(62) Stanisław Lem: Gast im Weltraum (1955)
In diesem frühen Roman des gefeierten polnischen Stars der Science-Fiction-Literatur, der im 32. Jahrhundert angesiedelt ist, wird der erste interstellare Flug der Menschheit zum Alpha-Centauri-Doppelsternsystem erzählt. Der Ich-Erzähler an Bord des Riesenschiffs Gea unterhält sich sehr viel über wissenschaftliche und philosophische Themen – oder sinniert über seine Vergangenheit. Das Buch, das mit Ikarie XB 1 (CSSR 1963) auch verfilmt wurde, ist stark vom sozialistischen Realismus der Stalin-Ära geprägt und geriet stellenweise ziemlich schwülstig. Aber es bietet auch ein zauberhaftes Weltraumabenteuer mit viel Patina. (20. August 2016)
(61) John Scalzi: The Rough Guide to Sci-Fi Movies (2005)
John Scalzi (geb. 1969) kann unterhaltsame, spannende Space Operas schreiben – seine Krieg der Klone-Trilogie wusste zu gefallen. Im selben Jahr, als er seinen Durchbruch zum Bestsellerautor erlebte, versuchte sich Scalzi an einer Einführung in das Science-Fiction-Kino. Mehr als dafür Videonächte zu bestreiten und anschließend unreflektierte Urteile über die Filme hinzurotzen, die kaum über “cool” oder “boring” hinausgehen, kam dabei leider nicht heraus. Keine Einführung, nur die persönliche Favoritenliste eines Autors, der Star Wars für den großartigsten Film aller Zeiten hält. Ein ziemlich überflüssiges Buch. Leider. (6. August 2016)
(60) Deutsche Kinemathek (Hrsg.): Fritz Langs Metropolis (2010)
Dieses prachtvolle Filmbuch erschien anlässlich der jüngsten, fast vollständigen Wiederherstellung der legendären, ungekürzten Premierenfassung von Metropolis, die nur von Januar bis Mai 1927 in Berlin und danach nie wieder zu sehen gewesen war. Das Buch erörtert die Filmrestauration, die ein 2008 in Buenos Aires neu entdecktes Filmnegativ ermöglicht hat, vor allem aber ist es prall gefüllt mit vielen zeitgenössischen Fotos von den aufwendigen Dreharbeiten zu Metropolis. Für jeden Liebhaber von Langs Filmklassiker ist der Band ein Hochgenuss. (4. Aug. 2016)
(59) Planet des Grauens (USA 1956)
Eine Mission zum Mars gerät in eine Art „Raumzeit-Sturm“, wird in die ferne Zukunft geschleudert und kehrt auf eine Erde zurück, die Jahrhunderte zuvor von einem Atomkrieg verwüstet worden ist. Wie in H. G. Wells’ Zeitmaschine (1895) hat sich die Menschheit in Morlocks und Eloi aufgespalten, nur dass sie hier nicht so heißen und ihre unter- und oberirdischen Wohnorte miteinander vertauscht haben. Für einen Low-Budget-Streifen der Fünfzigerjahre macht der Film optisch eine außerordentlich gute Figur und ist sehr kurzweilig – auch wenn er zynisch die Ausrottung Eingeborener zum Zwecke der Landnahme rechtfertigt. (1. August 2016)
(58) Raymond F. Jones: The Alien (1951)
Ein knalliges, actionreiches und sehr pulpiges Weltraumabenteuer serviert Raymond F. Jones (1915–1994) in diesem Roman – und das macht höllisch Spaß! Weltraumarchäologen entdecken im Asteroidengürtel Artefakte einer vor Jahrtausenden untergegangenen Zivilisation – und einen schwarzen, kristallartigen, riesigen Behälter, in dem das Protoplasma eines Aliens aufbewahrt ist. Nach langen Diskussionen entschließt man sich, den Alien wiederzuerwecken. Doch das erweist sich als gewaltiger Fehler, der die ganze Menschheit bedroht . . . (30. Juli 2016)
(57) Neal Stephenson: Amalthea (2015)
In diesem über tausend Seiten langen Epos malt der amerikanische Autor Neal Stephenson (geb. 1959) ein kühnes Zukunftsbild der Menschheit aus. Der Mond zerbricht, und seine Trümmer regnen auf die Erde nieder und vernichten alles Leben. In großer Eile schafft die Menschheit eine Handvoll Menschen auf Raumschiffe in den Erdorbit, damit der Homo Sapiens dort eine Überlebenschance erhält. Der Roman ist mit großer technologischer Detailversessenheit geschriebene, nerdige Hard-SF. Grandios, aber auch von irritierender technokratischer Kälte. (16. Juli 2016)
(56) Endstation Mars (USA 1968)
Auf dem Mars lauerten in amerikanischen B-Movies seit jeher grausige Gefahren für die Astronauten. In diesem recht launigen cheapie von Nicholas Webster (1912– 2006), der vier Jahre zuvor den berüchtigten Kinderweihnachtsfilm Santa Claus Conquers the Martians (1964) verbrochen hatte, werden einem Astronauten von einem außerirdischen Roboter die Augen ausgebrannt. Warum? Das bleibt, wie so oft bei unlogischen B-Movie-Plots, offen. Da stört es auch kaum, dass die Astronauten am Kinn offene Motorradhelme und Schwimmanzüge tragen. Dennoch: Der Film hat trotz Minibudget recht ordentliche Schauwerte zu bieten. (13. Juli 2016)
(55) Alastair Reynolds: Unendlichkeit (2000)
Das Erstlingswerk des walisischen Science-Fiction-Autors Alastair Reynolds (geb. 1966) war gleich ein Volltreffer: eine spannende, originelle Kombination von Space Opera und Hard-SF, die auf clevere Weise die Versatzstücke des Genres einsetzt, gleichzeitig aber auch mit vielen neuen Ideen begeistert. Im ersten Band des Revelation Space-Zyklus, der im 26. Jahrhundert spielt, geht es um die außerirdische Spezies der Amarantin, die vor 900.000 Jahren ausgelöscht wurden. Der Archäologe Dan Sylveste entdeckt, dass eine noch ältere Spezies dafür verantwortlich war – und diese auch der Menschheit gefährlich werden könnte. (12. Juli 2016)
