Flash Gordon

Poster für das Kinoserial "Flash Gordon" (USA 1936)

Flash Gordon (USA 1936)

 

Kinoserial, 13 Episoden von jeweils ca. 19 Minuten, insgesamt ca. 245 Minuten; Schwarzweiß. Späterer TV-Titel: Space Soldiers.

Regie: Frederick Stephani und Ray Taylor

Drehbuch: Basil Dickey, Ella OʼNeill, George Plympton und Frederick Stephani, nach dem Comicstrip Flash Gordon (1934) von Alex Raymond

Darsteller: Larry „Buster“ Crabbe (Flash Gordon), Jean Rogers (Dale Arden), Frank Shannon (Dr. Zarkov), Charles Middleton (Kaiser Ming), Priscilla Lawson (Prinzes­sin Aura), Jack Lipson (König Vultan), Richard Alexander (Prinz Barin), James Pierce (Prinz Thun), Theodore Lorch (Hohepriester), Duke York Jr. (König Kala) u. a.

Produzent: Henry MacRae

Company: Universal Pictures

Premiere: 6. April 1936 (USA)

 

Ein unbekannter Planet rast mit Kollisionskurs auf die Erde zu. Seine Schwerkraft entfesselt verheerende Stürme und Naturkatastrophen, und überall bricht Panik aus. In einem der Stürme nimmt ein Flugzeug schweren Schaden und stürzt ab, sodass alle Passagiere mit Fallschirmen abspringen müssen. Unter ihnen sind der fesche Polospieler Flash Gordon und die junge Blondine Dale Arden. Beide teilen sich einen Fallschirm und landen in einem Waldstück in der Nähe des Domizils von Dr. Zarkov, einem genialen Wissenschaftler und Bekannten von Flash Gordons Vater, einem berühmten Astronomen. Zarkov erklärt Flash und Dale, dass er mit einem selbstgebauten Raketenschiff aufbrechen will, um die Kollision des unbekannten Planeten mit der Erde abzuwenden. Flash und Dale willigen ein, Zarkov zu be­gleiten. Mit dem Raketenschiff fliegen sie zu dem Planeten und landen dort in einer felsigen, exotischen Landschaft. Kaum aus der Rakete ausgestiegen, werden die Abenteurer von gewaltigen Riesenechsen bedroht; bald darauf er­scheinen Soldaten, die die Erdlinge gefangen nehmen und zu einem Palast auf dem Gipfel eines schroffen Berges bringen.

 

Im Palast residiert der finstere Kaiser Ming, Herrscher des Planeten Mongo und selbsterkannter Eroberer des gesamten Universums. Ming entscheidet, dass er Dale zur Braut nehmen wird, und zwingt Zarkov, ihm in seinem Laboratorium zu dienen. Flash wird in eine Arena geworfen, um gegen drei gefährliche Säbelzahnmenschen kämpfen. Mings Tochter Aura jedoch verliebt sich in Flash und interveniert, um ihn zu retten. Flash und Aura fliehen, verfolgt von Mings Trup­pen, während Flash nur darum besorgt ist, Dale aus Mings Gewalt zu befreien. Es entspinnt sich ein turbulenter Reigen von Gefangennahmen, Kämpfen, Fluchten und Gegenangriffen; Flash, Dale und Zarkov gelangen dabei in die Unter­wasserstadt der „Haimenschen“ und in die schwebende Himmelsstadt der „Falkenmenschen“. Flash gewinnt die Hilfe von Thun, dem Prinzen der „Löwenmenschen“, von Prinz Barin, dem rechtmäßigen Thronfolger Mongos, und von Vul­tan, dem bärbeißigen König der Falkenmenschen. Dr. Zarkov ist es in Mings Laboratorium zwar gelungen, den Kolli­sionskurs Mongos mit der Erde abzulenken. Doch werden Flash, Dale und Zarkov einen Weg finden, sich Mings Angrif­fen zu erwehren und zur Erde zurückzukehren?

 

Die erste Space Opera des Science-Fiction-Kinos

 

Flash Gordon, der blonde Held, der im Weltraum ritterlich sein Mädchen gegen Monster und finstere Schurken vertei­digt und die Erde vor der Eroberung und Zerstörung rettet, ist vielleicht die legendärste Heldengestalt der Science-Fiction. 1934 erstmals als Figur eines Zeitungs-Comicstrips erschienen, produzierten die Universal-Studios bereits zwei Jahre später mit Flash Gordon ein erstes Kinoserial, in dem Larry „Buster“ Crabbe den makellos aussehenden all ameri­can hero der Zukunft mit unerschöpflichem Schwung verkörperte. Das Serial kam beim Publikum so gut an, dass noch zwei Sequels mit Crabbe in der Hauptrolle folgen sollten: Flash Gordon’s Trip to Mars (1938) und Flash Gordon Con­quers the Universe (1940).

