Die Körperfresser kommen

Bluray-Cover zu dem Film "Die Körperfresser kommen" (Invasion of the Body Snatchers, USA 1978) von Philip Kaufman

Invasion of the Body Snatchers (USA 1978)

 

Regie: Philip Kaufman

Drehbuch: W. D. Richter, nach dem Roman The Body Snatchers (1954) von Jack Finney

Kamera: Michael Chapman. Schnitt: Douglas Stewart. Musik: Denny Zeitlin. Darsteller: Donald Sutherland (Matthew Bennell), Brooke Adams (Elizabeth Driscoll), Jeff Goldblum (Jack Bellicec), Veronica Cartwright (Nancy Belli­cec), Leonard Nimoy (Dr. David Kibner), Art Hindle (Dr. Geoffrey Howell), Lelia Goldoni (Katherine Hendley), Kevin McCarthy (Mann auf der Straße), Don Siegel (Taxifahrer) u. a.

Produzent: Robert H. Solo

Companies: Solofilm; United Artists (Verleih)

Laufzeit: 115 Minuten; Farbe

Premiere: 22. Dezember 1978 (USA); 26. Januar 1979 (Deutschland)

 

Sporen von einem fremden Planeten durchqueren die interstellare Weite und fallen auf San Francisco nieder. Überall in der Stadt erblühen fremdartige Blumen. Die für das Gesundheitsamt arbeitende Laborassistentin Elizabeth Driscoll nimmt eine dieser Blumen mit nach Hause und stellt sie auf den Nacht­tisch neben dem Bett von ihrem Freund Geoff­rey Howell. Am nächsten Tag zeigt Geoffrey ein verstörendes Verhalten – plötzlich ist er seiner Freun­din gegen­über gefühlskalt und distanziert, ver­gisst seine bisherigen Interessen und trifft sich mit Leuten, die Elizabeth völlig unbe­kannt sind.

 

Elizabeth erzählt ihrem Kollegen Matt­hew Bennell von Geoffreys unheimlicher Verwandlung. Matthew, der sich zu Eli­zabeth hingezogen fühlt, sieht ihre Ge­schichte skeptisch und vermutet eher ein gewöhnliches Beziehungs­problem zwischen ihr und Geoffrey. Er bringt sie zu seinem Freund Dr. Kibner, einem populären Psychoanalytiker, der Elizabeth prompt erläutert, dass es ihre „innere Entfremdung“ sei, die zu einer verzerrten Wahrnehmung ihrer Mit­men­schen ge­führt habe. Kibner erklärt aber auch, dass erstaunlicherweise immer mehr Menschen zu ihm gekommen sind und be­haupteten, dass ihre engsten Freunde und Verwandte nicht mehr sie selbst seien – das Ganze sei inzwischen fast wie eine Epidemie in der Stadt.

 

Bennell ist von Elizabeths Geschich­te erst überzeugt, als er von seinen Freun­den Jack und Nancy Bellicec zu Hilfe geru­fen wird. Die Bellicecs betreiben ein Schlammbad, in dem das Paar auf einer Massageliege plötzlich einen leblosen, von dünnen Fäden überzogenen mensch­lichen Körper auffinden, der entfernt Jack ähnelt. Nancy schwört, dass der Körper in demselben Moment die Augen geöffnet habe, als Jack kurz eingenickt war. Als Matthew die Polizei herbei­holt, ist der Körper plötzlich ver­schwunden. Nach und nach beob­ach­ten Matthew und seine Freun­de immer mehr selt­sam veränderte Menschen in der Stadt, die sich eigenartig konspirativ verhalten, und es wird immer unklarer, wem sie noch vertrauen können. Sie erkennen, dass ihre Mitmenschen von „Pods“, seelenlosen Körperkopien, ersetzt worden sind, die aus den außerirdischen Blumen gewachsen sind. Die Blumen bilden Schoten, in denen föten­artige Körper he­ranreifen. Diese nehmen das Aussehen jener Menschen an, die mit den Ranken der Pflanze in Berührung gekommen sind und in ihrer Nähe einschla­fen. Die origi­nalen Körper zerfallen bei dem Prozess zu Staub. Die böse Erkenntnis scheint jedoch keine Hilfe mehr zu sein, denn schon bald werden Matthew, Elizabeth und die Bellicecs von den „Pods“, die längst die gan­ze Stadt über­nommen haben, gnadenlos gejagt . . .

