Kino verdienter Kameramann, Spezialeffektfilmer, Drehbuchautor und Regisseur, und Alexander Kosyr inszenierten den Film ausgesprochen behäbig. Die Figuren werden kaum charakterisiert und wirken extrem hölzern und steril. Das Drama bewegt sich in läppischen, weitgehend vorhersehbaren Bahnen und wird hier und da mit dummen Scherzen versetzt, die die Kosmonauten über die Schwerelosigkeit und andere vermeintliche Drolligkeiten der Raumfahrt reißen. Nennenswerte Dynamik entfaltet der Film nur in der Havarie der Typhoon in einem Meteoritenschauer: Eine unstet schwankende Kamera, flackernde Lichter und die ernsten Profile der Astronauten im Halbschatten geben der Szene ein fast surreales Odeur. Selbstredend retten die noblen Russen die durch eigenes Verschulden in Not geratenen Amerikaner. Am überraschendsten ist noch, dass es bis zum Schluss der sowjetischen Rakete nicht gelingt, auf dem Mars zu landen, und stattdessen Ikarus zum Hauptschauplatz der interplanetaren Handlung wird. Die Filmmusik sehnt dazu mit schnulzig-einschmeichelnden Streicherklängen – wenn sie nicht gerade in ausgesprochen ödes Orgelgedudel wechselt, was aber leider in den meisten Szenen der Fall ist.
In seiner betulichen Machart und knochentrockenen Nüchternheit gleicht Der Himmel ruft einer Handvoll amerikanischer Hard-SF-Filme aus der ersten Hälfte der Fünfzigerjahre – Filme wie Endstation Mond (1950), Project Moon Base (1953), Riders to the Stars (1953) oder Die Eroberung des Weltalls (1955). Wie diese ist Der Himmel ruft darauf aus, die Perspektive der Raumfahrt selbst als aufregendes Abenteuer auszumalen, und zwar auf der Grundlage realistischer Voraussetzungen. Wissenschaftlich geschminkte Fantasy – jenes Metier, in dem sich der amerikanische Science-Fiction-Film bereits seit Stummfilmzeiten am meisten zuhause gefühlt hat – ist dagegen nicht seine Sache. Freilich – ganz so wissenschaftlich akkurat ist die Darstellung der Raumfahrt dann doch nicht geraten. Das sorglose Abweichen von vorher genau berechneten Flugrouten, sogar unter der Prämisse, dann womöglich nicht genug Treibstoff für die Rückkehr zur Erde zu haben, ist ebenso absurd wie das sich in kürzesten Zeitspannen vollziehende Hin- und Herzischen der Typhoon und der Rodina zwischen der Raumstation im Erdorbit, dem Mars und der Sonne.
Nicht nur hier, sondern auch in anderen Raumfahrtfilmen der Sowjetunion und anderer Länder des Ostblocks ist die Sichtweise auf den Kalten Krieg und das damalige Wettrennen ins All zwischen den USA und der Sowjetunion besonders interessant. Amerika und der kapitalistische Westen werden regelmäßig als selbstsüchtig, profitgierig und imperialistisch gekennzeichnet. Die Sowjetunion hingegen leuchtet als vorbildlicher Hort menschlicher Vernunft, als eine edle, humanistische Gesellschaft, die darauf aus ist, das Wohl der gesamten Menschheit zu bessern. Ihre Wissenschaftler strecken daher dem Widersacher freundlich die Hand zur Zusammenarbeit aus, werden aber von den aggressiven Machthabern des rückständigen Westens regelmäßig verprellt. Die Gebärde der ausgestreckten Hand ist besonders auffällig, da Ähnliches in einem zeitgenössischen amerikanischen Film wohl nirgends anzutreffen ist.
Das Wettrennen ins All, 1959 hochaktuell, spielt in Der Himmel ruft eine prominente Rolle. Der Film kritisiert die Amerikaner für ihr Bestreben, die Pionierleistungen der Raumfahrt als prestigeträchtiges Wettrennen aufzufassen – und genießt gleichzeitig den Status der Sowjetunion als die Nummer Eins. Wie ernst unter diesem Vorzeichen die Botschaft von Kornews gönnerhaftem Angebot an die Amerikaner zur Zusammenarbeit wirklich gemeint ist, steht dahin. Von zwingenderer Kraft ist die zwar klischeehafte, aber doch mehrdimensionale Art, wie die Amerikaner dargestellt werden. Sie werden nicht etwa als finstere, menschlich korrumpierte Schreckgespenster eines brandgefährlichen Systems dämonisiert. Weder Clark noch Werst sind Unsympathen, und beide verstehen sich auf menschlicher Ebene prächtig mit den Russen. Clark wird sogar der Status eines echten Helden eingeräumt, der sich um die amerikanische Raumfahrt große Verdienste erworben hat und vernünftige Ansichten vertritt. Er repräsentiert den einfachen Amerikaner, der aus bestem menschlichem Holz geschnitzt ist, aber leider das Pech hat, in der Knechtschaft des falschen politischen Systems zu stehen. Im Austausch mit Kornew gibt er zu, dass er am liebsten auf dessen Angebot der Zusammenarbeit einginge, und auch er hat massive Bedenken gegen den verfrühten Aufbruch der Typhoon zum Mars. Ihm sind jedoch aufgrund der Befehle seiner egozentrischen Vorgesetzten die Hände gebunden. Die Machteliten des Westens sind die eigentlichen Übeltäter, so die Aussage des Films; ohne sie würde man gut mit den Amerikanern auskommen und auch zusammenarbeiten können.