Szenenfoto aus dem Kinoserial "Flash Gordon" (USA 1936); Larry Buster Crabbe und Jean Rogers
Buster Crabbe und Jean Rogers als Flash Gordon und Dale Arden

Für das Science-Fiction-Kino markiert Flash Gordon die Geburtsstunde der Space Opera. Zuvor war noch nie ein actionreiches Welt­raumabenteuer à la Edgar Rice Burroughs oder E. E. „Doc“ Smith für das Kino realisiert wor­den. Zwar war bereits zwei Jahre früher der Acht-Minuten-Kurzfilm Buck Rogers in the 25th Century: An Interplanetary Battle with the Tiger Men of Mars (1934) entstanden, der sogar schon eine Schlacht zwischen Raum­schiffen zeigte, doch war dieses extrem stümperhaft gemachte Filmchen nie im Kino, sondern nur als Werbefilm für das Merchandising zum Buck-Rogers-Comicstrip auf der Chicagoer Weltaus­stellung 1933/34 und im De­partment Store des Na­tional Newspaper Ser­vice Syndicate in New York gezeigt worden. Daher erreichte es nur ein begrenztes Pub­likum und übte keinen Einfluss auf das Scien­ce-Fiction-Kino aus. Flash Gordon versetzte die Zuschauer zum ersten Mal in eine wirklich fan­tastisch-futuristische Welt, entrückt auf einen exo­tischen Planeten, wo die Hauptfigur wie der Märchenheld im Zauberland das Böse besiegen und sich das Glück er­kämpfen muss. Jahrzehnte später inspirierten die Flash-Gordon-Serials durch ihre Ausstrahlungen im Fern­sehen George Lucas (geb. 1944) zu sei­nem phänomenalen Weltraumaben­teuer Krieg der Sterne (1977). Lucas hatte ursprünglich sogar geplant, mit seinem Film ein Remake der Flash-Gordon-Serials zu drehen, hatte diese Idee aber verwerfen müssen, weil es ihm nicht gelungen war, die Filmrechte an dem Stoff zu erwerben. Flash Gordon hat somit einen unmittelbaren Einfluss auf die Wiederbelebung der märchenhaf­ten Space Opera – oder auch Space Fan­tasy – im Kino der Siebzigerjahre ausgeübt.

 

Am meisten aber fasziniert an den alten Flash-Gordon-Serials, wie überaus lebendig und unterhaltsam sie auch heute noch sind. Sie sprühen vor Dreißigerjahre-Charme, und ihre turbulente Action, ihr unverfälschter Sinn für das Abenteu­er, ihre unbekümmerten Einfälle und ihre entwaffnend naive Erzählweise machen auch heute noch ungeheu­ren Spaß.

 

Flash Gordon wurde vom virtuosen Illustrator und Comiczeichner Alex Raymond (1909–1956) erfunden, der von King Features Syndicate den Auftrag erhalten hatte, einen Comicstrip zu schaffen, der dem von Natio­nal Newspaper he­rausgegebenen Strip Buck Rogers in the 25th Century die Stirn bieten sollte. Buck Rogers erschien seit Januar 1929, war außerordentlich erfolgreich und gilt als der erste „ernsthafte“, sich von den früheren funnies abhebende Science-Fiction-Zeitungsstrip in der Geschichte der Comics. Indem Buck Rogers die Motive und futuristischen Gadgets der literarischen Space Operas zur Essenz seiner Erzählung machte – tatsächlich war die Titel­figur selbst ursprünglich der Held eines Science-Fiction-Romans von Philip Nowlan mit dem Titel Armageddon A.D. 2419 gewesen, der 1928 in Hugo Gernsbacks Amazing Stories erschienen war –, brachte der Comicstrip die Space Ope­ra einem breiten Massenpubli­kum nahe und trug damit erheblich zur Popularisierung des Genres bei. Alex Raymonds Flash Gordon hatte sich zwar am Vorbild von Buck Rogers orientiert, stellte im Ergebnis jedoch eine durchaus originel­le Kreation dar. Die Zeichnun­gen waren erheblich eleganter und ausgefeilter, was nicht zuletzt dadurch ermöglicht wurde, dass Flash Gordon an­ders als Buck Rogers nicht täglich, sondern wöchentlich erschien. Außerdem war die in­haltliche Formel anders: Ray­mond verließ sich nicht allein auf futuristische Gadgets, sondern mischte einen erhebli­chen Anteil Fantasy aus Mär­chen, Sagen, Legenden und Heldenepen hinzu.