 

Ein spannender Science-Fiction-Schocker

 

Mit Die Körperfresser kommen insze­nier­te der amerikanische Regisseur Phi­lip Kaufman (geb. 1936) eine packende Neu­verfilmung des Science-Fiction-Klassikers Die Dämonischen (1956) von Don Siegel, die von der Filmkritik seit jeher zu den gelungensten Remakes in der Geschichte des Science-Fiction-Kinos gezählt wird. Der Originalfilm Die Dämoni­schen ist trotz seiner ab­surden Prämisse einer der besten Paranoiastreifen des Genres, der sich vielfältig interpretieren lässt: Er wurde so­wohl auf die Angst vor kommunistischer Unterwanderung als auch auf die stickige, politisch wie ge­sell­schaftlich for­cierte Konformität der McCarthy-Ära bezogen. Der Film reflektierte die tatsächliche Paranoia, die in sei­ner Entste­hungszeit herrschte, während sein generelles Thema – die Angst vor dem Verlust der Individualität – ihm bis heute eine gewisse Aktualität bewahrt hat.

Szenenfoto aus dem Film "Die Körperfresser kommen" (Invasion of the Body Snatchers, USA 1978) von Philip Kaufman; Leonard Nimoy, Donald Sutherland und Jeff Goldblum
Dr. Kibner (Leonard Nimoy), Matthew Bennell (Donald Sutherland) und Jack Bellicec (Jeff Goldblum)

Philip Kaufman gelingt das Kunststück, den altehrwürdigen Erzählstoff auf neue, originelle Art und Weise auszulo­ten und auf den zeitgeschicht­lichen Horizont der Siebzigerjahre zu beziehen. Er aktualisiert das Paranoia-Thema mit einer neuen Parabel und einer neuen Bildersprache, ohne Don Siegels Original, das in Kaufmans Film ausgiebig zitiert wird, zu verleugnen. Siegels Film war in vielerlei Hinsicht ein überaus typischer Sci-Fi-Streifen der Fünfzigerjahre: gedreht in Schwarzweiß in einem pseudo-dokumentarischen Stil, der zunehmend von den Stilmitteln des Film noir übernommen wird, und thematisch von der damals alles überschattenden Nemesis des Kalten Krieges bestimmt. Das Selbstver­ständnis des weißen, konservativen Amerikas der Fünfziger, das sich in ihm ausdrückt, wird in der Idylle der heimelig-spießigen Kleinstadt von Santa Mira perfekt visualisiert. Seinen Horror bezog der Film aus der Vorstellung, dass sich hinter der sauberen Fassade freundlicher Nachbarschaften abgründige Kräfte verbergen könnten und die ver­traute Welt in Wirklichkeit ein furchtbarer Albtraum ist, in dem leidenschaftliche Gefühle und die Individualität keinen Platz haben. In den Siebzigerjahren stellte sich die amerikanische Gesellschaft hingegen radikal gewandelt dar. Traditionelle Werte wie Ehe und Familie oder das Vertrauen in staatliche Institutionen befanden sich auf dem Rückzug – vor allem in den Großstädten –, und zurück blieben Millionen von Menschen, denen kaum noch etwas als gewiss erschien und die aneinander keinen Halt mehr fanden.

 

So ist der Horror, den Die Körperfresser kommen entwickelt, weitaus subtiler: Kaufmans Film, der klugerweise die Sze­nerie von einer gemütlichen Kleinstadt in die Großstadt von San Francisco verlegt, konfrontiert das Publikum mit einer Parabel auf die urbane Entfremdung, die sich, so scheint es, längst vor der Invasion der außerirdischen Pflanzenscho­ten vollzogen hat. Die Menschen sind einander längst fremd und undurchschaubar geworden, bevor die Sporen aus dem All über der Stadt niedergegangen sind. Auch deshalb ist es Matthew und seinen Freunden fast unmöglich, zwi­schen Mensch und gefühllosem Pod zu unterscheiden. Kaufman und sein Kameramann Michael Chapman (geb. 1935) finden immer wieder originelle Bilder, um die unbehagliche Entfremdung und urbane Kälte zum Ausdruck zu bringen: Menschen, die im Park aneinander vorbeigehen, unbekannten Zielen entgegen; ein älterer, bebrillter Herr, der in heller Panik quer über eine Straße rennt, ohne dass er von irgendwem beachtet wird; ein Bus, hinter dessen Fensterscheiben lauter emotionslose Gesichter hinaus auf die Straße starren; der Autoverkehr in der Stadt, den Matt­hew ständig nur durch die Risse seiner beschädigten Windschutzscheibe wie durch ein zerbrochenes Kaleidoskop wahrnimmt; Men­schen, die um ein Unfallopfer auf der Straße geschart dastehen und ungerührt auf den Toten herabblicken; ein Pries­ter, der aus unerfindlichen Gründen selbstvergessen auf einer quietschenden Kinderschaukel auf einem Spielplatz hin und her schwingt (Robert Duvall in einem kleinen Gastauftritt).