(54) Raymond F. Jones: The Year When Stardust Fell (1958)
Dieser Roman richtete sich wie alle bei Winston erschienenen Science-Fiction-Romane an Kinder und Jugendliche. Doch während die meisten anderen juveniles von Winston bunte Abenteuerhandlungen erzählten, ergriff Raymond F. Jones hier die Gelegenheit, einen Erziehungsroman zu schreiben. Es geht ihm darum, seinen jungen Lesern die Liebe zur Wissenschaft näherzubringen und sie zu verantwortungsbewussten Bürgern zu erziehen. Der Rahmen dafür ist ein dramatischer Weltuntergang, verursacht durch den giftigen Schweif eines Kometen. Durchaus kurzweilig zu lesen, geriet der Roman leider auch arg moralinsauer. (8. Juli 2016)
(53) Georg Seeßlen: Kino des Utopischen (1980)
Dieses Buch ist ein Klassiker der deutschsprachigen Literatur über Science-Fiction-Filme – was freilich vor allem dem Umstand geschuldet ist, dass es anno 1980 herzlich wenig deutschsprachige Bücher zum Thema gab. 2003 erfuhr es im zweibändigen Werk Science Fiction von Georg Seeßlen und Fernand Jung eine fast unveränderte Neuauflage, womit die Gültigkeit des alten Buchs vom Autor quasi noch einmal bestätigt wurde. Kino des Utopischen ist ein sperriger, inzwischen auch recht angestaubter Diskurs über die „Mythologie“ des Genres. Diese konstruiert Seeßlen vor allem – leider – mithilfe von Sigmund Freunds Traumdeutung. (30. Juni 2016)
(52) Raymond F. Jones: Renaissance (1944)
Der Debutroman des Autors von This Island Earth (1952) ist klassische, überdrehte Pulp-Science-Fiction in bester Golden-Age-Tradition: voller Geheimnisse, wissenschaftlicher Wunder und einer atemberaubenden, wendungsreichen Abenteuerhandlung, die von der ersten bis zur letzten Seite außerordentlich gut unterhält. Die Fülle verschiedener Ideen, die Jones hier einbringt, bis hin zu Parallelwelten, und ihre geschmeidige Verknüpfung zu einem einheitlichen Erzählganzen ist verblüffend. Vielleicht das beste Werk von Jones. (23. Juni 2016)
(51) Forrest J. Ackerman et al. (Hrsg.): Die Vergangenheit der Zukunft (1998)
Bei ARD und ZDF ist es uralte Tradition, sich nur sehr stiefmütterlich um Science-Fiction zu kümmern. Gleichwohl hat das ZDF 1998 eine mehrteilige Dokumentation zum Thema gesendet. Das Begleitbuch zur Doku stellt eine Anthologie von sieben Kurzgeschichten renommierter Science-Fiction-Autoren dar, die die literarischen Vorlagen gefeierter Kinoklassiker wie Alien, Das Ding aus einer anderen Welt oder Der Tag, an dem die Erde stillstand gewesen waren. Es ist spannend, die Storys mit den Filmen zu vergleichen. Sie sind aber auch allemal für sich selbst genommen sehr lesenswert. (22. Juni 2016)
(50) S. M. Sanders (Hrsg.): The Philosophy of Science Fiction Film (2008)
Das von der Universität Kentucky herausgegebene Buch versammelt 12 Essays, die von Philosophen und Kulturwissenschaftlern mit einem Faible für Science-Fiction-Filme verfasst wurden. Ziel des Buchs ist die Beleuchtung mehrerer ausgewählter Klassiker des Filmgenres unter philosophischen Fragestellungen. Das hätte ein hochspannendes Unterfangen werden können – wenn denn das methodische und intellektuelle Niveau der Texte nicht so enttäuschend niedrig ausgefallen wäre. Gleichwohl lohnt die Lektüre, indem sie zum Nachdenken anregt und zum Widerspruch herausfordert. (18. Juni 2016)
(49) Ronald Hahn/Volker Jansen: Lexikon des Science Fiction Films (1997)
Für Jahrzehnte war es eine der wichtigsten „Filmbibeln“ für Science-Fiction-Fans hierzulande: Hahns und Jansens Lexikon des Science Fiction Films. Vor den Zeiten des Internets war das umfangreiche Werk eine reichhaltige, überaus wertvolle Informationsquelle. Der herablassende, ätzende Spott hingegen, den die Autoren gegen fast alle enthaltenen Filme meinten zum Besten geben zu müssen, ging einem schon damals gehörig gegen den Strich. Auch heute noch nerven die dümmlichen Verrisse nur – und verleiden die Lektüre, die sonst noch immer recht interessant und unterhaltsam sein könnte. (6. Juni 2016)
(48) Frank Schnelle (Hrsg.): Hollywood Professional (1993)
Es gibt nicht viele Bücher, die sich ausführlich mit dem legendären B-Movie- und Science-Fiction-Filmer Jack Arnold (1916–1992) und seinem Werk beschäftigen. Dies hier ist eines davon. Es enthält neben dem vollständigen Abdruck des berühmten „Jack Arnold erzählt“-Fernseh-Interviews von 1983 mehrere Essays verschiedener Autoren, die Arnolds Schaffen verschiedentlich beleuchten. Eine hochinteressante Lektüre! Das Versprechen jedoch, Jack Arnolds ominösem „Genie“, dem „gewissen Etwas“ seiner Regie und seiner Filme auf die Spur zu kommen, löst das Buch allerdings nicht ein. Ist die Frage vielleicht falsch gestellt? (1. Juni 2016)
(47) Tarantula (USA 1955)