 

Der Flash Gordon-Comicstrip wurde ein überwältigender Erfolg, sodass er bereits 1935 für ein Radioserial adaptiert wurde. Ein Jahr später folgte schließlich das Kinoserial. Angeschoben von einer massiven Werbekampagne in Plakaten, ganzseitigen Zeitungsanzeigen, Illustriertenartikeln und enthusiastischen Kritiken in der Variety oder der Times, lockte Flash Gordon Millionen in die Kinos und entpuppte sich als sensationeller Kassenschlager. Heute wird Flash Gordon zu Recht als das beste und unterhaltsamste aller Science-Fiction-Serials angesehen.

 

Kinoserials waren die Comicstrips des Kinos und Vorläufer der TV-Serien, von denen sie in der ersten Hälfte der Fünfzi­gerjahre abgelöst wurden. Die ersten Serials waren bereits in den frühen Zehnerjahren entstanden. Von Beginn an po­pulär, erlebten die Serials im Hollywood der Dreißiger- und Vierzigerjahre ihre große Blütezeit. Sie erzählten temporei­che Abenteuergeschichten voller unglaublicher Wendungen, die oft aus Comics und Pulp-Magazinen übernommen oder abgeleitet wurden. Sie griffen alle möglichen Genres auf – vor allem Western, aber auch Superhelden, Dschungel­abenteuer, Spionagegeschichten und Krimis – und mischten diese oft auch unbekümmert miteinander. Elemente aus der Science-Fiction waren häufige Zugaben, zumeist in Form von fantastischen technischen Gadgets wie beispielswei­se wundersame Strahlenwaffen, die das Publikum verblüffen und die Handlung vorantreiben sollten. Eigenständige Science-Fiction-Serials im engeren Sinne, die nicht von anderen Genres abhingen, waren hingegen selten. Die Serials umfassten in der Regel 12 bis 15 Episoden von jeweils 15 bis 20 Minuten Länge und liefen im Kino zusammen mit Car­toons und Wochenschauen als wöchentliches Vorprogramm vor den Hauptfilmen. Mit ihren „Cliffhangern“, bei denen am Ende jeder Episode der Held oder die Heldin in einer aussichtslos erscheinenden, lebensbedrohlichen Gefahr schwebte, schürten sie den Wunsch des Publikums, keinesfalls die Fortsetzung zu verpassen und in der Folgewoche wieder ins Kino zu gehen. Mit ihrer einfachen, actionreichen Erzählweise und klaren Kennzeichnungen von Gut und Böse machten die Serials vor allem auf Kinder und Jugendliche gehörigen Eindruck. Die sich um Maskie­rungen, Faust­kämpfe und Verfolgungsjagden drehenden temporeichen Geschichten waren simpel, schreiend naiv und oft redun­dant, und die Ausstattung und filmische Machart war ausgesprochen billig. Regelmäßig wurden Sets, Kostü­me, stock footages und Szenen aus größeren Filmproduktionen wiederverwendet, und der Produktionsstab und die Darsteller rekrutierten sich nicht aus Stars, sondern aus der preiswerten Riege unauffälliger Studioangestellter.

Szenenfoto aus dem Kinoserial "Flash Gordon" (USA 1936); Charles Middleton als Ming the Merciless
Charles Middleton in der Rolle des Kaiser Ming ist bislang unerreicht

Universals Flash Gordon hebt sich in vielen Hinsichten von diesem kargen Durchschnitt ab. Mit etwa 350.000 Dollar betrug das Budget für Flash Gordon gut das Drei­fache von dem, was gewöhnlich für Serials ausgegeben wurde, aber immer noch ein Bruchteil der Budgets für große, starbesetzte A-Filme. Das Geld wurde vor allem in ansprechende Sets, die Ausstattung und in die Spezial­effekte investiert. Der riesige, mit einer ausladenden Freitreppe und meterhohen Wandvorhängen versehene Thronsaal von Kaiser Ming samt muschelförmigem Thron atmet majestätische Grandesse, das ägyptisch aussehen­de Heiligtum, in dem Ming Dale heiraten will, wirkt exo­tisch-düster, während die schroffen Katakomben unter Mings Palast, der glatt und leer wirkende Palast von Kö­nig Kala, der pom­pös bemalte Palast von König Vultan oder Vultans feurige Radiumöfen für visuelle Abwechslung sorgen. Die Kulis­sen sind in der Regel nur spärlich ausstaf­fiert und dabei auf die Elemente beschränkt, die für die Handlung unmittelbar wichtig sind, und entsprechen damit perfekt dem reduzierten Stil der damaligen Comics. Eine Ausnahme bildet Mings Labor, eine wundervolle Orgie von knisternden und blitzenden Elektroden, Spulen, Leuchten und Apparaten; inmitten dieses Chaosʼ macht sich Dr. Zarkov unermüdlich an Schaltern, Drehventilen und Skalen zu schaffen. Ein ande­res Highlight ist das Bühnenbild für König Vul­tans Radiumöfen, deren Brennkammern jedesmal hell leuchtend aufzi­schen, wenn die Arbeiter, halbnackt und schwer schwitzend, eine Schippe Radium hineinschaufeln. Die dort von einem Aufseher zu unklarem Zweck be­tätigte große Zeigeruhr an der Wand kann ihr Vorbild aus den Maschi­nensälen aus Fritz Langs Metropolis (1927) nicht verheh­len.