Szenenfoto aus dem Film "Die Körperfresser kommen" (Invasion of the Body Snatchers, USA 1978) von Philip Kaufman; Kevin McCarthy
Erneut warnt ein hysterischer Kevin McCarthy auf der Straße die Menschen: "Sie kommen!"

Auf diese Weise baut der Film eine unbehagliche Atmosphäre der Platzangst und des Realitätsverlusts auf. Zahlreiche Kameraeinstellungen sind auf das Unstete, Ungewisse und Bizarre aus und beobachten selbst alltägliche Details wie beispielsweise ein sich automatisch aufwickelndes Telefonkabel in Großaufnahme, als seien diese aus einer rätselhaf­ten, fremden Welt. Wenn Elizabeth (Brooke Adams) versucht, mit ihrem Freund Geoffrey (Art Hindle) in ihrem von Zimmerpflanzen zugestellten Heim ein Gespräch zu führen, während Geoffrey teilnahmslos vor dem Fernseher sitzt und dem, was sie sagt, kaum Beachtung schenkt, sind beide Protagonisten in einem schönen Nouvelle-Vague-Mo­ment zeitweilig überhaupt nicht im Bild – man hört nur ihre Stimmen –, und die Entfremdung beider ist, so scheint es, längst Realität – und das, noch bevor die Blume, die Elizabeth mit nach Hause gebracht hat, Geoffrey in einen Pod ver­wandelt. Matthew (Donald Sutherland), den wir das erste Mal als verzerrte Fratze durch die Linse eines Türspions se­hen, tritt in seiner ersten Szene als unangenehmer Inspektor des Gesundheitsamtes in der Küche eines französischen Restaurants auf, in dem er vermeintlichen Rattendreck in einem Suppentopf entdeckt; und der linkische Restaurant­besitzer setzt ein breites, unechtes, höchst unangenehmes Grinsen auf. „Ich habe mich in dieser Stadt immer wohl ge­fühlt“, sagt Elizabeth verzweifelt zu Matthew, nachdem sie der Entfremdung gewahr geworden ist – und der Zuschau­er fragt sich, wie das in dieser kalten und unmenschlich wirkenden Umgebung je möglich gewesen sein kann.

 

Unmenschlichkeit begegnet auch dort, wo mitfühlende Hilfe gesucht wird. Als Matthew Elizabeth zu Dr. Kibner (Leo­nard Nimoy) bringt, einem überheblichen Pop-Psychologen, der sich gerade auf einer Lesung seines neuesten Buchs von seinen bedauernswerten Fans bewundern lässt, nimmt er Elizabeth sofort vereinnahmend, ja, nahezu brutal in den Arm und flüstert ihr eine rasche Erklärung von ihren Ängsten ein: Ursache sei ihre eigene innere Entfremdung, die sie auf Geoffrey projiziert habe; im Grunde sehne sie sich nach der Trennung von ihrem Freund. Kibner ist arrogant und her­risch, psychologisiert ohne irgendeine vorangehende Analyse und bringt Elizabeth mit vorgefertigten Antworten zum Schweigen. Matthew gegenüber konstatiert er gleichgültig, dass die zunehmende Entfremdung der Menschen ein Zeichen der Zeit sei, da die Menschen Beziehungen inzwischen für verzichtbar hielten.

 