Eine gigantisch gewachsene Tarantel, größer als ein Haus, marschiert aus der Wüste direkt auf ein kleines amerikanisches Städtchen zu – und alle Mittel, sie aufzuhalten, scheinen zu versagen. Mit Tarantula schuf Universals B-Filmer Jack Arnold (1916–1992) nicht den ersten, aber womöglich den besten big bug movie der Fünfzigerjahre. Die Tricktechnik, mit der Aufnahmen echter Taranteln nahezu perfekt in die realistischen Szenen eingefügt wurden, können auch heute noch überzeugen, die Handlung ist straff und dennoch vielschichtig, und die Spannung ist durchgängig hoch. Ein schwungvoller Monsterthrill-Genuss! (26. Mai 2016)
(46) Die unglaubliche Geschichte des Mr. C (USA 1957)
Der packende Roman The Shrinking Man (1956) von Richard Matheson (1926–2013) bildete die Drehbuchvorlage für diesen erstklassigen, von Jack Arnold inszenierten B-Movie. Es entstand einer der besten Science-Fiction-Filme aller Zeiten, der sich nicht mit der Sensation der großartig getricksten Miniaturisierung der Hauptfigur Scott Carey begnügte, sondern sich vor allem auf die bittere Tragik und psychische Belastung dieser Hauptfigur konzentrierte. Stehen aber die Katze und die Spinne, gegen die Carey kämpfen muss, wirklich für eine den Mann verschlingende Weiblichkeit, wie oft behauptet wurde? Das ist dann doch zweifelhaft . . . (23. Mai 2016)
(45) Moon – Die dunkle Seite des Mondes (GB 2009)
Der britische Nachwuchsregisseur Duncan Jones (geb. 1971) liefert in seinem Debutfilm ein brillantes Science-Fiction-Drama ab, das zweifellos zu den besten Filmen des Genres der letzten Jahre zählt. Der Film ist eine beeindruckende One-Man-Show des außerordentlich begabten Schauspielers Sam Rockwell (geb. 1968), der den einsiedlerischen Mondarbeiter Sam Bell mit zeitgemäßer, lässiger Coolness, aber auch überaus anrührend spielt. Der lange Arm des internationalen Kapitalismus reicht in der Zukunft bis zum Mond – und verheizt auch dort mitleidlos seine allzu lästigen, weil Kosten verursachenden Arbeitssklaven. (6. Mai 2016)
(44) Robert A. Heinlein: Der Mond ist eine herbe Geliebte (1966)
Ein weiteres ideologisches Manifest von Robert A. Heinlein (1907–1988), dem vielgepriesenen Hardliner und bekennenden Libertarier der Science-Fiction-Literatur. Heinlein malt in diesem Roman eine libertäre, fast anarchische „Idealgesellschaft“ aus, die sich auf dem Mond aus einer Strafkolonie heraus entwickelt hat und sich nun vom gängelnden Joch der irdischen Bürokratie befreien will. Wer hier irgendwem auf den Keks geht, kann schon mal ratzfatz durch die Luftschleuse geworfen werden – ohne Druckanzug. Knallharter Sozialdarwinismus wird hier als lebensnahe, praktische Moral verkauft. Typisch Heinlein eben. (24. April 2016)
(43) Rainer Eisfeld/Wolfgang Jeschke: Marsfieber (2003)
Der Mars ist und bleibt der Ort im Sonnensystem, der auf die Menschheit die größte Faszination ausübt: Ein Ort, der auf den Bildern der gelandeten Marssonden seltsam vertraut anmutet und auf dem es einst sogar fließendes Wasser gegeben haben muss. Rainer Eisfeld und Wolfgang Jeschke spüren in ihrem Buch dem Mythos Mars, der sich über die letzten 140 Jahre hinweg entwickelt hat, nach. Dabei nehmen sie die Science-Fiction in Literatur und Film ebenso in den Blick wie die Geschichte der wissenschaftlichen Erforschung des Mars’. Ein höchst unterhaltsames und dazu auch sehr reichhaltig und attraktiv illustriertes Buch. (21. April 2016)
(42) Starship Troopers (USA 1997)
Paul Verhoevens ruppig-brutale Verfilmung von Robert A. Heinleins klassischem Roman Starship Troopers (1959) ist eine bissige Satire auf hurrapatriotische Kriegs- und Actionfilme aus Hollywood und die mediale, auf Hochglanz polierte Einschwörung auf das hegemoniale Selbstverständnis der USA in einer Welt, die nach dem Ende des Kalten Krieges vermeintlich ihr allein zu gehören schien. Heinlein-Fans rümpften angewidert die Nase, während den Kritikern und auch dem Publikum der satirische Gehalt leider entging. Erst in den letzten Jahren wurden die subversiven Qualitäten gewürdigt. Ein großartiger Science-Fiction-Film. (15. April 2016)
(41) Robert A. Heinlein: Sternenkrieger (1959)
Das SF-Fandom treibt manchmal seltsame Blüten. Ein besonders bizarrer Auswuchs ist die glühende Heiligenverehrung, die dem Autor Robert A. Heinlein (1907–1988) entgegengebracht wird. Obgleich in seinen Werken vielfach chauvinistisch, feiern ihn Fans als eine Speerspitze des Feminismus. Und obgleich Libertarier, schrieb Heinlein Sternenkrieger, den Urvater der modernen Military-SF. Das Buch ist ein übler literarischer Amoklauf, mit dem ein eisenfressender Militarismus vergötzt und die demokratische Zivilgesellschaft unverhohlen als ein müder Haufen von Weicheiern verspottet wird. Kritiker nennen das Buch faschistoid. Zu Recht. (14. April 2016)
(40) Contact (USA 1997)
Robert Zemeckis starbesetzte, 90 Millionen Dollar teure Verfilmung von Carl Sagans Roman Contact (1985), der ein möglichst realistisches Szenario eines Erstkontakts mit Außerirdischen ausmalen will, hält sich sehr eng an die literarische Vorlage und ist angenehm ruhig und fokussiert inszeniert. Man staune: Trotz deutlich gedämpftem Hollywood-Bombast wurde der intellektuell interessante Film ein großer Box-Office-Erfolg. Und er bügelte sogar einige argumentative Schwächen des Romans aus, die hier ausgewogener gefasst wurden. (13. April 2016)