 

Einige Bühnenbilder wie die steinerne große Wendeltreppe in Mings Palast oder das ägyptische Heiligtum wurden aus anderen Universal-Filmen wie Die Mumie (1932) und Frankensteins Braut (1935) wiederverwendet; außerdem bediente man sich reichlich in den Ausstattungs- und Kostümbeständen des Studios, die zuvor für Historienschinken verwendet worden waren. Eine Reihe von Modellen und Props, die im Science-Fiction-Musical Just Imagine (1930) eingesetzt wor­den waren, kaufte man bei 20th Century Fox ein – darunter Flash Gordons berühmtes Raketenschiff. Aus Just Imagine stammt auch die im Serial oft wiederholte Szene, in der sich Dutzende junger Tänzerinnen um ein vier­armiges, mon­ströses Götzenbild räkeln.

 

Einen extrem primitiven Eindruck machen die Spezialeffekte. Die kleinen, kurvigen Art déco-Raketenmodelle, die, an Drähten aufgehängt, wackelig über die felsige Modellbau-Landschaft von Mongo schwirren und dabei puffen, kra­chen, summen und qualmend Funken sprühen, wirken drollig und rührend unbeholfen. Für die Riesenechsen von Mon­go halten Großaufnahmen von Leguanen her, Energiestrahlen wurden einfach direkt auf den Film gekratzt, und der “melting ray”, der vom Dach von Vultans Palast auf Prinz Barins Raketenschiff abgeschossen wird, ist ein simpler Scheinwerfer. Jedoch, und das ist das Entscheidende: Das beschränkte Budget hielt das Filmteam nicht davon ab, all diese futuris­tischen Ideen trotzdem und zur Freude des Publikums umzusetzen. Die simplen Trickszenen entführten die Kinozu­schauer das erste Mal in eine abenteuerliche, spannende Welt der Wunder fern der Erde. Die hochfliegen­den, fabel­haften Fantasien, die Flash Gordon entfaltet, sind – zumindest für den Science-Fiction-Fan – kraftvoll genug, um die Unzulänglichkeit der Tricks vergessen zu machen. Wunderbare, die Imagination befeuernde Ideen wurden hier Wirk­lichkeit: etwa „Atlantis“, die Unterwasserstadt der „Haimenschen“, die Ming mit den mystischen Energiequellen seines Labors zur Wasseroberfläche emporsteigen lässt, oder die in den Wolken schwebende Stadt der „Falkenmen­schen“, deren Radiumöfen ständig befeuert werden müssen, um die Stadt mittels eines „Anti-Gravitations-Strahls“ im Himmel zu halten. Sogar Feuergefechte zwischen den Raketenschiffen Mings und den wie baumelnde Brummkreisel aussehen­den UFOs der Löwenmenschen werden geboten. Sie sind unbeholfen umgesetzt, und doch sind sie das Ur­bild aller ungezählten späteren dog fights, die sich Raumschiffe im Fernsehen oder auf der Kinoleinwand liefern sollten – von den frühen TV-Serien à la Rocky Jones, Space Ranger (1954) über Krieg der Sterne (1977) und Kampfstern Galac-tica (1978) bis hin zu jüngsten Space Operas des modernen Blockbuster-Kinos.