Je beklemmender die albtraumhafte Stimmung des Films wird, desto unsteter wird die sich ständig bewegende, fieb­rige Kameraführung, die häufig mit ungewöhnlichen Perspektiven und verzerrenden Weitwinkelobjektiven operiert. Schrille, unirdische Sounds mischen sich mit dem frenetischen Score von Denny Zeitlin (geb. 1938), während Matthew, Elizabeth und die Bellicecs verzweifelt versuchen, die Nacht zu überleben und vor den Pods, von denen sie gejagt werden, zu fliehen. Eine Neuerung gegenüber Don Siegels Erstverfilmung sind die höllischen Schreie, die die Pods aus­stoßen, wenn sie einen noch nicht transformierten Menschen entdeckt haben. Zu den schauerlichsten Szenen zählt jene, in der der Pod von Geoffrey in einem der allgegenwärtigen roten Müllabfuhrwagen die grauen, staubigen Fa­ser­bündel entsorgt, die einmal der Körper seines menschlichen Originals gewesen waren, oder jene, in der die konspi­rati­ven Pods sich wie gleichgeschaltete Roboter in einem Korridor der Gesundheitsbehörde zusammenscharen und ziel­strebig nebeneinander her marschieren. Höhepunkte des Horrors bilden die zwei Szenen, in denen die Möglich­keiten der Spezialeffekte voll ausgelebt wurden. In der ersten schläft Matthew in seinem Garten ein, woraufhin um ihn herum aus mehreren Pflanzenschoten zuckende, ekelerregende, fötenartige Körperkopien von ihm selbst und seinen Freun­den schlüpfen – eine perverse Darstellung fleischlicher Geburt. Matthew erwacht noch recht­zeitig genug, um die un­fertigen Pods mit einem Gartengerät blutig zu zerhacken. In der zweiten Szene gegen Ende des Films hält Matthew die scheinbar schlafende Elizabeth in seinen Armen. Sie ist jedoch bereits tot, von einem Pod abgelöst, und ver­schrumpelt plötzlich und zerfällt zu Staub.

Szenenfoto aus dem Film "Die Körperfresser kommen" (Invasion of the Body Snatchers, USA 1978) von Philip Kaufman; ein Pod
Das Wachstum der Körperkopien aus Pflanzenschoten stellt der Film in gelungenen Horrormomenten dar

In vielen Szenen greift Philip Kaufman die Verfilmung von Don Siegel auf. So entführt Bennell wie im Original die schla­fende Elizabeth aus ihrem Haus und versteckt sich später mit ihr an ihrem Arbeitsplatz, wird dort dann aber doch noch von den Pods behelligt. Auch in Kaufmans Film lässt Bennell die geliebte Gefährtin kurz allein und muss dann feststel­len, dass sie in der kurzen Spanne von einem Pod ersetzt worden ist. Allseits bekannt sind die Cameos von Kevin Mc­Carthy (1914–2010) und Don Siegel (1912–1991) in dem Film – McCarthy als immer noch auf der Straße Umherirrenden, der hysterisch Warnungen in die Welt schreit, Don Siegel als Taxi fahrender Pod, der Matthew und Elizabeth an die anderen Pods verrät. Anders als es Don Siegel damals erlaubt war, konnte Kaufman seinem Film ein wesentlich pessi-mistischeres Ende geben: Am Schluss stellt sich heraus, dass es auch Matthew nicht gelungen ist, die albtraumhafte Nacht, in der sich die Handlung vollzieht, zu überleben. An einem tristen, grauen Morgen zeigt sein Pod mit dem Fin­ger auf Nancy Bellicec – und das Publikum – und stößt den charakteristischen Schrei der Außerirdischen aus.

 

Eine besonders originelle Modernisierung haben die Eheleute der Bellicecs erfahren, in denen Drehbuchautor W. D. Richter (geb. 1945) die versponnenen Selbstfindungstrends der Siebziger zu parodieren scheint. Jack (Jeff Goldblum) ist ein erfolgloser und verbitterter Dichter, der Dr. Kibner den Erfolg als Bestsellerautor neidet. Seine Frau Nancy (Veroni­ca Cartwright) kümmert sich mit dem Schlammbad, das sie betreibt, derweil um den Lebensunterhalt, und flüchtet sich gleichzeitig in die in den Siebzigern schwer angesagte Esoterik: Als einer ihrer Kun­den ihr das wissenschaftlich un­haltbare Buch Worlds in Collision (1950) von Immanuel Velikowsky (1895–1979) em­pfiehlt, empfiehlt sie ihm im Gegen­zug den Science-Fiction-Roman Star Maker (1937) von Olaf Stapledon (1886–1950). Ihren Blumen im Schlammbad spielt sie Musik vor, weil das ihnen gut tue, wie die Wissenschaft zweifelsfrei bewiesen habe, und später behauptet sie Dr. Kibner gegenüber im Brustton der Überzeugung, dass die menschliche Spezies vor langer Zeit entstanden sei, als Au­ßerirdische sich mit Affen gepaart hätten – offensichtlich hat sie gründlich Erich von Däniken gelesen oder aber Stan­ley Kubricks 2001: Odyssee im Weltraum (1968) für bare Münze genommen.

