Robinson Crusoe auf dem Mars

Robinson Crusoe On Mars (USA 1964)

 

Regie: Byron Haskin

Drehbuch: Ib Melchior, John C. Higgins, frei nach dem Roman Robinson Crusoe (1719) von Daniel Defoe

Darsteller: Paul Mantee (Commander Christopher Draper), Victor Lundin (Freitag), Adam West (Colonel Dan McReady), The Wooley Monkey (Mona, der Affe)

Produzenten: Aubrey Schenck; Edwin F. Zabel (ausführender Produzent). Companies: Aubrey Schenck Productions (als Devonshire Productions), im Vertrieb von Paramount Pictures

Laufzeit: 110 Min.; Farbe

Premiere: Juni 1964 (USA); 24. September 1964 (Deutschland, unter dem ursprünglichen Verleihtitel Notlandung im Weltraum)

 

Ein Raumschiff der USA mit zwei Astronauten und einem Rhesusaffen an Bord ist auf dem Weg zum Mars. Dicht über dem Planeten sind die Piloten gezwungen, vor einem heranrasenden Meteoriten ein Ausweichmanöver zu fliegen, bei dem das Raumschiff fast den gesamten Treibstoff verbraucht und auf einen zu steilen und schnellen Kurs gegen die Marsoberfläche gerät. Beide Astronauten setzen sich mit separaten Landekapseln vom Mutterschiff ab und stürzen Kilometer voneinander entfernt auf der Marsoberfläche ab.

 

Commander Christopher Draper und der Affe überleben ihren Absturz nur knapp. Die Marsoberfläche ist eine endlose tote Wüste, die von gefährlichen Vulkanausbrüchen und Feuersbrünsten heimgesucht wird. Draper findet Zuflucht in einer Marshöhle und muss streng mit seinem Sauerstoff, seinem Wasser und seiner Astronautennahrung haushalten. Als er sich aufmacht, seinen Kollegen Colonel Dan McReady zu suchen, findet er nur McReadys Leiche im zerschellten Wrack der zweiten Landekapsel. Draper ist entmutigt und hat bereits innerlich akzeptiert, dass er bald sterben wird, als er durch Zufall entdeckt, dass im überall zu findenden gelblichen Gestein Sauerstoff gebunden ist. Draper entwi­ckelt eine Methode, den Sauerstoff aus dem Gestein zu lösen, sodass ihm wieder Atemluft zur Verfügung steht. Wenig später findet Drapers Affe eine Höhle mit reichlich klarem Wasser und essbaren Wasserpflanzen.

 

Draper ist gerettet und richtet sich häuslich in seiner Höhle ein. Je länger jedoch sein Einsiedlertum währt, desto schwerer macht ihm die psychische Belastung der völligen menschlichen Isolation zu schaffen. Ein halbes Jahr harrt Draper aus – da geschieht etwas Unerwartetes. Ein außerirdisches Raumschiff landet mit humanoiden Arbeitssklaven in einem benachbarten Tal, um seltene Rohstoffe abzubauen. Als einer der Sklaven flieht, hilft Draper ihm davonzu­kommen und gewährt ihm in seiner Höhle Unterschlupf. Draper gibt seinem stummen Gast frei nach Defoe den Namen „Freitag“ und versucht, in ihm die lang ersehnte Gesellschaft zu finden . . .

 

Eine klassische Vorlage . . . aber kein Meisterwerk

 

Der Mars ist in den Fantasien des Science-Fiction-Kinos seit jeher ein faszinierender und zugleich widerspenstiger Ort. Auffallend oft, wenn in Filmen Astronauten von der Erde den roten Planeten besuchen wollten, bruchlandeten sie auf ihm. Das war bereits in Lesley Selan­ders Flight to Mars (1951) so, setzte sich in Byron Haskins Die Eroberung des Welt­alls (1955), Edward L. Cahns It! The Terror Beyond Space (1958) und Antonio Margheritis Assigment Outer Space (1960) fort und wiederholte sich später in Brian de Palmas Mission to Mars (2000), Anthony Hoffmans Red Planet (2000) und María Lidóns Náufragos – Gestran­det (2001). Zuletzt hat Ridley Scotts Der Marsianer (2015) das Thema von einem ge­strandeten Astronauten auf dem Mars aufgegriffen und bislang von allen Filmen am glaubwürdigsten erzählt (obwohl auch dieser jüngste Film nicht frei von unwahrscheinlichen und unmöglichen Voraussetzungen und Ereignissen ist).