Szenenfoto aus dem Kinoserial "Flash Gordon" (USA 1936); ein Raketenschiff
Eines von Mings Raketenschiffen, das Flash Gordon für sich gekapert hat

Als Glücksfall für Flash Gordon stellte sich die Besetzung heraus, die mit Energie und stets durchgehaltenem Ernst agiert und erheblich für die Qualität des Serials verant­wortlich ist. Der athletische, blendend aussehende Larry „Buster“ Crabbe (1908–1983) ist die perfekte, schneidige Inkarnation Flash Gordons – und das, obwohl er ur­sprünglich gar nicht erpicht auf die Rolle gewesen war und es ihm missfiel, dass er sich für sie die Haare hell­blond färben lassen musste. Crabbe war ein überaus erfolgreicher Schwimmsportler mit 16 nationalen und internationalen Rekorden; bei den Olympischen Spielen 1932 in Los Angeles gewann er die Goldmedaille im 400-Meter-Freistilschwimmen. Während er eine Ausbildung zum Anwalt absolvierte, versuchte sich Crabbe neben­her in kleineren Filmauftritten. Die Goldmedaille führte dazu, dass Paramount auf Crabbe aufmerksam wurde und ihn für die Hauptrolle in Abenteuer in zwei Erdteilen (King of the Jungle, 1933) anheuerte – einem Rip-Off zu MGMs Tarzan, der Affenmensch (1932), in dem mit Johnny Weissmüller ebenfalls ein Schwimmsportler und Goldmedaillengewinner die Hauptrolle besetzte. Kurz darauf verkörperte Crabbe im Kinoserial Tarzan the Fearless (1933) selbst den berühmtes­ten aller Dschungelhelden, bis er mit Flash Gordon die Rolle seines Lebens erhielt. Drei Jahre später stellte er im Uni­versal-Serial Buck Rogers (1939) schließlich auch den konkurrierenden Weltraumhelden dar, der dort freilich eher wie eine Flash-Gordon-Kopie wirkte.

 

Charles Middleton (1874–1949) verkörpert den glatzköpfigen, bärtigen Erzschurken “Ming the Merciless”, eine Karikatur des asiatischen Despoten à la Dschingis Khan, in schlichtem Ornat, das aussieht wie ein langer Bademantel mit riesi­gem Stehkragen. Middletons grelle Darbietung von Mings herrischem Gestus und verschlagener Niedertracht ist wun­dervoll übertrieben und zweifellos ein, wenn nicht das Highlight des Serials. Mit messerscharfer Aussprache, grollen­dem, bisweilen singendem Timbre und einer schweren Betonung, die die Satzmelodie wie mit Glockenschlägen unter­streicht, deklamiert er seine Befehle wie “Flash Gordon will be doomed!” oder “Flash Gordon and Dale Arden have to be captured at once!” Seine Hände sind immer präsent. Middleton hebt bebend die zur beschwörenden Kralle ver­krampfte Hand empor oder ballt drohend die Faust; ersinnt er eine neue Falle, reibt er sich wie ein diebisch ver­schmitztes Kind die Hände. In der Szene, in der er sich als ekelhafter Lüstling der jungfräulichen Dale Arden nähert, reckt er ihr seine langen Finger entgegen wie Spinnenbeine.

 

Die bildschöne Jean Rogers (1916–1991) brilliert als vollkommene Verkörperung des jungen, energischen all american girl Dale Arden. Sie spielt ihre Rolle mit lebhaftem Temperament und zauberhafter Unschuld und hat hier deutlich mehr zu tun und aktiven Anteil am Geschehen als in den beiden folgenden Serials – auch wenn es kaum eine Folge gibt, in der sie nicht einmal auch in Ohnmacht zu fallen hatte. Priscilla Lawson (1914–1958) als Mings Tochter Aura ist ihr eine an verführerischem Reiz, Temperament und Aktivität ebenbürtige Gegenspielerin, trotz grotesk verlängerter, auf­gemalter Augenbrauen, die ihr einen asiatischeren Touch geben sollten. Sowohl Rogers als auch Lawson sind überaus sexy und verschwenderisch mit ihren Reizen. Wie alle übrigen Frauen von Mings Hofstaat sind sie außerordentlich knapp bekleidet, was sich bedauerlicherweise in den folgenden Flash-Gordon-Serials ändern sollte. „Es gab nicht sehr viel Nacktheit damals“, bemerkte Jean Rogers dazu einmal in einem Interview, das sie 1979 Jim Sulski gab, „und ich muss sagen, dass mein Kostüm ein wenig knapp im ersten Serial gewesen war. Ich denke nicht, dass das Hayes Office (die Zensurstelle) viel Aufmerksamkeit darauf gerichtet hatte, was in den Serials los war“.

 

Frank Shannon (1874–1959) spielt Dr. Zarkov, den heroischen Wissenschaftler und treuherzigen Buddy Flashs, mit nai­ver Attitüde und einer etwas seltsam anmutenden Schwerfälligkeit und Abwesenheit, die ihn tatsächlich nicht ganz von dieser Welt erscheinen lässt. Sympathisch sind Richard Alexander (1902–1989), der als stattlicher, aber sanfter Prinz Barin Flash heldenhaft zur Seite steht, und Jack Lipson (1901–1947), der als lärmender Grobian Vultan, der König der Vogelmenschen, über das Unglück der verdutzten Dale Arden einen verrückten Lachanfall nach dem anderen hat und damit ein höchst unterhaltsames Zerrbild göttlichen Hohngelächters abgibt.