 

Die Darsteller in Die Körperfresser kommen agieren allesamt überzeugend. Manchem Kritiker missfiel Donald Suther­land (geb. 1935) in der Rolle des Helden, doch kommt meines Erachtens der Umstand, dass er eben nicht dem jugend­lich-glatten Bild des all american hero entspricht, seiner Darstellung des Matthew Bennell zugute. Besonders beein­druckt Leonard Nimoy (1931–2015) in einer überaus sinistren, unangenehmen Darstellung des arroganten Pop-Psycho­logen Dr. Kibner, dessen Persönlichkeit sich von der seines späteren Pods praktisch überhaupt nicht unterscheidet – ein Nachweis, dass Nimoy ein wahrer Charakterdarsteller war und weitaus mehr Talent zu bieten hatte, als nur den ironischen Mr. Spock aus Star Trek zu spielen.

Szenenfoto aus dem Film "Die Körperfresser kommen" (Invasion of the Body Snatchers, USA 1978) von Philip Kaufman; Donald Sutherland
Kein Entrinnen – am Ende ist auch Matthew Bennell von einem Pod ausgetauscht worden

Die Körperfresser kommen kostete nur 3,5 Millionen Dollar und war ein großer kommerzieller Erfolg; allein in den USA spielte er etwa 25 Millionen Dollar wieder ein. Bei aller positiven Kritik erntete der Film jedoch kein ungeteiltes Echo, und es gab auch ablehnende Stimmen, die unterschiedliche Aspekte bemängelten. In der Tat ist Die Körperfresser kommen nicht frei von Problemen, von denen das gravierendste die absurde Prämisse des Körperaustauschs ist. Diese halbwegs glaubwürdig erscheinen zu lassen, ist eine Schwierigkeit, mit der alle Verfilmungen des Erzählstoffs zu kämpfen haben. Anders als in Die Dämonischen wird dem Zuschauer in Die Körperfresser kommen in schockierend-ekelerre­genden Bildern gezeigt, wie der Austausch vonstatten geht, und dennoch bleibt das Geschehen unklar und zum Teil unlogisch. In der Szene in Bennells Garten berühren die Ranken der Pflanzenschote die Hand des schlafenden Matt­hew, und es wächst aus der Schote eine Kopie von ihm. Die übrigen Schoten bilden Kopien von Elizabeth, Jack und Nancy, doch haben diese keinen direkten Kontakt zu ihren „Originalen“, sodass sich fragt, woher sie die nötigen Infor­mationen für den Kopiervorgang haben. Im Schlammbad und auf dem Balkon von Elizabeth liegen die Körperko­pien völlig still da; in Bennells Garten zucken und krümmen sie sich dagegen wie frisch geschlüpftes Gewürm. Der an­schließende Zerfall des sterbenden Originalkörpers zu Fasern und Staub ist ein ebenso surrealer Irrsinn wie die Erklä­rung in Die Dämonischen, nach der die Originalkörper von den Kopien „Atom für Atom“ absorbiert wer­den. Auf einige offene Fragen muss sich der Zuschauer selbst einen Reim machen, etwa, wie der von den Bellicecs ent­deckte Pod in ihr Schlammbad gelangt und warum er später plötzlich verschwunden ist (vermutlich wurde er von anderen Pods da­vongeschafft, aber zu welchem Zweck?). Enttäuschend ist schließlich auch, dass die Szene, in der Eli­zabeth Knall auf Fall von einem Pod ausgetauscht wird, dieselben logischen Schwächen wiederholt, die diese Szene schon in Don Sie­gels Film aufwies.

 

Der Irrwitz der grundlegenden Prämisse und die aufgezeigten logischen Schwächen mindern jedoch nicht die meister­haft entwickelte paranoide Stimmung des Films. Die Körperfresser kommen stellt nicht nur das seltene Beispiel eines Remakes dar, das dem Original ebenbürtig ist, sondern übertrifft dieses in seiner horriblen Wirkung sogar noch. Der Film ist ein superb fotografierter Schocker über urbane Entfremdung und Identitätsverlust, der zudem geschickt die psychologisierenden und esoterischen Strömungen der Siebziger für sich zu nutzen weiß und in seine Erzählung mit einbindet. Mit Body Snatchers – Die Körperfresser (1993) von Abel Ferrara und Invasion (2007) von Oliver Hirschbiegel sind später zwei weitere Verfilmungen des Stoffs entstanden, die allerdings nicht an die ersten beiden Filme heranzu­reichen vermochten.

 

 

© Michael Haul

Veröffentlicht auf Astron Alpha am 24. September 2018

Szenenfotos © United Artists