Szenenfoto aus dem Film "Robinson Crusoe auf dem Mars" (Robinson Crusoe on Mars, USA 1964) mit Paul Mantee und Adam West
Commander Christopher Draper (Paul Mantee, l.) und Colonel Dan McReady (Adam West) an Bord ihres Marsraumschiffes

Vor Náufragos war Byron Haskins Robinson Crusoe auf dem Mars der einzige Marsfilm, der das Überleben und die Ver­lorenheit des gestrandeten Astronauten ganz in den Mittelpunkt der Erzählung stellt. Es zeugt vom ehrlichen Umgang mit der literarischen Vorlage, dass bereits der Filmtitel auf Daniel Defoes klassischen Roman Robinson Crusoe (1719) verweist. Byron Haskin selbst freilich nannte den Filmtitel närrisch und erklärte, dass er vor der Veröffentlichung des Films wie ein Löwe gekämpft habe, um ihn zu verhindern. Seiner Ansicht nach war der Titel mitverantwortlich dafür, dass der Film im Kino floppte (vgl. John Brosnan, Future Tense, S. 160). Diese Vermutung ist allerdings eher unwahr­scheinlich. Zu offenkundig erzählt der Film eine Robinsonade und nimmt an einigen Stellen auch ganz unverstellt auf Defoes Werk Bezug.

 

Die grundlegende Idee von einem Gestrandeten im Weltall, der ums Überleben kämpfen muss, mag simpel sein, hat jedoch enormes erzählerisches Potenzial. Die trostlose Wüstenlandschaft eines toten Planeten; die Härten des Über­lebenskampfes; die grenzenlose Einsamkeit des Gestrandeten, der sich selbst auf eine völlig neue Art und Weise er­fährt – all dies ließe sich spannend und eindringlich erzählen. Der Film hat beachtlich viele Fans und erlangte auch in der älteren Filmkritik große Wertschätzung. So nennt ihn John Baxter in seinem klassischem Buch Science Fiction in the Cinema (1970) „einen der besten Science-Fiction-Filme der Sechzigerjahre“ (S. 171). Philip Strick sekundierte in seinem Buch Science Fiction Movies (1976), Haskins Werk sei „einer der besten Science-Fiction-Filme, die je über die Probleme des Gestrandetseins auf einem Wüstenplaneten gemacht wurden“ und feierte die innere Plausibilität des Films als „bemerkenswerten Triumph“ (S. 124). Leider kann ich mich diesen begeisterten Urteilen nicht anschließen. Ganz im Gegenteil – auf mich machte Robinson Crusoe auf dem Mars in fast allen Belangen einen enttäuschenden Eindruck.

Szenenfoto aus dem Film "Robinson Crusoe auf dem Mars" (Robinson Crusoe On Mars, USA 1954) im Death Valley
Verloren in einsamer, lebensfeindlicher Umgebung – Chris Draper auf dem Mars

Die Probleme liegen vor allem im Dramaturgischen. Byron Haskin (1899–1984) inszenierte den Film fürchterlich steif. Knapp zehn Jahre zuvor hatte Haskin für George Pal die prachtvollen Science-Fiction-Filme Kampf der Welten (1953) und Die Eroberung des Weltalls (1955) gedreht. Sorgten in diesen beiden Filmen zahlreiche Actionszenen und spekta­kuläre Spezialeffekte für Tempo und Faszination, bedurfte es in Robinson Crusoe auf dem Mars einer ruhigen Gangart, um den Überlebenskampf des gestrandeten Astronauten überzeugend zum Ausdruck zu bringen. Aber Haskins Regie ist zu ruhig; zähflüssig schleppt sich der Film über fast zwei Stunden dahin. Zwar ist man durchaus gefesselt vom Schicksal von Commander Draper und verfolgt gespannt, wie er sein Überleben auf dem Mars zu meistern versucht. Doch gelingt es dem Regisseur nicht, beim Publikum tiefergehende Anteilnahme mit seinem Helden herbeizuführen. Mit der Umsetzung eines menschlichen Dramas stieß er offenbar rasch an seine Grenzen.