(39) Carl Sagan: Contact (1985)
Carl Sagans einziger Roman Contact entstand ursprünglich aus der Idee, das Szenario eines möglichen Radiokontaktes mit Außerirdischen in einem Film auszumalen. Ein Erstkontakt Sagans mit Francis Ford Coppola in den Siebzigerjahren trug noch keine Früchte, und es sollte noch bis 1997 dauern, bis der Film verwirklicht wurde. In der Zwischenzeit machte Sagan aus der Idee einen Roman, der prompt ein Bestseller wurde. Das Buch trägt hochinteressante apologetische Züge: Sagan ringt hier im Angesicht der Schöpfung mit seinen numinosen Schauern. Am Ende erweist sich der Atheist Sagan doch in gewisser Weise als zutiefst religiös. (12. April 2016)
(38) Helga Abret/Lucian Boia: Das Jahrhundert der Marsianer (1984)
Seit den Anfängen der modernen Science-Fiction-Literatur in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts hat der Mars eine besondere Faszination auf die Imagination der Autoren ausgeübt. Die mehr oder minder seriös argumentierenden Wissenschaftler selbst – allen voran der Astronom Percival Lowell (1855–1916) – haben ganz erheblich die wilden Spekulationen über hochentwickelte Zivilisationen auf dem Mars angeheizt. Die Literaturwissenschaftler Helga Abret und Lucian Boia unternehmen in ihrem Buch einen Streifzug durch 100 Jahre Marsromane und Erzählungen. Und sie fördern eine überraschende Vielfalt zutage. (9. April 2016)
(37) Metropolis (Deutschland 1927)
„Arbeit am Mythos“ – auf kaum einen Film der Kinogeschichte ist der Begriff des Philosophen Hans Blumenberg (1920–1996) passender anzuwenden als auf Fritz Langs gigantomanisches, im wahrsten Wortsinne überwältigendes Meisterwerk Metropolis. Generationen von Kritikern – Fans und Exegeten wie Scharfrichter und Kulturwächter – haben sich an diesem Werk und seinem überbordenden Mythos schon abgearbeitet. Kaputt gekriegt haben sie den Film nie, und er ist heute populärer denn je. Metropolis ist fraglos einer der größten Science-Fiction-Filme aller Zeiten, der das Genre im Kino eigentlich erst definiert hat. (6. April 2016)
(36) Franz Ludwig Neher: Menschen zwischen den Planeten (1953)
Wernher von Braun frönte Anfang der Fünfzigerjahre einer kühnen Vision: Er wollte die westliche Welt für einen bemannten Flug zum Mars begeistern. Seine Ideen dazu wurden unter anderem in George Pals Spielfilm Die Eroberung des Weltalls (1955) verwendet – und hier, in Franz L. Nehers deutschem Science-Fiction-Roman, der auf Anregung von von Braun entstanden ist. Das Buch ist ein überbordender, grenzenlos positiver Entwurf der näheren Zukunft, in der der Westen den Sieg im Kalten Krieg davongetragen hat. Nur den Flug zum Mars selbst sieht Neher am Ende seines Romans – kurioserweise – skeptisch. (30. März 2016)
(35) Fliegende Untertassen greifen an (USA 1956)
In diesem Low-Budget-Streifen zauberte der Stop-Motion-Künstler Ray Harryhausen die schönsten UFOs der Fünfzigerjahre auf die Kinoleinwand – sieht man einmal von dem UFO in Fred M. Wilcoxʼ Alarm im Weltall ab. Trotz der geringen finanziellen Mittel sind die Effekte und die Ausstattung außerordentlich gut gelungen. Die UFO-Hysterie der Fünfziger ist hier außer Rand und Band, die UFOs zerschießen US-Truppen und symbolträchtige Bauten in Washington, dass der Genrefreund mit der Zunge schnalzt. Ein tolles, nostalgisches Spektakel. (27. März 2016)
(34) Ingo Strecker: Haben Sie jemals von KONG gehört?
Der Oscar für die besten Spezialeffekte ging 1950 an Willis O'Brien, Hollywoods Altmeister der Stop-Motion-Animation, für den Film Panik um King Kong (Mighty Joe Young, 1949). Verdient hätte er ihn bereits 1933 für das Original, King Kong – nur dass es damals die Kategorie „beste Spezialeffekte“ noch nicht gab. King Kong zählt gewiss zu den einflussreichsten Filmspektakeln der Kinogeschichte, und es war Willis O'Brien mit seinen Tricks und romantischen Urzeitvisionen, der es wahrhaftig zum Leben erweckte. Ingo Strecker ist zu danken, das erste deutsche Buch über O'Brien geschrieben zu haben. Und ein lesenswertes dazu. (23. März 2016)
(33) Teenagers from Outer Space (USA 1959)
Viel Hohn und Spott hat dieser rund um L. A. gedrehte No-Budget-Streifen schon über sich ergehen lassen müssen. Dabei ist der Film längst nicht so schlecht, wie er hingestellt wird und recht unterhaltsam. Man merkt ihm an, dass er praktisch aus Nichts mit viel Herzblut gemacht wurde. Autor, Produzent und Regisseur war Tom Graeff, seinerzeit liiert mit seinem Hauptdarsteller David Love, den er vergeblich zum Star aufzubauen hoffte. Der Misserfolg von Teenagers veränderte Graeffs Leben nachhaltig, zerstörte er doch seinen Glauben an eine Hollywoodkarriere. Elf Jahre später nahm sich Graeff in der Nähe von San Diego das Leben. (17. März 2016)
(32) Alan Frank: The Science Fiction and Fantasy Film Handbook (1982)