Szenenfoto aus dem Kinoserial "Flash Gordon" (USA 1936); Jack Lipson als König Vultan
Jack Lipson in vollem Ornat als Vultan, König der Vogelmenschen

Die Story des ersten Flash-Gordon-Serials hält sich sehr eng an Alex Raymonds Comicstrip und erfreut den Zu­schauer mit hohem Tempo, atemloser Action, jeder Men­ge spannender Einfälle und einer Vielzahl unerwarteter Wendungen. Mögen auch viele Situationen stereotypisch für die Kinoserials sein, ist die Kombination und Anreiche­rung in Flash Gordon doch herausragend gelungen. Im ständigen Katz-und-Maus-Spiel sorgt allein schon die Vielzahl der Gegenspieler und Verbündeten Flashs – wo­bei Gegner wie Thun, Vultan oder Aura sich im Handum­dre­hen zu Verbündeten wandeln konnten – sowie die vielen, visuell interessanten Schauplätze für ständige Ab­wechs­lung und Spannung. Manche Kniffe wirken freilich wie aus dem Hut gezaubert – vor allem der Moment im zwei­ten Kapitel, in dem Dr. Zarkov beiläufig erwähnt, dass er in Mings Labor den Kollisionskurs Mongos mit der Erde abgelenkt habe. Das war ein Handlungsfaden, der in­zwischen niemanden mehr interessierte und der daher flugs abgeschnitten wurde. Dennoch ist das erste Flash-Gor­don-Serial im Vergleich zu den beiden folgenden Serials am unterhaltsamsten geschrieben.

 

Potpourri der Mythologien

 

Die Welt von Flash Gordon entfaltet einen faszinierenden Mischmasch von Anachronismen und verschiedenen Mytho­logien. Schlösser, Thronsäle, Krieger in Rüstungen, Drachen, Speere und Schwerter, all die Elemente und Bilder der tra­ditionellen Fantasy, sind unbekümmert mit Raumschiffen, Strahlenwaffen und technischen Gadgets vermischt. Ming ist die stereotype Inkarnation der „Gelben Gefahr“, der asiatischen Bedrohung, die mit ihren unguten rassistischen Unter­tönen in der Vorstellungswelt Europas und Nordamerikas bereits seit Ende des 19. Jahrhunderts herumspukte und in zahllosen Hollywoodfilmen der Dreißigerjahre, in chinesischen Schurkengestalten wie Fu Man Chu oder Mr. Wong, ihren Niederschlag fand. Mings Truppen hingegen sind, dem verfügbaren Kostümfundus entsprechend, wie römische Legionäre ausstaffiert, während die pompöse Verkleidung König Vultans, komplett mit mächtigen Vogelschwingen, mittelalterlichem Brustharnisch und schweren Stiefeln, der germanisch-nationaldeutschen Mythologie Wagnerscher Prägung entspricht (Fritz Langs Hagen von Tronje nicht unähnlich), freilich auch hier wieder nur als grelles Abbild, als ihre comichafte Sublimation.

 

Am deutlichsten aber ist die germanische Mythologie in der Figur des Flash Gordon selbst gespiegelt, die schon oft und völlig zu Recht als amerikanische Version von Fritz Langs Siegfried interpretiert wurde. Mit Siegfried und der in ihm transzendierten Heldengestalt der frühmittelalterlichen Sagenwelt teilt Flash den Löwenmut, die unbeugsame Aufrichtigkeit und unbedingte Hingabe zu seiner Kriemhild, Dale Arden; als Amerikaner kämpft Flash indessen nicht für einen Nibelungenhort, mithin für die eigene politische Macht, sondern selbstlos für die Rettung der freien Welt, die Rettung seiner Prinzessin und gegen das Böse überhaupt. Ein wesentliches Merkmal Flashs ist die starke Betoung sei­ner Körperlichkeit. Nacktbeinig und oft auch mit nacktem Oberkörper, nimmt Flash die lange Reihe mythischer Natur­burschen von Gilgamesch über Herkules und Odysseus bis hin zu Siegfried in sich auf. Stets ist er im Lauf, jede seiner Bewegung strotzt vor Kraft und ist action. Seine bevorzugten Waffen sind die bloßen Hände, mit denen er wie seine mythischen Vorgänger Großkatzen, Bären und andere Monster wie „Orangopoids“ – große, einhörnige Menschenaffen – niederringt, während er gegen menschliche Gegner die Fäuste sprechen lässt.