 

Zu Haskins Ratlosigkeit gesellt sich der hölzerne Hauptdarsteller Paul Mantee (geb. 1931). Der Regisseur verlangt von ihm nicht die Leistung ab, die für die an sich schwierige Rolle nötig wäre, und so absolviert Mantee einen routinierten Job und bleibt dabei enttäuschend blass. Wirklich erschüttert und verzweifelt wirkt dieser moderne Robinson Crusoe nie – und die belanglosen Phrasen, die ihm das Drehbuch in den Mund legt, sind ihm dabei keine Hilfe. Mantee wird in seinen seltenen Gefühlsregungen nie exzentrisch; er ist im Gegenteil stets vollendet kultiviert und gefasst. Tapfer ver­harrt er in der Rolle des braven, zuversichtlichen Astronauten, der pedantisch darauf bedacht ist, der Nachwelt einen geschliffenen Bericht von seinem Schicksal auf Tonband aufzuzeichnen. So nimmt der Gestrandete gewissenhaft seine Rolle als Außenposten der amerikanischen Zivilisation wahr – und dokumentiert dies auch äußerlich, indem er vor dem Höhleneingang die US-Flagge hisst.

 

Eine großartige Landschaft und mäßige Tricktechnik

 

Besonders häufig wurde der Film für seine außergewöhnlichen Außenaufnahmen gelobt, die im kalifornischen Death Valley gedreht wurden – eine Wüste, die als Marslandschaft nahezu perfekt ist. So schrieb etwa John Baxter:

 

Haskins Handhabung der Szenerie ist vorzüglich. Die messerscharfen Bergketten des Tals liefern einen bemerkenswerten Hinter­grund für Mantees Kampf ums Überleben, und der flache Talgrund mit den Bergen, die sich dahinter erheben, ist der Ort für eine seiner überzeugendsten Szenen. Als der Astronaut daran arbeitet, einen Pfeil aus Steinen zu konstruieren, der die Richtung sei­ner Reise anzeigen soll, rotiert schlicht ein winziger automatischer Scanner mit einem binokularen Bauteil neben ihm – Techno­logie, die ständig nach der Kreatur Ausschau hält, die sich hinter der nächsten Ecke verbergen könnte. (Science Fiction in the Cinema, S. 171 f.)

 

Und John Kenneth Muir, Autor mehrerer Filmbücher, schrieb 2014 in seinem Blog Reflections on Cult Movies and Classic TV über den Film:

 

Robinson Crusoe auf dem Mars beeindruckt auch heute noch aufgrund seiner vielen farbenfrohen und dynamischen Bildgestal­tungen. Aufgenommen im Death Valley und unterstützt von einigen noch immer eindrucksvollen matte paintings, fühlt sich der Film sowohl authentisch als auch lebendig an in seiner Abbildung einer lebensfeindlichen, einsamen planetaren Oberfläche. Manchmal erscheint die Landschaft im Film fast bedrückend in ihrer felsigen, gebirgigen Erscheinung, und an anderen Stellen – etwa bei der Entdeckung der der polaren Eiskappen – erscheint sie regelrecht wunderbar. Der Film vermittelt die Idee von nicht nur einer einzigen Lokalität, sondern von einem vollständigen, harschen Ökosystem, und das ist durchaus eine Leistung.