Ein ellenlanger Titel für ein Nachschlagewerk, dessen einzelne Einträge dafür umso knapper gehalten sind. Das Buch erschien eben noch zu einer Zeit, als Drucken deutlich teurer war als heute und sparsam mit dem Platz auf den Druckseiten umgegangen wurde. Der renommierte englische Filmkritiker Alan Frank versammelt hier massenhaft Daten über die Produktionsstäbe der Filme, gibt aber auch zu jedem Film sein Statement ab – natürlich knapp. Seine Urteile waren oft umstritten, oft auch zu Recht. Ein tolles Buch ist das Handbook trotzdem. (14. März 2016)
(31) Flight to Mars (USA 1951)
George Pals Endstation Mond und Kurt Neumanns Rakete Mond startet begründeten 1950 den modernen Raumfahrtfilm der Nachkriegszeit. Ein Jahr später zog das Billig-Filmstudio Monogram mit diesem Rakete Mond startet-Rip-Off nach. Der Film entstand unter der Ägide von Walter Mirisch, dem seine glänzende Produzentenkarriere in Hollywood noch bevorstand. Leider löst Flight to Mars nicht das große marsianische Abenteuer ein, das er verspricht. Aber eine pfeilspitze Fifties-Rakete, knapp bekleidete Marsianerinnen und Genrestars wie Arthur Franz und Morris Ankrum hat er dennoch zu bieten. Ein herrlich nostalgisches Bonbon. (11. März 2016)
(30) Cargo (Schweiz 2009)
Auch die Eidgenossen können sehr cool aussehende Science-Fiction-Filme drehen. Ivan Engler und Ralf Etter beweisen es hier in ihrer mit viel Herzblut hergestellten Produktion, die sechs Jahre Vorbereitungszeit gebraucht, aber nur läppische drei Millionen Euro gekostet hat. Dramaturgisch gibt sich der Film betont europäisch, indem er sehr schleppend, kühl und wortkarg eine Handlung erzählt, die mit Nach-druck philosophische Tiefgründigkeit heischt. Intelligent und sehenswert ist der Film allemal – auch wenn er sich bei Andrej Tarkowskis Solaris, Ridley Scotts Alien oder Rainer Werner Fassbinders Welt am Draht bedient. (2. März 2016)
(29) John Scalzi: Die letzte Kolonie (2007)
Scalzis dritter Band seiner Old Man’s War-Saga will endlich alle offenen Fragen über die sinistre Politik der Kolonialen Union auflösen, die die Menschheit an den Rand der völligen Vernichtung durch die anderen interstellaren Spezies gebracht hat. Seine Helden John Perry und Jane Sagan erfahren von alledem erst nach und nach. Vorher schlagen sie sich als Siedler mit Landnahme, einfachem Ackerbau, Streitigkeiten um Ziegen und sonstige Western Frontier-Klischees herum. Die Zukunft bleibt eben auch hier sehr amerikanisch. Nur leider lange nicht mehr so flott und spannend wie in den beiden Vorgängerromanen. (29. Februar 2016)
(28) John Scalzi: Geisterbrigaden (2006)
John Scalzis „Krieg des alten Mannes“ geht weiter. Auch wenn der „alte Mann“ – John Perry aus Krieg der Klone – hier gar nicht erscheint. Dafür stehen seine Freundin Jane Sagan, Offizierin, und ein gentechnisch gezüchteter Supersoldat namens Jared Dirac im Mittelpunkt der Ereignisse. Und diese sind erfreulich originell, sodass Geisterbrigaden keineswegs wie ein Aufguss von Krieg der Klone wirkt. Endlich erfährt man hier auch vage Hintergründe des im All tobenden Krieges. Man ist gespannt, wie Heinlein-Verehrer Scalzi das Ganze noch auflösen wird. (25. Feb. 2016)
(27) John Scalzi: Krieg der Klone (2005)
Der Debutroman des Bestsellerautors John Scalzi (geb. 1969) ist sehr amerikanisch – aber auch sehr gut. Für pazifistische Naturen bietet das blutige Actionabenteuer eines erbarmungslosen interstellaren Krieges guilty pleasure. Der Krieg wird hier nirgendwo kritisch hinterfragt, und damit wirkt der Roman beinahe wie ein modernes Remake von Robert A. Heinleins Starship Troopers (1959). Dass er trotzdem zu gefallen weiß, will schon eine Menge heißen. Am besten, man denkt bei der Lektüre nicht allzu viel nach. Eskapismus eben. (24. Februar 2016)
(26) The Man from Planet X (USA 1951)
Der mit einem extrem geringen Budget in den übriggebliebenen Kulissen von Viktor Flemings Epos Johanna von Orleans (1948) gedrehte Science-Fiction-Klassiker ist wahrscheinlich der erste Featurefilm, der von einer Alieninvasion handelt. Edgar G. Ulmer inszenierte den cheapie mit viel Atmosphäre, auch wenn er oft auf Backdrops und viel, sehr viel wabernden Nebel zurückgreifen musste. Immerhin: Die Kamera führte John L. Russell, der später Hitchcocks Psycho (1960) filmen sollte. Und das Alien ist anders als seine Nachfolger eine tragische, unverstandene Figur. Das macht den Film auch heute noch außergewöhnlich interessant. (22. Feb. 2016)
(25) Flucht ins 23. Jahrhundert (USA 1976)
Michael Andersons schillernd ausgestattetes Szenario einer von einem Computer regierten, erbarmungslosen Spaßgesellschaft der Zukunft war seinerzeit der zweitteuerste Science-Fiction-Film aller Zeiten. Schon damals musste er allerdings viel Kritik an den Tricks und dem Drehbuch einstecken. Auch heute noch gilt es als schick, den Film böse zu verreißen. Andererseits gibt es viele nostalgische Fans, die das bunte Sci-Fi-Abenteuer, das so herrlich die Siebzigerjahre atmet, in ihr Herz geschlossen haben. Es muss wohl etwas dran sein: Neuerdings nehmen die Pläne für ein Remake unter der Ägide von Simon Kinberg Gestalt an. (21. Februar 2016)