Szenenfoto aus dem Kinoserial "Flash Gordon" (USA 1936); Larry Buster Crabbe, Jean Rogers, Frank Shannon und Richard Alexander
Flash, Dale, Dr. Zarkov und Prinz Barin im Labor von König Vultan

Nacktbeinig und quasi „geerdet“ sind bis auf Ming auch alle anderen Figuren, sogar der Wissenschaftler Zarkov; sie wiederholen damit das mythisch-heroische Paradig­ma und perpetuieren das sagenhafte Odium der Welt von Mongo, das ansonsten durch Märchenmotive wie die in den Wolken schwebende Stadt oder die Personi­fizierung von Naturkräften – in Löwenmenschen, Falken­menschen, Haimenschen usw. – zum Ausdruck gelangt.

Die Körperbetonung findet natürlich auch in der knap­pen Bekleidung der verführerischen Frauen ihren Nie­derschlag, doch hat diese keineswegs nur den Zweck, die Schaulust des männlichen Publikums zu befriedigen. Vielmehr ist die erotische Dynamik zwischen Flash, Dale, Prinzessin Aura, Ming und Prinz Barin die wesentliche Triebfeder, die die Handlung vorantreibt. Der Sex ist das zentrale Movens im ersten Flash Gordon-Serial, und es ist bedauerlich, dass in den beiden folgenden Serials das eroti­sche Thema fast völlig fallen gelassen wurde. Flash Gordon und Dale Arden gehorchen in ihrer Beziehung einer purita­nischen Moralität, die allerdings durch die bedingungslose Zuneigung der beiden zueinander etwas ungemein Anrüh­rendes an sich hat. Prinzessin Aura, in der sich der Mythos orientalischer Sinnlichkeit manifestiert, stellt für Flash Gor­don eine sirenische Lockung dar; sie will ihn für sich gewinnen und bedroht damit Dales Ansprüche, während Dale selbst, die weiße Jungfrau, vom lüsternen asiatischen Schurken Ming bedroht wird, der Dale zwingen will, ihn zu heira­ten. Ming und Aura gefährden Flash und Dales puritanische Reinheit, und die Handlung dreht sich vor allem um den Kampf, den Flash gegen diese Bedrohung führen muss. Dabei sind die psychologischen Dimensionen dieses Kampfes wie im Märchen vollständig in konkrete, äußerliche action und Symbole übersetzt – etwa, wenn Aura Flash regelrecht vor Dale versteckt (unter Vorwänden lockt sie ihn in ein Raketenschiff und sperrt ihn dort ein) oder wenn sie seine Treue nicht kraft ihrer Verführung, sondern mittels eines Vergessenheitstrunks bricht und auf diese Weise den Helden seiner rechtmäßigen Braut entfernt.

 

So wird der Kampf zwar gefochten, mit Fäusten, Schwertern, Strahlenwaffen und Zaubertränken, das Ideal indes wankt niemals. Flash und Dale sind in ihrer monogamen Treue unerschütterlich und bleiben gegen alle erotischen An­griffe, die in Ming und Aura symbolisiert sind, letzten Endes völlig immun. Flashs erotisches Interesse ist von Beginn an auf Dale festgelegt, um die er sich beständig sorgt, die er beständig retten muss, die er als einzige küsst – übrigens nur zweimal, in Kapitel 9 und Kapitel 13, und nur in diesem ersten Serial – und die er auch einzig zu heiraten gewillt ist. Das Paar wird damit für ein Publikum, das die romantische Vorstellung der vollkommenen Liebe und der schicksalhaf­ten Bestimmung der Liebenden füreinander affirmiert, zum geradezu anbetungswürdigen Ideal.

 

In Flash Gordons Typologie findet sich neben märchenhaften und klassisch-mythischen Quellen auch der zupackende, individualistische und freiheitsliebende Held des Westerns wieder – mit ihm wird zum ersten Mal im Kino der Frontier-Mythos ins All verlegt. Dass Flash Gordon entsprechend seiner Science-Fiction-Urbilder in den Pulps und Comics die neuen Spielzeuge der Technologie bejahte, statt sie als Bedrohung zu empfinden, dass er sie zu seinen Instrumenten machte und mit ihnen die Zukunft gestaltete, ist für das Genre im Kino ein entscheidender Einschnitt gewesen. Georg Seeßlen schrieb treffend dazu:

 

Das heißt, die „Flash Gordon“-Filme schafften, was die anderen Science-fiction-Filme (vor allem die feature films) gar nicht ver-sucht hatten, die viel mehr auf die europäischen, expressionistischen Traditionen des phantastischen Films fixiert blieben [ . . . ], nämlich die Versöhnung des amerikanischen Nationalhelden mit dem Genre, mit der Technik. Erst indem sie sich mit den morali­schen und mythischen Zutaten des Western versetzte, konnte die Science-fiction zu einem wirklich amerikanischen Film-Genre werden. (Kino des Utopischen, S. 134)