Szenenfoto aus dem Film "Robinson Crusoe auf dem Mars" (Robinson Crusoe On Mars, USA 1964)
Ein orangener Himmel – der sich allerdings nicht in der Färbung der Landschaft widerspiegelt

Damit die Außenausnahmen nicht irdisch, sondern marsianisch wirken, wurden sie tricktechnisch verfremdet. Kamera­filter gaben den Bildern einen Gelbstich, während der strahlend blaue Himmel über dem Death Valley sauber gemattet und durch einen orangefarbenen Himmel ersetzt wurde, der in einen schwarzen Sternenhimmel übergeht. Die Einsam­keit der Wüste selbst gefällt, insbesondere in den weit abgerückten Einstellungen, in denen Draper inmitten der stau­bigen Leere winzig erscheint. Der orangene Himmel aber wirkt sehr künstlich, sodass das Auge die Illusion nicht akzep­tieren will. Schon in Kurt Neumanns Rakete Mond startet (1950) hatte das Death Valley als Marslandschaft hergehal­ten. Neumann hatte die Wüstenaufnahmen einfach Sepiarot getönt und damit eine schlichte, aber ungleich effektive­re Methode angewandt, um das Death Valley marsianisch und doch auch natürlich aussehen zu lassen. Freilich konnte dieses Verfahren auch nur in einem Schwarzweißfilm gut funktionieren und hätte somit für Has­kins in Farbe gedrehten Film keine Option sein können.

 

Die Bühnenbauten mit ihren Kulissenmalereien und mattes wirken prächtig und aufwendig und dürften das Gros des Budgets verschlungen haben, das laut IMDb erstaunliche 1,2 Millionen Dollar betragen haben soll. Für die Bühnenbilder war kein Geringerer als Arthur Lonergan verantwortlich, der immerhin auch die Bühnenbilder für Fred M. Wilcox’ Alarm im Weltall (1956) verantwortete und zum Teil auch selbst entwarf. In Robinson Cru­soe können die Kulissen indes nicht mit jenen in Alarm im Weltall mithalten; sie wirken sehr künstlich und werden von unnatürlichen Far­ben wie grün, rosa und lila dominiert. Das Raumschiff der Aliens und ihre weißen „Drohnen“, die mit abgefeuerten Energiestrahlen Jagd auf den entflohenen Freitag machen, sind enttäuschend billig getrickst. Das außerirdische Raum­schiff wurde im Zei­chentrickverfahren realisiert, während die „Drohnen“ umlackierte Originale oder Nachbauten der fliegenden Untertas­sen aus Byron Haskins Kampf der Welten sind. Sie huschen als starre Bilder mit absurden Beschleu­nigungen eckig über den Himmel, was ein wenig an die sich ähnlich bizarr bewegenden Raumschiffe der Frogs aus Raumpatrouille (1966) erinnert. Auch die Aliens enttäuschen. Sie sind Menschen in Raumanzügen, die offenbar aus Irving Pichels Endstation Mond (1950) wiederverwendet wurden, und ihre Sklaven sehen mit ihren pechschwarzen Perücken, Lendenschurzen und Riemensandalen aus wie Amazonasindianer in antiken Sklavenkostümen.

 

Gelungen hingegen ist das irdische Raumschiff, mit dem die Astronauten am Mars eintreffen. Es ist zwar gleichfalls nur gezeichnet, jagt aber mit beeindruckender Geschwindigkeit durchs All (bzw. über die Bildfläche) und wirkt so unmit­telbar glaubwürdig. Anders als die außerirdischen „Drohnen“ vollzieht es auch keine eckigen Bewegungen, sondern muss für jedes Manöver seitwärts gerichtete Steuerraketen zünden. Deutlich ist hier das Bemühen sichtbar, die Raum­fahrt realistisch darzustellen. Dasselbe gilt für den Abwurf der beiden Landekapseln über dem Mars, während das Mutterschiff im Orbit verbleibt, ein Manöver, das den damaligen NASA-Planungen entsprach und sich fünf Jahre spä­ter über dem Mond auch vollziehen sollte. Das Mutterschiff und die Landekapseln sehen aus wie die damals aktuellen Gemini-Raumschiffe der NASA und erhöhen so noch den Anstrich der Seriosität.