(24) John Brosnan: The Primal Screen (1991)
Der erfahrene Science-Fiction-Kritiker John Brosnan erzählt überaus unterhaltsam die Geschichte des Science-Fiction-Kinos, wobei er sich an den verschiedenen Themenkreisen orientiert. Mit oft schalkhaftem Humor und scharfer Kritik verschont er keine der ungezählten Absurditäten des Genres, das er gleichwohl immer geliebt hat. Science-Fiction-Fans sind nerds, stellt er unumwunden fest – lange bevor Nerds salonfähig geworden sind. Warum er aber wie schon in Future Tense keine geflügelten Raumschiffe mag, will sich nicht recht erschließen. (18. Februar 2016)
(23) I Married a Monster from Outer Space (USA 1958)
Nach Genuss dieses prachtvollen Exploitationstreifens lecken sich nach wie vor die GenderforscherInnen die Finger, so offen liegen hier die doppeldeutigen Bezüge zu den Zwängen des Fünfzigerjahre-Ideals von der bürgerlichen Middleclass-Ehe zutage. Gloria Talbott stellt schon in ihrer Hochzeitsnacht fest, dass sie wahrscheinlich ein kaltherziges Monster geheiratet hat. War damals wohl nicht selten und kommt auch heute noch vor. Nur dass dieses Monster eine eigenartige Kapriole der Evolution darstellt – und aus dem Andromedanebel gekommen ist. (17. Feb. 2016)
(22) The Green Hornet (USA 2011)
Viele schmähen diesen Streifen als hohles, zielloses Spektakel, mit einem Arschloch als Helden und einer überflüssigen Cameron Diaz als verspätetes Superbabe. Gewiss bietet der Film nicht den ach so gewichtigen Tiefgang, der seit Nolans Batman-Filmen wohl vom Superhelden-Kino erwartet wird. Sieht man den Film hingegen als das, was er ist – ein überdrehter, mit Slapstick und entschärftem Anarcho-Humor gepimpter, greller Comicstrip –, dann macht dieser Film einfach saumäßig viel Spaß! (14. Februar 2016)
(21) Alastair Reynolds: Himmelsturz (2005)
Gigantische Raumschiffe, die Kometen für die Gewinnung ihrer Rohstoffe durchs Sonnensystem schieben, ein Saturnmond, der sich plötzlich in ein außerirdisches Raumschiff verwandelt, eine unerwartete langjährige Reise zum Stern Spica, die Begegnung mit den Ganz Anderen . . . Der walisische Science-Fiction-Autor Alastair Reynolds beweist hier aufs Neue, dass er der König der epischen Space Opera und des sense of wonder ist. Die Story mit einem hysterischen Zickenkrieg zweier „Alphaweibchen“ aufzumotzen, wäre da gar nicht nötig gewesen. (13. Feb. 2016)
(20) John Brosnan: Future Tense (1978)
Der Hype um Star Wars (1977) schwappte gerade über den Erdball und veränderte die Vorstellungen des Kinopublikums und das Kino selbst für immer, als dieses Buch über das Science-Fiction-Kino erschien. Es wurde selbst zum viel gelesenen Klassiker. Und obwohl – oder weil – von einem Science-Fiction-Enthusiasten geschrieben, hadert der Autor mit der Wissenschaftlichkeit von Star Wars. Der Streit hat inzwischen einen Bart bis in die „weit, weit entfernte Galaxis“. Hier wirkt er noch frisch. (10. Februar 2016)
(19) Bert Koeppen: Rakete Mond startet (1958)
Das Buch zum Film – war in den Fünfzigern noch ein Groschenheft. Zumindest wenn es sich um einen SF-Film handelte. Der Heftroman erschien in der Reihe Utopia Großband und ist ein Kuriosum: Von einem deutschen Pulp-Autor geschrieben, über den heute niemand mehr etwas zu wissen scheint und der oft – fälschlich – für ein Pseudonym von Walter Spiegl gehalten wurde. Der Roman ist schlicht, aber immerhin: In Amerika selbst hat es nie eine Romanfassung von Kurt Neumanns hübschen SF-Film Rocketship X-M (1950) gegeben. (8. Februar 2016)
(18) Rakete Mond startet (USA 1950)
Kurt Neumanns Film Rocketship X-M galt lange Zeit als billiges Rip-Off von George Pals Raumfahrtstreifen Destination Moon, den er im Mai 1950 im Rennen um den früheren Kinostart um wenige Wochen schlug. Beide Filme schmückt der Ruhm, das „moderne“ Science-Fiction-Kino der Nachkriegszeit eingeläutet zu haben. Rocketship X-M ist von beiden Filmen der spannendere, abenteuerlichere – und grimmigere. Das Drehbuch schrieb kein Geringerer als Dalton Trumbo, einer der damals verfemten Hollywood Ten. Und eine marsianische, geschminkte scream queen hat der Streifen auch. (8. Februar 2016)
(17) Phantom from Space (USA 1953)
Eine unsäglich schlechter, billig heruntergekurbelter Sci-Fi-Trasher der Fünfzigerjahre, der vom im Filmgewerbe wenig erfolgreichen W. Lee Wilder, dem älteren Bruder des berühmten Billy Wilder, produziert und inszeniert wurde. Es geht um einen Außerirdischen, der fast den ganzen Film hindurch unsichtbar ist. Warum? Das bleibt offen. Immerhin sind die Tricks für die Unsichtbarkeit überraschend solide. Weshalb das Alien jedoch auf dem lustlos gestalteten Kinoplakat im Helmvisier trotzdem zu sehen ist, weiß wohl nur der Grafiker. (8. Februar 2016)
Roger Ebert lag nicht falsch, als er urteilte: „Red Planet wäre ein großartiger Fünfzigerjahre-Science-Fiction-Film gewesen“. Doch was ist so falsch daran, unlogische und wissenschaftlich schludrige Sci-Fi-Action alter Golden-Age-Schule auch heute noch zu genießen? Zugegeben: Dieser Film türmt eine Menge wissenschaftlicher Schludrigkeiten und Effektheischereien auf, die ärgerlich sind, weil sie gar nicht nötig gewesen wären. Aber die Spezialeffekte und das marsianische Wüstensetting gefallen. Sehr sogar. (6. Februar 2016)