Werst hingegen, der Medienmensch, ist im Gegensatz zu Clark in seiner forschen Oberflächlichkeit und seinem Profitstreben der Obrigkeit bedenkenlos willfährig. Er ist mit dem Marsflug vor allem auf eine Sensation aus, die sich gut vermarkten lässt. Dass er überhaupt an dem Marsflug teilnimmt, ist schon als Kritik gegen die Macht der Medienmogule und ihren Einfluss auf die politischen Instanzen des Westens aufzufassen. In einer bemerkenswerten Collage bebildern Karjukow und Kosyr, quasi kopfschüttelnd, ihre Interpretation eines mediendominierten, kapitalistischen Amerikas: zusammengefügte Bilder von bunten Leuchtreklamen am New Yorker Times Square, unterlegt mit wilder Jazzmusik, machen die Metropole zur sündigen Verführung, zu einem schrillen Aufruf an die Massen, sorglos und vergnügungssüchtig zu konsumieren. Vermischt wird dies mit witzigen Einfällen, wie die amerikanische Unterhaltungsindustrie den Flug der Typhoon in ihre Vermarktungsmaschinerie einpasst: In Leuchtreklamen wird das Bild der Typhoon zur einschenkenden Sektflasche, und Werbesprüche und Marktschreier im Radio rufen die Konsumenten dazu auf, Land auf dem Mars zu kaufen. Hier trifft der Film unbestreitbar ins Schwarze, denn ganz ähnliche Formen der Vermarktung des Raketenzeitalters hat es tatsächlich gegeben, und die an sich absurde Idee, wertlose Gründstücke auf dem Mars zu verkaufen, ist nur allzu amerikanisch: So plädierte Robert A. Heinlein schon 1950 in seiner Erzählung Der Mann, der den Mond verkaufte dafür, Grundstücke auf dem Mond feilzubieten, um mit den Einnahmen einen bemannten Flug zum Mond zu finanzieren.
Michail Karjukow drehte vier Jahre später gemeinsam mit Otar Koberidse noch einen weiteren, tricktechnisch ebenso brillanten Science-Fiction-Film: Begegnung im All (1963). Beide Filme wie auch Pawel Kluschanzews Der Weg zu den Sternen (1958) und Planet der Stürme (1962) wurden für gute Devisen auch nach Amerika verkauft, dort allerdings stark umgearbeitet. Regelmäßiger Abnehmer der Ostblockfilme war der Low-Budget-Filmer Roger Corman. Der Himmel ruft wurde von Corman in die Hände des jungen, damals noch völlig unbekannten Francis Ford Coppola gegeben, der den Film zur US-Fassung Battle Beyond the Sun (1963) umschnitt. Der Plot und die Namen sämtlicher Figuren wurden geändert und alle sowjetischen Propagandabilder entfernt; hinzugefügt wurden ein paar Aufnahmen bizarrer Monster, auf die die Raumfahrer auf dem Asteroiden stoßen. Für lange Zeit konnte man im Westen Der Himmel ruft nur durch den Zerrspiegel der Corman-Coppola-Fassung ansehen, mit der man sich nunmehr, nach der Veröffentlichung des Originals auf DVD, gottlob nicht länger abgeben muss.
Der Himmel ruft idealisiert in rührender Weise die sowjetische Gesellschaft als die Speerspitze des technischen und humanistischen Fortschritts, dem zu folgen die gesamte Menschheit eingeladen ist. Nüchterner ausgedrückt: Der Film strotzt vor sowjetischer Propaganda, natürlich. Aber der Film ist auch ein tricktechnisch begeisterndes, opulentes Raumfahrtabenteuer und damit für den Aficionado allemal sehenswert.
© Michael Haul
Veröffentlicht auf Astron Alpha am 2. Mai 2017