 

Der Mars – ein bisschen wie die Südsee

 

1964 hatte sich die Wissenschaft schon lange von den romantischen Visionen eines Percival Lowell verabschiedet, der noch um die Jahrhundertwende hochentwickelte Zivilisationen auf dem Mars für möglich hielt. Es war längst bekannt, dass der Mars sehr kalt ist und seine extrem dünne Atmosphäre fast keinen Sauerstoff enthält. Auf seiner Oberfläche würden sich wahrscheinlich nur lebensfeindliche Wüsten finden. Den wissenschaftlichen Fakten trägt Haskins Film nur zu einem geringen Teil – wie beispielsweise in der wüstenhaften Umgebung – Rechnung, um Commander Drapers Überleben zu ermöglichen. Draper kann an der dünnen, relativ milden Marsluft einige Zeit ohne Atemgerät auskom­men, kosmische Strahlung ist für ihn kein Problem, und in einer Höhle findet er klares Wasser und sogar Wasserpflan­zen, die ihn ernähren. Tatsächlich ist der Mars weitaus eisiger als im Film dargestellt und der Luftdruck ist so niedrig, dass flüssiges Wasser und damit auch Wasserpflanzen ausgeschlossen sind. Die geringe Schwerkraft, die nur 38 % der Schwerkraft der Erde beträgt, wird komplett ignoriert – wie allerdings in jedem anderen Marsfilm auch. Selbst Percival Lowells berühmte Marskanäle haben in Robinson Crusoe auf dem Mars noch nicht ausgedient, werden jedoch als Bruchgräben und Senken erklärt, die durch natürliche Prozesse wie Erdbeben und Vulkanismus entstanden sind. Durch ein kilometerlanges Höhlensystem unterhalb der Kanäle gelangt Draper mit seinem neu gewonnenen Freund Freitag zu einer der marsianischen Polkappen. Die von Lowell postulierte Verbindung der Kanäle mit den Polkappen ist somit noch vorhanden. Irreal sind auch die mächtigen vulkanischen Brände und Lavaströme, die auf Haskins’ Mars beherr­schend sind, sowie die seltsamen flammenden Feuerbälle, die ziellos über die Landschaft wandern.

Szenenfoto aus dem Film "Robinson Crusoe auf dem Mars" (Robinson Crusoe On Mars, USA 1964)
Ein schönes Beispiel der prächtigen matte paintings im Film – Eine marsianische, vereiste Polkappe à la Chesley Bonestell

Der ursprüngliche Drehbuchentwurf zu Robinson Crusoe auf dem Mars stammt von Ib Melchior (geb. 1917), Autor und Regisseur einiger günstig produzierter Genrebeiträge wie Weltraumschiff MR-1 gibt keine Antwort (1959) oder 2071: Mutan-Bestien gegen Roboter (1964). Melchior hatte seinen Entwurf abenteuerlich aufgepeppt, indem er den bruch­gelandeten Astronauten mit mächtigen Marsmonstern konfrontierte. Wie gründlich diese Idee allerdings gescheitert wäre, lässt sich an den dümmlichen „Sauerstoffkäfern“ in Anthony Hoffmans Red Planet (2000) ablesen. Es ist begrü­ßenswert, dass der Film einen in dieser Hinsicht realistischeren Mars zeichnet und sich auf Draper selbst und seine pro­fanen Sorgen um Luft, Wasser und Ernährung konzentriert. Außerdem wird Drapers psychische Isolation thematisiert, etwa, als der Gestrandete mit einem selbstgebastelten Dudelsack durch die Marswüste spaziert, sein Äffchen im Schlepptau, und dabei fröhlich den „Yankee Doodle Dandy“ intoniert, oder als er im Schlaf halluziniert und plötzlich der tote Colonel McReady seine Höhle besucht (gespielt von Adam West, bekannt als Hauptdarsteller der 1966 bis 1968 produzierten Batman-TV-Serie).