(15) Poul Anderson: Das Avatar (1978)
Der Altmeister der gediegenen Space Opera Poul Anderson (1926–2001) hat mit Das Avatar ein intergalaktisches Abenteuer geschrieben, das mit einer Vielzahl von faszinierenden Welten begeistert, die hier zum Schauplatz werden: Ein Raumschiff mit menschlicher Besatzung ist aufgrund revolutionärer Umtriebe in seinem Heimat-Sonnensystem gezwungen, durch ein Sternentor zu springen, ohne Kontrolle über das Sprungziel zu haben – der Beginn einer fantastischen Odyssee durchs Universum. Andererseits ist das Buch in der Darstellung der zwischenmenschlichen Beziehungen leider auch arg chauvinistisch. (5. Februar 2016)
(14) Mission to Mars (USA 2000)
Viel Kritik hat Brian de Palmas Marsfilm einstecken müssen: inhaltlich eine Melange aus NASA-Propaganda und Erich-von-Däniken-Quatsch, dramaturgisch und darstel-lerisch eher eine flaue Veranstaltung und an der Kinokasse ein schlimmer Flop. Die Kritik ist zum Teil nicht ganz falsch, aber alles in allem halte ich den Film für we-sentlich besser, als die Verrisse glauben machen wollen. Mission to Mars ist ein wunderschön getrickstes und gefilmtes Raumfahrtabenteuer, das noch ein letztes Mal den schönen Traum von gütigen, gottgleichen Aliens träumt. Damit war ein Jahr später, nach dem Terror von 9/11, für lange Zeit Schluss. (4. Februar 2016)
(13) Philip Strick: Science Fiction Movies (1976)
Der britische Filmkritiker und Science-Fiction-Liebhaber Philip Strick (1939–2006) hat mit diesem wunderschönen, großformatigen Buch eine Perle der Filmkritik geschrieben. Eine Vielzahl von Filmen werden hier in einer brillanten Gesamtschau des Genres analysiert und in ihre Zusammenhänge mit anderen Filmen und mit dem Kino insgesamt gestellt. Das Buch glänzt aber auch mit einer Masse von hervorragenden movie stills (zumeist in Schwarzweiß), die oft halbe oder ganze Seiten einnehmen, in ihrer Auswahl ungewöhnlich sind und die den Appetit auf all diese fantastischen Filme anregen. (4. Februar 2016)
(12) Larry Niven: Ringwelt-Thron (1996)
Larry Niven zählt definitiv zu meinen Lieblingsautoren, und sein Meisterwerk Ring-welt begeistert mich auch noch nach über 30 Jahren, seit ich das Buch das erste Mal gelesen habe. Umso schlimmer war die Enttäuschung über Ringwelt-Thron, Nivens dritten Roman, der sich um die Geschicke von Louis Wu, die Puppenspieler und die Ringwelt dreht. Das Buch ist inhaltlich ein heilloses Durcheinander ohne roten Faden, das überdies in unappetitlicher Weise aus der heiteren, abenteuerlichen Tonart der Ringwelt-Romane herausfällt: Es dreht sich hier viel um Vampire und Nekrophagie. Ein ärgerlicher literarischer Totalausfall. (4. Februar 2016)
(11) Ringwelt-Ingenieure (1980)
Zehn Jahre nach seinem begeisternden Meisterwerk Ringwelt (1970) legte Larry Niven (geb. 1938) endlich das lang ersehnte Sequel vor. Ringwelt-Ingenieure erweist sich dem Vorgänger mehr als würdig: Mit Louis Wu, dem „Hintersten“ als Vertreter der Puppenspieler und Chmeee als Vertreter der Kzin als Personal erzählt er ein neues, lebendiges und originelles Abenteuer auf der Ringwelt und erweist sich dabei als überaus spannend. Außerdem klärt der Roman viele Fragen zur Ringwelt, die im ersten Roman noch offen geblieben waren. (4. Februar 2016)
(10) Ringwelt (1970)
Unbestreitbar ein Meilenstein der Space Opera, weiß dieses leichtfüßig und humorvoll geschriebene, im 29. Jahrhundert angesiedelte Weltraumabenteuer auch heute noch bestens zu unterhalten. Der 200-jährige Lebemann Louis Wu, die stets vom Glück geküsste, junge Teela Brown, der ängstliche „Puppenspieler“ Nessus und der leicht reizbare, katzenartige Kzin „Der-mit-den-Tieren-spricht“ erleben eine gefahrvolle Odyssee auf der gigantischen „Ringwelt“, einer künstlichen Welt, die von einer geheimnisvollen Spezies rund um eine Sonne gebaut wurde und von Millionen verschiedener humanoider Völker bewohnt wird. (4. Februar 2016)
(9) Hüter der Erinnerung (USA 2014)
Nach dem durchschlagenden Erfolg von Die Tribute von Panem (2012) und Divergent – Die Bestimmung (2014) sind Teenager-Dystopien im Kino zur Zeit schwer in Mode. Auf dieser Welle will auch Philip Noyces Hüter der Erinnerung mitschwimmen. Gleichwohl ist er mehr als nur ein einfallsloses Rip-Off. Zum einen ist seine literarische Vorlage, an der er sich eng anlehnt, weitaus älter als die Vorlagen seiner Konkurrenten. Zum anderen hat er eine überaus interessante dystopische Welt vorzuweisen – optisch wie inhaltlich. Und der Film ist angenehm ruhig inszeniert. Schade nur, dass das Ende des Films fürchterlicher Murks ist. (02.02.16)
(8) Killers from Space (USA 1954)