Szenenfoto aus dem Kinoserial "Flash Gordon" (USA 1936); ein Raketenschiff auf Mongo
Dr. Zarkovs Raketenschiff hebt zischend und qualmend wieder ab, als es sich auf die Heimreise zur Erde begibt

Damit war Flash Gordon noch weit von der Technologie­versessenheit Gernsbackscher Hard-SF entfernt. Ande­rerseits ist gerade das ein Teil seiner Faszination; Flash Gordons Einbettung im Mythischen und Märchenhaften macht zu einem erheblichen Teil seinen eigentümlichen, charmanten Reiz aus. Ein ebenso reizvolles Merkmal ist natürlich der immense Spaß, den das Serial noch immer bereitet. Das Serial ist durch und durch als leichtfüßige Unterhaltung konzipiert, und wenn es auch, der Erwar­tungshaltung der damaligen Zeit entsprechend, stets mit vordergründiger Ernsthaftigkeit gespielt ist, nimmt es sich nie wirklich ernst. Die voller theatralischem Pa­thos deklamierten Comicstrip-Dialoge, die wilden Faust­kämpfe mit Säbelzahnmenschen, Drachen oder einhör­nigen Menschenaffen oder das unvergessliche Bild vom höhnenden König Vultan, der die schmollende Dale Arden mit kindischen Schattenspielchen aufzumuntern versucht – in alledem beweist das Serial einen entwaffnenden Sinn für Humor. Nur ein Beispiel für den infantilen Zauber, den Flash Gordon noch immer ausübt, wird vom Science-Fiction-Autor John Scalzi berichtet:

 

Meine fünfjährige Tochter, die an Computereffekte gewöhnt ist, die Flash Gordon beschämen würden, kam hinzu, während ich [das Serial] sah, und sie wurde nicht nur davon gefesselt, sondern wollte noch mehr davon sehen. Ihr Urteil: „Ich fand es so toll, ich hatte nicht mal darauf geachtet, dass es schwarzweiß war.“ (The Rough Guide to Sci-Fi Movies, S. 86)

 

Flash Gordon gilt unter Science-Fiction-Enthusiasten zu Recht als das spektakulärste und einflussreichste aller Science-Fiction-Serials und ist damit Pflichtprogramm für jeden, der sich für die historische Entwicklung des Science-Fiction-Genres im Kino interessiert. In den beiden folgenden Serials Flash Gordon’s Trip to Mars (1938) und Flash Gordon Con­quers the Universe (1940) gingen leider die unschuldige Naivität und suggestive Unmittelbarkeit der mythischen und erotischen Themen ein Stück weit verloren, obgleich auch diese beiden Serials noch immer großen Unterhaltungswert haben. Flash Gordons Mythos selbst erwies sich als durchschlagend und dauerhaft. Neben seinem Fortbestehen in Comics und Romanen sind bis heute zwei TV-Serien (1954 und 2007), zwei animierte TV-Serien, die Softporno-Parodie Flesh Gordon (1972), ihr belangloses Sequel Flesh Gordon Meets the Cosmic Cheerleaders (1991) und vor allem Dino de Laurentiis grelles Kino-Remake Flash Gordon (1980) entstanden, das jedoch aufgrund seiner allzu satirischen Machart bei den Fans auf ein geteiltes Echo stieß.

 

Vielleicht lässt sich die naive Unschuld der Dreißigerjahre, die das originale Flash Gordon-Serial atmet, wirklich nicht mehr wiederholen – ein Unterfangen, an dem zuletzt auch Peter Jackson mit seinem Remake von King Kong (2005) grandios gescheitert ist. Nichtsdestotrotz wäre ein erneuter Versuch eines würdigen Remakes dieses Urge­steins der Pulp-SF aller Ehren wert und sehr willkommen. Jüngst hat der Produzent und Regisseur Matthew Vaughn (geb. 1971) zwar angekündigt, einen Flash-Gordon-Kinofilm für 20th Century Fox zu planen, doch Cineasten wissen, wieviel von solchen Vorab-Gerüchten zu halten ist, bis der Film nicht wirklich in die Produktion gegangen ist. Ob Flash Gordon in absehbarer Zeit also wieder die Kinoleinwände entern wird, bleibt somit abzuwarten.

 

 

© Michael Haul

Veröffentlicht auf Astron Alpha am 17. März 2017

Szenenfotos © Universal Pictures