 

Später aber wandern mit den Aliens und Aliensklaven doch noch fantastische Elemente ein, die eher störend wirken und die wohlwollende Einstellung des Glaubenwollens auf harte Proben stellen. Aliens aus dem fernen Sternbild Orion, die wie Menschen aussehen? Die nur für irgendwelche Rohstoffe die enorme interstellare Reise zum Mars antreten? Die sich der primitiven Methode der Sklaverei bedienen? Die mit hohem technischen Aufwand einen einzelnen entflohenen Sklaven jagen und dabei flächendeckend die Landschaft mit Energiestrahlen zersprengen?

 

Großes Drama? Der Mars birgt weiterhin Potenzial

 

Eine Art Quasi-Remake von Robinson Crusoe auf dem Mars ist Wolfgang Petersens Enemy Mine – Geliebter Feind (1985), der zwar eine andere Ausgangssituation hat, aber auch in vielen Elementen Byron Haskins Film stark ähnelt. Auch hier sind ein Mensch und ein Außerirdischer auf einem lebensfeindlichen Planeten verschollen und für ihr Über­leben aufeinander angewiesen; sogar die außerirdischen Sklavenhalter kehren gegen Ende des Films bei Petersen wieder. Die Einsamkeit und der Kampf ums Überleben wird in Enemy Mine weitaus eindringlicher geschildert, dafür hat der Film mit anderen Problemen zu kämpfen. María Lidóns Náufragos erzählt wie Haskins Film von Marsgestrande­ten, allerdings dreht sich dort die Handlung um fünf Astronauten, nicht nur einen, und auch dieser Film, obwohl gene­rell ansprechend, verschenkt seine Chancen, das psychologische Drama zu vertiefen. Ridley Scotts Der Marsianer ist sicherlich der Film, der am ehesten als ein würdiges Remake von Robinson Crusoe auf dem Mars betrachtet werden kann, und doch bleibt auch dieser jüngste Film in Hinblick auf das psychische Drama des gestrandeten Mark Watney, der wie Christopher Draper in Robinson Crusoe immer gefasst bleibt und nie die Hoffnung verliert, enttäuschend blass.

 

Aus nostalgischen Gründen ist Robinson Crusoe auf dem Mars noch heute sehenswert, doch der behäbige Film ächzt unter seiner steifen Regie und seinem hölzernen Hauptdarsteller, während sich die vielgerühmte Illusion einer exoti­schen Marslandschaft im Death Valley trotz der tricktechnischen Verfremdungsversuche nicht recht einstellen will. Überflüssig sind darüber hinaus die zum Plot hinzugefügten interstellaren Sklaventreiber. Es ist schade, dass der Film sich nicht stärker auf Drapers Psyche konzentriert, denn dann hätte er ein eindringliches, lange nachwirkendes Stück Science-Fiction-Kino werden können.

 

*       *       *

Robinson Crusoe On Mars (USA 1964). Regie: Byron Haskin. Produzenten: Aubrey Schenck; Edwin F. Zabel (ausführen­der Produzent). Companies: Aubrey Schenck Productions (als Devonshire Productions), im Vertrieb von Paramount Pictures. Drehbuch: Ib Melchior, John C. Higgins. Romanvorlage: Daniel Dafoe, Robinson Crusoe (1719). Kamera: Winton C. Hoch. Schnitt: Terry O. Morse. Musik: Van Cleave. Bauten/Art direction: Arthur Lonergan, Albert Nozaki, Hal Pereira. Spezialeffekte: Lawrence W. Butler. Visuelle Effekte: Farciot Edouart, Albert Whitlock. Darsteller: Paul Mantee (Com­mander Christopher Draper), Victor Lundin (Freitag), Adam West (Colonel Dan McReady), The Wooley Monkey (Mona, der Affe). Laufzeit: 110 Min.; Farbe. Premiere: Juni 1964 (USA); 24. September 1964 (Deutschland, unter dem Verleihtitel Notlandung im Weltraum)

 

 

© Michael Haul

Veröffentlicht auf Astron Alpha am 4. Januar 2017

Szenenfotos © Paramount Pictures; Schröder Media Audio-Visual Entertainment