Dieser extrem billig produzierte Alieninvasionsfilm hat unglaublich dämlich aussehende Außerirdische vorzuweisen: Männer in Kapuzenanzügen, denen schielende, bemalte Tischtennisbälle – oder waren es doch Eierhalter aus Plastik? – in die Augenhöhlen geklebt wurden. Ein Brüller in jeder Szene, in der sie zu sehen sind! Und dabei, das ist noch das Köstlichste daran, nimmt sich der Film wirklich ernst und will bedrohlichen Thrill erzeugen. Das gelingt allerdings nur in der ersten Filmhälfte in Ansätzen. Heute sind die ping-pong balls from outer space unter Science-Fiction-Kennern längst Kult. (2. Februar 2016)
(7) John Baxter: Science Fiction in the Cinema (1970)
Dieses längst zum Klassiker avancierte Buch des gebürtig aus Australien stammenden Filmkritikers und Autors John Baxter (geb. 1939) ist eine der frühesten monografischen Gesamtdarstellungen des Science-Fiction-Kinos – und zugleich eine der brillantesten. In flüssigem, sehr unterhaltsamen Stil informiert das Buch über eine Fülle von Filmen auf den Punkt und spart auch nicht mit wohlbegründeten Bewertungen durch den Autor. Auch wenn es in manchen Punkten und Ansichten veraltet sein mag, bietet es immer noch hohen Lesegenuss und stellt zahlreiche ähnliche Bücher jüngeren Datums in den Schatten. (1. Februar 2016)
Dieses nach einem Roman von Stanisław Lem entstandene Weltraumabenteuer zählt zu den besten Science-Fiction-Filmen der Sechzigerjahre. Überzeugend getrickst, wundervoll ausgestattet und mit innovativer Regie und Kameraarbeit bestechend, erzählt Jindřich Poláks Film von der langjährigen, zermürbenden Reise des ersten interstellaren Raumschiffs der Erde zum Alpha-Centauri-System. Der Film ist deutlich von der Nouvelle Vague beeinflusst und vermeidet als osteuropäische Produktion auch die Helden-Stereotypen amerikanischer Prägung. Ein Science-Fiction-Hochgenuss. (1. Februar 2016)
(5) Project Moon Base (USA 1953)
Kein Geringerer als Robert A. Heinlein (1907–1988) hat den Großteil des Drehbuchs für diesen extrem billig produzierten Film von Richard Talmadge (1892–1981) ge-schrieben, der das Thema des ersten Flugs zum Mond mit einem unwahrscheinli-chen Spionage- und Sabotageplot aufpeppte. Heinlein wollte später nie mehr etwas von seiner Mitwirkung an dem Film wissen, obwohl der Streifen auf seine bescheidene Art durchaus seinen Unterhaltungswert hat. Der Comicstrip-Stil des Films gefällt, und Donna Martell (geb. 1927) ist eine Augenweide. Der Heinleinsche Sexismus indes ist nur schwer erträglich. (1. Februar 2016)
(4) Raymond F. Jones: Insel zwischen den Sternen (1956)
In gewisser Hinsicht ist der Name des Autors auf dem Cover nicht ganz korrekt. Denn auch wenn der Originalroman This Island Earth (1952) aus der Feder von Jones stammt, so bietet dieser Heftroman eine Nacherzählung des auf Jones’ Werk basierenden Spielfilm This Island Earth (1955), die von Walter Ernsting (1920–2005), einem der späteren Väter der Perry Rhodan-Heftromanreihe, verfasst wurde. Ernstings Version der Story bildet bis heute die einzige Fassung von This Island Earth in deutscher Sprache. Dabei hätte Jones’ Originalroman längst eine Übersetzung verdient. Ein Kuriosum. (31. Januar 2016)
(3) Raymond F. Jones: This Island Earth (1952)
Eine der spektakulärsten und farbenprächtigsten Space Opera der Fünfzigerjahre war der Film Metaluna 4 antwortet nicht (1955) von Joseph Newman. Die Romanvorlage des Films von dem aus Utah stammenden Science-Fiction-Autor Raymond F. Jones (1915–1994) unterscheidet sich vor allem in der zweiten Hälfte stark von dem Film, weshalb nicht wenige Leser, die durch den Film zum Roman gekommen sind, mit Enttäuschung reagiert haben. Dabei hat das pulpige, leicht überdrehte Abenteuer, das Jones hier serviert, durchaus seinen eigenen, besonderen Reiz. Und es erklärt sogar dezidiert, was der Romantitel bedeuten soll. (31. Januar 2016)
(2) Bill Warren: Keep Watching the Skies! (2010)
Der Science-Fiction-Film-verrückte Autor Bill Warren (1943–2016) hat mit diesem über 1000 Seiten starken Folianten die Bibel über amerikanische Science-Fiction-Filme der Fünfzigerjahre geschrieben. Bereits 1982 und 1986 in zwei Bänden erschienen, liegt mit diesem Band eine komplett überarbeitete und aktualisierte Ausgabe vor. Das Buch ist ein wahrer Hochgenuss der Science-Fiction-Filmkritik: überaus detail- und kenntnisreich, aber auch sehr unterhaltsam geschrieben. Statt plumper Verrisse, wie in der deutschen Kritik dieser Filme lange Zeit üblich, gibt es hier wohlfundierte kritische Würdigungen. Ein Meisterwerk. (30. Januar 2016)
(1) Metaluna 4 antwortet nicht (USA 1955)
Nach Alarm im Weltall (1956) ist dieser Film die mit Abstand prächtigste und spektakulärste Space Opera der Fünfzigerjahre. Grell, actionreich und unglaubwürdig wie ein überdrehter Comicstrip oder eine Pulp-Story, wurde der Film zwar schon oft verlacht, doch die ungebrochene Liebe wirklicher Connaisseurs des Science-Fiction-Kinos konnte das nicht trüben. Mit einem fantastisch inszenierten Krieg zweier Welten im fernen interstellaren All erweist sich der Film als der Urvater von George Lucas’ Star Wars (1977), während sein Mutantenmonster zur vielleicht prägnantesten Ikone aller Außerirdischen Hollywoods wurde. (30. Januar 2016)